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Fear

Fear

Titel: Fear Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Bale
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Ausleihtheke. Joe schalt sich gerade selbst für die Enttäuschung, die er empfand, als er eine leicht spöttische Stimme sagen hörte: »Sie schon wieder.«
    Ellie kam auf ihn zu, die Arme ganz nach unten ausgestreckt, um den Stapel Bücher zu halten, der ihr bis unters Kinn reichte.
    »Kann ich Ihnen etwas abnehmen?«, fragte er.
    »Ich bin stärker, als ich aussehe. Und ich bin auf geradezu fahrlässige Weise unbesorgt um meine persönliche Sicherheit.«
    Joe folgte ihr zu einem Regal mit Großdrucktiteln. Sie setzte den Stapel geschickt auf einem Tisch ab und begann die Bücher einzuräumen.
    »Haben Sie Alise heute Morgen gesehen?«
    »Nein. Wieso?«
    »Ich habe sie gestern getroffen. Sie hat mir von ihrer Schwester erzählt.«
    Ellie betrachtete ihn eingehend. »Sie wissen doch, dass sie viel zu jung für Sie ist?«
    »Mein Gott, Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass das der Grund …«
    »Nein.« Sie hob entschuldigend die Hände. »Ich habe nur Spaß gemacht. Aber es hört sich so an, als hätte sie Sie schon umgarnt.«
    »Ich habe Mitleid mit ihr, das ist wahr. Sie hat sonst niemanden auf ihrer Seite.«
    Ellie schwieg. Offenbar mochte sie seiner Einschätzung nicht widersprechen.
    »Sie wissen nicht zufällig, wo sie wohnt?«, fragte er.
    »Keine Ahnung.« Sie wandte sich von ihm ab und sortierte die Bücher mit knappen, geübten Bewegungen. Ein Hauch ihres Parfums stieg ihm in die Nase, und er verspürte den Wunsch näher zu treten. Nach einer Weile fragte sie: »Haben Sie sich mal die Muschelhöhle angeschaut?«
    »Ich war dort oben, ja, aber ich bin nicht in die Höhle hinuntergegangen.«
    Sie schnalzte neckisch mit der Zunge. »Dann brauchen Sie also doch jemanden, der Ihnen die Hand hält. Was haben Sie heute Nachmittag so vor?«
    »Nicht viel«, antwortete Joe, ehe er darüber nachdenken konnte. »Wollen Sie mich einladen?«
    »Nun machen Sie sich mal keine falschen Hoffnungen. Ich biete Ihnen lediglich meine Dienste als Reiseführerin an.« Ellie drehte sich um und fixierte ihn einen Moment lang mit ihren dunklen Augen, die nichts verrieten. »Holen Sie mich um zwei Uhr hier ab.«
    Draußen sah Joe nach, ob irgendwelche Nachrichten eingegangen waren, und versuchte dann Alise anzurufen, bekam aber nur die Auskunft »Anruf fehlgeschlagen«. Er musste im Zickzack die Straße auf und ab laufen, weil der Empfang immer wieder weg war. Endlich fand er eine Stelle, wo das Signal konstant war, nur um feststellen zu müssen, dass Alise’ Handy ausgeschaltet war.
    Also zurück zum Café. Er spähte durchs Fenster wie eine einsame Seele aus einem Dickens-Roman und überlegte hin und her, ob er sich einen Kaffee leisten konnte, als ein Geräusch ihn aufmerken ließ. Ein gepflegter Herr mit silbernen Haaren und einem dunkelgrauen Anzug stellte einen Klappständer auf den Gehsteig, der für die Halcyon Gallery warb.
    Er vergewisserte sich, dass das Schild richtig stand, und streifte dann Joe mit einem flüchtigen, verstohlenen Blick. Joe ging auf ihn zu.
    »Guten Morgen. Sind Sie zufällig Patrick Davy?«
    Der Mann nickte und kniff argwöhnisch die Augen zusammen. Er war um die sechzig, etwas kleiner als Joe, braun gebrannt und gut aussehend, mit hellblauen Augen.
    »Ich heiße Joe. Alise Briedis hat mir geraten, mal mit Ihnen zu reden.«
    Die Erwähnung ihres Namens hatte nicht die Wirkung, die Joe beabsichtigt hatte. Davy ging eher noch mehr in die Defensive.
    »Hat sie das? Worüber denn?« Er sprach mit weichem australischem Akzent, doch er klang genauso feindselig wie alle, denen Joe bisher in Trelennan begegnet war.
    »Sie hat mir erzählt, dass Ihnen die Galerie gehört. Hätten Sie was dagegen, wenn ich mal einen Blick hineinwerfe?«
    Davy zuckte mit den Achseln. »Wir haben geöffnet. Sie können tun, was Sie wollen.«
    Er drehte sich um und ging hinein. Joe konnte nur resigniert den Kopf schütteln. Diese Stadt …
    Die Galerie war in einem großen hellen Gebäude untergebracht, das wahrscheinlich früher eine Scheune oder ein Kornspeicher gewesen war. Es gab eine Empore und drei große Oberlichter, durch die Tageslicht hereinfiel. Die Werke vieler verschiedener Künstler waren hier ausgestellt: Gemälde, Fotografien, Keramik- und Glasobjekte, die vom Kitsch bis hin zum verstörend Experimentellen alle Stilrichtungen abdeckten.
    Davy ging auf den Tresen in der Nähe der Tür zu, zog sein Jackett aus und hängte es über einen Stuhl. Darunter trug er ein weißes Baumwollhemd, das seinen schlanken,

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