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FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

Titel: FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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der Civil Rights Division, eine geheime Order an das gesamte FBI übermittelt. Den Agenten wurde aufgetragen, alles zu berichten, was sie über Einbruchdiebstähle wussten, die in den vergangenen zehn Jahren durchgeführt worden waren. Die Antworten waren nahezu immer dieselben: Niemand wusste etwas über Einbruchdiebstähle oder das illegale Eindringen in Wohnungen. Doch die Bürgerrechtabteilung des Justizministeriums fing an, dieses Dickicht aus Lügen und Ausflüchten zu lichten. Der FALN-Ermittler Richard Hahn sagte, bei den FBI-Agenten in New York mache der Satz die Runde: »Es werden Köpfe rollen.«
    Im ganzen Land scheuten Agenten nun geheimdienstliche Missionen. Den Fall übernehme ich nicht, sagten sie; oder: In diese Einheit gehe ich nicht. »Niemand will in der Terrorismusbekämpfung arbeiten«, erinnerte sich Bill Dyson, der die amerikaweiten FBI-Ermittlungen gegen die FALN leitete. »Alle suchen das Weite.« [541]   Hunderte von Agenten dachten, dass »niemand mich unterstützen« werde, sagte Dyson. »Dass das FBI nicht hinter mir steht. Dass das Justizministerium nicht hinter mir steht. Dass die Bevölkerung nicht hinter mir steht.«
    53 Agenten wurden darüber informiert, dass strafrechtliche Ermittlungen gegen sie eingeleitet worden waren. Sie seien der Beteiligung an Straftaten angeklagt, die im Namen der nationalen Sicherheit begangen wurden. Jeder Agent, der Wanzen installiert hatte oder an Einbruchdiebstählen zur Terrorbekämpfung oder Spionageabwehr beteiligt gewesen war, konnte jetzt angeklagt oder inhaftiert werden.

38
    »Ein Zustand ständiger Bedrohung«
    Das FBI stand nun vor einer außerordentlich schwierigen Aufgabe. Es musste gegen sich selbst ermitteln.
    Clarence Kelley hatte der Presse, der Öffentlichkeit und dem Präsidenten gegenüber wiederholt erklärt, das FBI verübe bereits seit zehn Jahren keine Einbruchdiebstähle mehr. Das hatten ihm seine wichtigsten Berater versichert; dasselbe hatten sie vor dem Kongress und vor Gericht unter Eid ausgesagt. Am 8. August 1976, als ihm die Fakten bereits vier Monate vorlagen, musste er zugeben, dass er von Experten hinters Licht geführt worden war – »geschickt, absichtlich und bewusst getäuscht« von Männern an der Spitze der Befehlskette des FBI. [542]  
    Kelley hätte ahnen können, dass dieser Tag kommen würde. Er wusste aus eigener Erfahrung – aus seinen 20 Jahren als FBI-Agent –, dass »nur sehr wenige schlechte Nachrichten zu J. Edgar Hoover durchdrangen«. Wie Kelley sich erinnerte, hatte fast jeder im Bureau »Angst, Hoover die Wahrheit zu sagen«; der Direktor sei so »dominant und seine Macht über seine Leute so einschüchternd« gewesen, dass die Agenten die harten Fakten vor ihm verbargen. [543]   Den Grund dafür, dass man ihn getäuscht hatte, sah er in der »arroganten Überzeugung auf höchster Ebene«, dass » alle Aktivitäten und Strategien des FBI unfehlbar und angemessen seien« – in dem bedingungslosen Glauben an das öffentliche Image des Bureau.
    Drei Tage nach seiner öffentlichen Beichte, dass er von den geschicktesten Schwindlern des FBI hinters Licht geführt worden war, verkündete Kelley, er habe zwei dramatische Schritte zur Reform des Bureau unternommen.
    Erstens schuf er eine neue Stelle für interne Kontrollen; unter dem wachsamen Auge der Staatsanwälte aus dem Justizministerium eröffneten FBI-Agenten dutzende strafrechtliche Ermittlungen gegen Mitarbeiter in den eigenen Reihen.
    Zweitens entriss er der nachrichtendienstlichen Abteilung ihr Herzstück. Abgesehen von Ermittlungen gegen Spione ausländischer Geheimdienste würde das FBI Fälle der nationalen Sicherheit von nun an wie normale Straftaten behandeln. Es würde keine geheimdienstlichen Ermittlungen gegen subversive Amerikaner mehr geben. Das war der härteste Schlag gegen Hoovers Gespenster aus der Vergangenheit.
    »Erniedrigend und entwürdigend«
    Justizminister Edward Levi hatte von seinem ersten Amtstag an Zweifel an der Unfehlbarkeit des FBI.
    Levi war einer der angesehensten Juristen Amerikas. Der kahlköpfige Mann mit Brille und Fliege, Sohn und Enkel von Rabbis, war Präsident der Universität Chicago gewesen, bevor er zurück ins Justizministerium wechselte, wo er während des Zweiten Weltkriegs gearbeitet hatte. Wie sein Vorgänger Harlan Fiske Stone, der Hoover ein halbes Jahrhundert vorher zum FBI-Direktor ernannt hatte, stellte er die Rechtsstaatlichkeit über die Macht der Politiker. Eine Geheimpolizei

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