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Fear

Fear

Titel: Fear Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Bale
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es gab noch andere, wichtigere Erwägungen. Das nächste Stadium seiner Strategie bestand darin, seinen Magen sehr schnell und unauffällig zu entleeren. Wenn sie ihn würgen hörten, würden sie ihm nur noch mehr Wodka einflößen, um das, was er ausgespuckt hatte, zu ersetzen.
    Nachdem er uriniert hatte, schob er sich zwei Finger in den Hals und drückte gleichzeitig den Hebel der Toilettenspülung. Während das Wasser rauschte und gurgelte, ging er in die Hocke und übergab sich nahezu geräuschlos. Das war die Methode, mit der es ihm damals gelungen war, die Mortons und ihre Komplizen unter den Tisch zu trinken.
    Anschließend drehte er sich um und hielt sich am Waschbecken fest, während schwarze Punkte vor seinen Augen tanzten. Er spürte, wie sein Magen sich erneut zusammenkrampfte, kämpfte aber gegen den Drang an. Das Gluckern des sich auffüllenden Spülkastens war nicht laut genug, um eine zweite Brechattacke zu übertönen. Also drehte er das kalte Wasser auf, fing es in den hohlen Händen auf und schluckte so viel, wie er nur konnte.
    Die Tür wurde geöffnet, und eine wütende Stimme rief: »Beeil dich, Mann!«
    »Ja doch.« Joe stieß beim Hinausgehen gegen den Türrahmen, während er noch an seinem Reißverschluss herumfummelte. Seine Hände hinterließen feuchte Flecken auf seiner Jeans, und die Männer um ihn herum wichen instinktiv zurück. Sie manövrierten ihn zurück auf den Flur und die Treppe hinunter. Ein- oder zweimal stolperte Joe und musste von Todd und Bruce aufgefangen werden. Er presste die Lippen fest zusammen, um sich nicht durch seinen Mundgeruch zu verraten.
    Niemand sonst war zu sehen, als sie die Halle erreichten, und die Bürotür war geschlossen. Joe fragte sich, ob alle anderen Mitarbeiter aus dem Gebäude verbannt worden waren.
    Bevor sie aufbrachen, zogen seine Bewacher dicke Plastikkittel, Überhosen und Stiefel an. Schwere Outdoorkleidung, die sie vor den Elementen schützen sollte. Joe trug nur Jeans und die dünne Polyesterjacke, die er in Bristol gekauft hatte – vor einer Woche oder vor einem halben Leben.
    Sie trabten mit Joe in der Mitte zum Range Rover. Die drei anderen hielten die Köpfe gesenkt, während Joe das Gesicht zum Himmel reckte. Der Regen prasselte so heftig herab, dass er kaum die Augen offen halten konnte.
    »Durstig?« Reece lachte höhnisch. »Bald kriegst du so viel Wasser, wie du nur saufen kannst.«
    Joe musste hinten einsteigen und wurde gezwungen, sich in den Fußraum hinter dem Beifahrersitz zu quetschen. Reece nahm neben ihm Platz. Er hatte einen mit Leder bezogenen Totschläger in der Hand. »Nur ein Mucks, und es setzt was, verstanden?«
    »Ts-ts«, machte Bruce auf dem Fahrersitz. »Wir sollen ihn doch nicht verletzen.«
    »Was macht es schon aus, ob er ein Loch im Kopf hat? Die Felsen und die Brandung werden ihn sowieso übel zurichten.«
    Sie fuhren los, und die Scheibenwischer kämpften gegen die Wassermassen an, die vom Himmel fielen. Bruce beschwerte sich über die Straßenverhältnisse und Todd über die unangenehme Aufgabe, die ihnen bevorstand, während Reece nur stumm dasaß und Joe mit seinen hasserfüllten Blicken durchbohrte.
    Es war sehr eng im Fußraum, sodass Joe nicht allzu heftig hin und her geworfen wurde, doch von den Fahrtbewegungen wurde seine Übelkeit auch nicht gerade weniger. Es war schlimmer, wenn er die Augen geschlossen hatte, also hielt er sie offen, starrte Reece’ Stiefel an und dachte unentwegt: Ich bin nüchtern, ich bin nüchtern, ich bin nüchtern.
    Dabei testete er, so gut es eben ging, seine Muskeln, spannte immer einen oder zwei gleichzeitig an mit kleinen, unauffälligen Bewegungen. Er spielte den wahrscheinlichen Ablauf des Angriffs durch wie ein Choreograf, der verschiedene Variationen einer Tanznummer vorbereitet. Wenn sich eine Chance bot – falls sich eine Chance bot –, musste er sie ohne Zögern nutzen.
    Er blieb weiter optimistisch bis auf den einen oder anderen Moment, wenn das Bild seiner Frau und seiner Töchter seine Konzentration störte und ihn mit dem verzweifelten, herzzerreißenden Wissen zurückließ, dass sie vielleicht eines Tages die Nachricht von seinem Selbstmord erhalten und keine Sekunde lang daran zweifeln würden.
    Sie würden glauben, dass Joe sie aufgegeben hatte, und diese Vorstellung war in gewisser Weise noch unerträglicher als der Gedanke an den eigenen Tod.
    76
    Als Cadwell aufkreuzte, waren Leons Leute noch damit beschäftigt, Joe den Schnaps einzuflößen. Leon

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