Fear
versucht, die Nummer anzurufen, aber niemanden erreicht. Und dann ruft sie plötzlich aus heiterem Himmel bei mir an.«
Er kam Joes Frage zuvor und fuhr mit nachdenklich gerunzelter Stirn fort: »Es könnte durchaus Ende August gewesen sein. Das Gespräch war sehr kurz; sie sagte so etwas wie: ›Ich habe dein Geld ausgegeben, und es geschieht dir nur recht.‹ Ich habe ihr gesagt, was ich von ihr halte, und zwar mit ziemlich deutlichen Worten. Und darauf hat sie noch eine Stichelei nachgeschoben.«
Pearse blickte auf den Kaffee hinunter, den er bislang nicht angerührt hatte. Er nahm einen kleinen Schluck. Über seine Schulter sah Joe, wie eine bekannte Gestalt sich dem Café näherte.
»Was hat sie denn gesagt?«, fragte er rasch.
»Ich sei mehr oder weniger nur ein Sprungbrett für sie gewesen, und sie hätte sich jetzt jemanden geangelt, bei dem viel mehr zu holen sei.«
»Hat sie sonst noch etwas über diesen Mann gesagt? Einen Namen? Wo er wohnt?«
Die Tür des Cafés wurde so heftig aufgerissen, dass Pearse davon abgelenkt wurde. Er drehte sich halb um, während er Joe antwortete: »Nicht dass ich wüsste.« Dann verkrampfte er sich plötzlich, als er erkannte, dass es seine Frau war, die auf den Tisch zusteuerte. »Hallo, Schatz. Was führt dich denn …?«
»Tu bloß nicht so unschuldig. Ich habe gerade mit Denny Sorrill gesprochen. Es gibt keine Kamila, die an dem Lambert-Vertrag arbeitet. Und auch keinen Joe Carter.«
Sie wandte sich an Joe und deutete dabei auf ihren Mann. »Er hat schon wieder in der Gegend rumgevögelt, stimmt’s? Wer sind Sie? Der Ehemann? Ein Anwalt? Ein Privatdetektiv?«
»Schatz, es ist nicht so, wie du denkst. Lass es mich erklären …«
Pearse machte Anstalten aufzustehen, doch seine Frau fuhr herum und versetzte ihm ein schallende Ohrfeige, die ihn aus dem Gleichgewicht brachte. Er taumelte gegen den Stuhl, der unter seinem Gewicht nach hinten umkippte. Als Pearse hilflos am Boden lag, schien seine Frau einen Moment lang versucht, ihm einen Tritt in die Eier zu geben. Stattdessen begnügte sie sich mit einem verächtlichen Blick, als wäre er die Mühe nicht wert. Dann machte sie kehrt und marschierte zur Tür hinaus, ohne auf die teils geschockten, teils amüsierten anderen Gäste zu achten.
Pearse schien wie vom Donner gerührt. Er blieb reglos liegen, als Joe aufstand und den Kopf schüttelte.
»Ich muss sagen, das ist weit weniger, als Sie verdient hätten.«
Leon fand, dass sein Gespräch mit Diana gut gelaufen war. Als er es später mit Fenton durchging, waren sie sich einig, dass er genau den richtigen Ton getroffen hatte.
»Nach dem, was passiert ist, ist es nur normal, dass wir Joe nicht über den Weg trauen«, sagte Fenton. »Deswegen müssen wir weiter auf der Hut sein, auch wenn wir ganz genau wissen, wer er ist.«
Es war Leons Idee gewesen, es mit umgekehrter Psychologie zu versuchen. Man musste nur Joe eine Warnung zukommen lassen, dass er das Herumschnüffeln bleiben lassen sollte, und es würde garantiert den gegenteiligen Effekt haben. Leon hatte es darauf angelegt, Diana gerade so weit einzuschüchtern, dass Joe sich verpflichtet fühlen würde zu bleiben und sie zu beschützen.
»Glenn fühlte sich sicher ziemlich kompromittiert, oder?«, meinte Fenton.
»Ach was, er hatte kein Problem damit.« Leon erzählte ihm von Joes Techtelmechtel mit Ellie Kipling. Fenton kicherte und rieb sich die Patschhände.
»Wunderbar! Noch ein Grund für ihn zu bleiben.«
»Obwohl ich mich wirklich frage, was die alle an ihr finden. Haare auf den Zähnen hat sie, sonst nichts. Ich rede ständig an Rawle ran, dass er diese Scheißbücherei schließen soll.«
Fenton wirkte plötzlich besorgt. »Aber wenn wir Joe an Morton verkaufen und er verschwindet, bekommen wir es jetzt neben Diana auch noch mit Ellie zu tun.«
»Ich weiß. Na ja, darüber können wir uns den Kopf zerbrechen, wenn es so weit ist, hm?«
Aber das würde vielleicht schon bald sein. Ihr Kontaktmann in London war zuversichtlich, dass er bis morgen früh eine Telefonnummer haben würde, unter der Danny Morton erreichbar war.
Das ließ sich doch alles gut an, dachte Leon. Immer vorausgesetzt, dass Joe heute nicht die Fliege gemacht hatte.
58
Die Fahrt zurück nach Trelennan dauerte länger. Viel mehr Verkehr auf den Straßen und eine geringere Durchschnittsgeschwindigkeit, aber zum Glück nicht allzu viele Unterbrechungen. Nichts, was Joe bei seinen Überlegungen gestört hätte.
Pearse’
Weitere Kostenlose Bücher