FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
Verborgenen bleiben. FBI-Agenten mussten die Originalunterlagen ihrer geheimen Ermittlungen vernichten. Aber sogar Hoover unterlief in Sachen nationale Sicherheit gelegentlich ein Schnitzer. Er hatte in seinem Büro einen Ordner mit der Aufschrift »Black Bag Jobs« aufbewahrt, der eine detaillierte Beschreibung der »Nicht-für-die-Ablage«-Regeln enthielt. Irgendwie hatte der Ordner die Vernichtungsaktion von Hoovers persönlichen Akten nach dessen Tod überlebt. Er brachte die Ermittler in New York auf die Spur von 25 Originalakten, die auf unerklärliche Weise noch existierten. Die Ermittlung konzentrierte sich auf eine Reihe von Einbrüchen in New Yorker Wohnungen von Verwandten und Freunden untergetauchter Mitglieder des Weather Underground. Die Einbrüche waren 1972 und 1973 von Männern der FBI-Einheit Squad 47 unter Leitung von John Kearney verübt worden.
Als Kearney, soeben nach 25 Jahren beim FBI in den Ruhestand versetzt, die Tageszeitung aufschlug, las er über die »Gründung einer Sonderabteilung im Justizministerium für Ermittlungen gegen die Squad 47«, wie er sich erinnerte. »Dort interessierte man sich dafür, welche unüblichen Ermittlungsmethoden eingesetzt worden waren, um die Flüchtigen zu finden. Mir war zu Ohren gekommen, dass einige Agenten vor einem Großen Geschworenengericht ausgesagt hatten, und dann bekam ich einen anonymen Anruf. Der Anrufer sagte: ›Ich musste dich hinhängen, John.‹«
Kearney drohte eine Anklage wegen Verschwörung. Er war der erste hochrangige FBI-Agent, der wegen einer Straftat gegen die Vereinigten Staaten vor Gericht gestellt werden sollte.
In der FBI-Zentrale beauftragte Clarence Kelley einige vertrauenswürdige Agenten mit einer Gegenuntersuchung, um herauszufinden, in welche Richtung das Justizministerium ermittelte. Sie fanden rasch heraus, dass Kearney das Hauptziel einer strafrechtlichen Klage war. Aber er war nicht der Einzige. Am 26. August, eine Woche nach den Razzien, wurden Mark Felt und Ed Miller, der ehemalige Leiter der nachrichtendienstlichen Abteilung, zu einer nichtöffentlichen Aussage vor ein Großes Geschworenengericht geladen. Die beiden Männer entschieden sich für eine gewagte juristische Strategie. Sie gaben unter Eid zu Protokoll, sie hätten die von der Squad 47 begangenen Einbruchdiebstähle genehmigt. Pat Gray, der geschäftsführende FBI-Direktor, habe das Ganze abgesegnet.
Diese Aussage bewog die Ankläger dazu, den Fall noch einmal intern zu diskutieren. Ihre Debatte ging bis in die höchsten Ebenen des Justizministeriums. Wenn sie Felt und Miller anklagten, hing Gray auch mit drin. Sie würden Hoovers Nachfolger wegen einer Straftat vor Gericht stellen müssen.
Ein solches Verfahren würde die langjährigen FBI-Methoden auf dem Gebiet der nachrichtendienstlichen Ermittlungen kriminalisieren. Faktisch würde es das FBI als Institution unter Anklage stellen.
Felt und Miller glaubten, sie könnten im Fall eines Gerichtsverfahrens die Geschworenen davon überzeugen, dass das FBI befugt war, im Dienste der nationalen Sicherheit das Recht zu beugen – eine Befugnis, die ihnen unmittelbar durch den Präsidenten der Vereinigten Staaten übertragen worden sei. Sie wollten geltend machen, dass der Amtseid des Präsidenten, die Verfassung zu schützen und zu verteidigen, ihm das Recht gewähre, die Tür eines amerikanischen Staatsbürgers aufzubrechen und in seine Wohnung einzudringen. Ein Präsident, so ihre Argumentation, dürfe die Rechte des Einzelnen zum Schutz der Interessen des Landes verletzen.
Eine Hürde stand ihnen noch im Weg: Sie mussten es beweisen. Nach dem Gesetz würden sie darlegen müssen, dass sie die Einbrüche begangen hatten, um die Vereinigten Staaten gegen Agenten eines ausländischen Staates zu verteidigen. Felt und Miller teilten die Vermutung, dass die untergetauchten Mitglieder des Weather Underground von Kuba und Vietnam direkt unterstützt wurden. Um diese Behauptung zu stützen, verfasste das FBI in Chicago eine eidesstattliche Erklärung, über hundert eng bedruckte Seiten lang. Belege dafür fehlten. Die Präsidenten Johnson und Nixon hatten vom FBI wiederholt den Nachweis dafür eingefordert, dass die Weathermen ausländische Geheimagenten waren und von Feinden der Vereinigten Staaten finanziert wurden. Aber das FBI konnte keine schlagkräftigen Beweise vorlegen.
Am Sonntagmorgen posaunte Felt in der Talkshow Face the Nation in die Welt hinaus, was er vor dem Großen Geschworenengericht
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