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FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

Titel: FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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verfolgt wurde, hatte auch mit der Wahl Jimmy Carters im November 1976 zu tun, des ersten politischen Führers, der die Menschenrechte ins Zentrum seiner Präsidentschaft rückte. Carter verfolgte gegenüber den Feinden der Vereinigten Staaten von Amerika einen ungewöhnlichen Ansatz. »Frieden bedeutet nicht einfach nur die Abwesenheit von Krieg«, sagte er nach seiner Nominierung. »Frieden bedeutet das aktive Bemühen, den internationalen Terrorismus auszurotten.«
    Doch der neue Präsident hatte seine liebe Mühe, die Instrumente des amerikanischen Geheimdiensts und der Strafverfolgung unter Kontrolle zu bekommen. Die Kongressuntersuchungen gegen die CIA und das FBI – und die strafrechtlichen Ermittlungen innerhalb des Bureau – hatten bei beiden Behörden für Unruhe und Verbitterung gesorgt. Keine von beiden war zu einer Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Terrorabwehr bereit. Die Regierungen Nixon und Ford hatten sich um eine koordinierte Antwort auf die Gefahr terroristischer Akte aus dem Ausland bemüht. Auch Carter versuchte sich darin. Terrorismus im Ausland war ein kriegerischer Akt, der mit Soldaten und Diplomatie beantwortet wurde; Terrorismus im Inland war ein Verbrechen, das in die Zuständigkeit des FBI fiel. Die Vereinigten Staaten waren noch Jahre von einer Strategie entfernt, um die Strafverfolgung und das Geheimdienstpotential so zu kombinieren, dass Terroristen daran gehindert wurden, Unheil zu stiften.
    Nach Carters Amtsantritt im Januar 1977 wusste man im FBI-Hauptquartier nicht so genau, woran man war. Das sollte über ein Jahr so bleiben. Der Präsident hatte klargestellt, dass er sich einen neuen FBI-Direktor wünschte, konnte sich aber offenbar für keinen entscheiden. Clarence Kelley geriet – wie zuvor Pat Gray – ins Abseits.
    »Was mich beim FBI mit am meisten beunruhigt«, hatte Kelley bei seiner Ernennungsanhörung ausgesagt, »ist das Gefühl eines permanenten Führungsvakuums und die dort verbreitete Ansicht, man habe seine rechtmäßig erworbene Vorrangstellung eingebüßt.« [550]  
    Wie er weiter ausführte, habe er gehofft, er könne »dem FBI sein Selbstvertrauen zurückgeben«. Aber damit war er gescheitert, und das wusste er. »Das überlebensgroße Bild des FBI und die Macht und der Ruhm, die damit einhergingen, sind beträchtlich geschrumpft«, resümierte er gegen Ende seiner Amtszeit. »Das FBI ist vom Olymp herabgestiegen. Und wie sich herausstellt, sind wir Normalsterbliche […] Aber das Bild von J. Edgar Hoovers FBI war so groß und makellos, dass das Fehlverhalten – ob tatsächlich, eingebildet oder völlig übertrieben – jetzt extrem viel Aufmerksamkeit auf sich zieht.« [551]  
    Damit müsse es jetzt vorbei sein, hatte er gefordert. Das amerikanische Volk könne »ein gelähmtes und angeschlagenes FBI« nicht länger hinnehmen. [552]  
    »Was fehlte, war gute Geheimdienstarbeit«
    Präsident Carter hatte sich ein ganzes Jahr lang nach einem neuen Leiter für das FBI umgesehen. Sein Justizminister Griffin Bell, ein alter Freund von ihm, der Richter am Bundesberufungsgericht in Georgia gewesen war, zog mehr als 50 Kandidaten in Betracht. Schließlich entschied er sich für einen Kollegen, Richter William H. Webster, einen gemäßigten Republikaner, der unter Richard Nixon Bundesrichter geworden war. Richter Webster gehörte der Christian-Science-Kirche an und war der Inbegriff von Frömmigkeit, Anstand und Ehrlichkeit. Präsident Carter schätzte diese Eigenschaften, die auch sein eigenes Image prägten.
    Webster war aber auch arrogant und rüde. »Er hatte diese stahlblauen Augen«, sagte Homer Boynton, der ehemalige FBI-Agent, der zwei Jahre lang Websters Verwaltungschef gewesen war. »Seine Stimme wurde ganz leise. Tja, die meisten Männer, für die ich arbeitete, fingen zu brüllen an, wenn sie sauer waren. Er streckte das Kinn vor und durchbohrte einen mit seinen stahlblauen Augen, und dann fühlte man sich so klein mit Hut. Er konnte brutal sein.« [553]  
    Vom ersten Tag an stellte Webster klar, dass er mit »Richter« angesprochen werden wollte. Seine Ernennung begründete die Tradition, dass Präsidenten einen Richter an die Spitze des FBI setzten. So sollte es bis zum Ende des 20. Jahrhunderts praktiziert werden.
    Bei seiner Vereidigung zum dritten Direktor des FBI am 23. Februar 1978 sagte Webster, das Bureau werde »die Aufgaben erledigen, die das amerikanische Volk von ihm erwarte, und zwar so, wie es die Verfassung

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