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Fear

Fear

Titel: Fear Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Bale
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und Feldern, fiel ihm der Kontrast zu der wilden, zerklüfteten Nordküste Cornwalls auf. Die Landschaft im Süden wirkte sanfter, stärker gebändigt, aber auf ihre eigene Weise genauso schön.
    Looe bestand aus zwei Ortsteilen, die zu beiden Seiten einer Flussmündung lagen. Trotz des trüben Wetters raubte ihm der erste Anblick des breiten Gezeitenästuars den Atem. Die Stadt, die geschützt in ihrem Tal lag, wirkte wie ein natürlicher Zufluchtsort vor der Welt; im Gegensatz dazu kauerte Trelennan an seinem bewaldeten Hang wie ein Wesen, das ahnungslosen Reisenden auflauerte.
    Er folgte der Wegbeschreibung, die sie ihm gegeben hatte, parkte nahe dem Bahnhof von East Looe und ging von dort zu Fuß zur nahen Strandpromenade durch ein Labyrinth von engen Straßen voller Geschenkeläden und Restaurants.
    Es war halb zwei, als Joe ein großes, gesichtsloses Café in Strandnähe betrat. Er hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen, doch als er Alise erblickte, verging ihm jeglicher Appetit.
    Er musste stehen bleiben und genau hinsehen, ehe er sich sicher war, dass sie es wirklich war. Sie saß in einer Nische, dicht an die Wand gedrückt, ihre Handtasche und eine Speisekarte strategisch an der Tischkante platziert, wie um sich vor den Blicken der anderen Gäste abzuschirmen. Sie trug einen grauen Rollkragenpulli und eine weiße gestrickte Baskenmütze, dazu eine Sonnenbrille, die so überdimensioniert war, dass es geradezu komisch wirkte. Retrolook, vermutete er.
    Als Joe auf sie zuging, drehte sie den Kopf, lächelte schwach und nahm die Sonnenbrille ab. Was darunter zum Vorschein kam, war alles andere als komisch.
    Ihr Gesicht war mit Blutergüssen und Abschürfungen übersät. Eine große Schwellung um ihr linkes Auge herum beulte ihre Schläfe seitlich aus, und die schwarzlila verfärbte Haut war so straff gespannt, dass es schien, als müsse sie jeden Moment aufplatzen. An ihren Lippen war Schorf, und am Kinn hatte sie eine Platzwunde, die mit einem halben Dutzend Stichen genäht worden war – er konnte die geröteten, punktförmigen Wunden sehen, wo erst vor Kurzem die Fäden gezogen worden waren.
    Alise stand auf. Sie wirkte so schwach und wacklig auf den Beinen wie eine alte Frau. Ihre Hände waren zerkratzt und wund. Sie umarmte Joe, drückte ihn fest an sich und dankte ihm. Joe wehrte ihre Beteuerungen als unnötig, ja beinahe unangemessen ab.
    Er wollte es nicht laut sagen, doch was er dachte, war vollkommen klar und von absoluter Entschlossenheit geprägt.
    Du kannst mir danken, wenn ich mit den Typen fertig bin, die dir das angetan haben.
    65
    In der Hotellobby hielt Leon sich im Hintergrund und überließ es bereitwillig den anderen, zur Rezeption vorzugehen. Er kam sich ohnehin schon ausgegrenzt vor, da musste er sich nicht auch noch die abschätzigen Blicke des Personals gefallen lassen.
    Fenton, der sich nach dem Weg erkundigt hatte, kam zurück und führte sie tief ins Innere des Hotels. Überall Marmorböden und Kronleuchter und Statuen; ein Innenhof mit einem riesigen Springbrunnen. Leon versuchte, nicht allzu genau hinzuschauen; er wusste, dass er eigentlich beeindruckt sein sollte, und er wollte nicht, dass irgendetwas hier drin ihn beeindruckte.
    Er merkte, dass seine Finger sich beim Gehen in den Stoff seiner Hosenbeine krallten, als ob er sich im wahrsten Sinne des Wortes in den Griff bekommen wollte. Eine Stimme in seinem Kopf brabbelte irgendwelchen Unsinn wie ein Verrückter in der Zimmerecke.
    Was war nur los mit ihm, Herrgott noch mal?
    Morton hatte einen der Konferenzsäle des Hotels gemietet. In ähnlichen Räumen sahen sie Reihen bedauernswerter Anzugtypen hocken, die gebannt auf Whiteboards mit irgendwelchen Tabellen starrten. Fenton und Glenn rissen Witzchen über »eine tödliche Dosis PowerPoint«, aber Leon fauchte sie an, sie sollten gefälligst die Klappe halten. Das waren alles Störgeräusche, die ihn nur der nächsten Migräneattacke ein Stück näher brachten.
    Im Vorraum der Branson-Suite hielten zwei Männer in Anzügen Wache. Nicht die üblichen Gorillas: Sie waren kleiner als Glenn – von Bruce ganz zu schweigen –, doch sie strahlten eine ruhige Entschlossenheit aus, die ziemlich bedrohlich wirkte. Leon konnte sehen, dass ihre Sakkos sich an der Stelle, wo man ein Schulterholster vermuten würde, leicht ausbeulten.
    Er merkte, wie sein Mund trocken wurde, und er drehte sich zu den anderen um, weil er wissen wollte, was sie von alldem hielten. Doch niemand wollte

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