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Feder im Sturm: Meine Kindheit in China (German Edition)

Feder im Sturm: Meine Kindheit in China (German Edition)

Titel: Feder im Sturm: Meine Kindheit in China (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Wu
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miteinander.
    Der Arzt teilte der Schwester mit, dass ich mich im vierten Stadium der Krankheit befände. »Hoffentlich können wir sie noch retten.«
    Bei meiner Einlieferung ins Krankenhaus konnte ich kaum noch sprechen oder feste Nahrung schlucken. Zwei Wochen lang wurde ich intravenös ernährt. Tag für Tag nahm man Untersuchungen an mir vor, gab mir Spritzen, Pulver und Pillen. Ich nahm die Medikamente streng nach Anweisung, und allmählich kehrten meine Kraft, mein Appetit und meine Stimme zurück.
    Wenn die Infusionsflasche leer war, konnte ich mir die Nadel aus dem Arm ziehen, ohne dass es wehtat. Die anderen Mädchen im Zimmer, die Angst vor Spritzen hatten, staunten, wenn ich mir mit unbewegter Miene die Nadel entfernte. Manchmal musste ich lächeln, wenn ich sah, wie sie mich ungläubig angafften. Sie kamen zu dem Schluss, dass ich entweder höchst tapfer oder völlig unempfindlich sein musste. Ich genoss es, wenn sie sich um mein Bett scharten und mit ansahen, wie ich geschickt eine Arbeit verrichtete, die eigentlich Ärzten und Krankenschwestern vorbehalten war.
    Nach zwei Wochen nahm ich erstmals wieder feste Nahrung zu mir. Kurz darauf konnte ich auch allein aufstehen und zur Toilette gehen. Die Schwestern nannten mich »kleine Katze«, weil ich das kleinste Kind im Krankenhaus sei, völlig geräuschlos herumtappte und mein Name wie das hochchinesische Wort für »Katze« klang.
    Das gefiel mir, denn die Ärzte und Schwestern machten daraus einen Kosenamen. Immer wenn jemand von ihnen ins Zimmer kam, hieß es: »Wie geht’s unserer kleinen Katze heute?« Und ich antwortete mit einem leisen »Miau.«
    Besuche waren nur sonntags erlaubt. Mama und Papa besuchten mich abwechselnd und bemühten sich stets, mir etwas Besonderes mitzubringen. Einmal hat mir Mama eine Packung der beliebten Hefei-Hong-Kekse gekauft, die sehr lecker und knusprig waren. Ich probierte einen und fand ihn unwiderstehlich. Am liebsten hätte ich alle auf einmal verschlungen, doch Mama meinte, ich solle mir die anderen für die nächsten Tage aufsparen. Das versprach ich ihr. Aber kaum hatte sie sich verabschiedet, konnte ich der Versuchung nicht widerstehen, doch noch einen Keks zu essen.
    Gerade als ich einen aus der Schachtel nehmen wollte, kam eine Schwester herein und steckte mir ein Fieberthermometer in den Mund. Kaum war sie weg, nahm ich den Keks und wollte trotz des Thermometers im Mund ein Stück davon abbeißen. Dabei brach das Thermometer entzwei. Hastig versuchte ich mir die Glasscherben aus dem Mund zu pulen und spuckte Keks, Glas und Quecksilber auf den Boden. Die anderen Mädchen riefen um Hilfe. Als die Schwester hörte, was passiert war, beunruhigte sie das mehr als mich.
    Nachdem sie mir die Glasstückchen und das Quecksilber aus dem Mund geholt und sich vergewissert hatte, dass ich nichts davon geschluckt hatte, meinte die Schwester im Spaß zu den anderen Mädchen, sie müssten besser auf mich aufpassen, denn ich sei so ausgehungert, dass ich sogar Fieberthermometer aufäße. »Du bist eine ungewöhnliche kleine Katze«, sagte sie. »Du ziehst dir selbst die Nadeln raus, isst Thermometer und hast ständig Hunger.«
    Darauf antwortete ich natürlich mit meinem üblichen »Miau«.
    Sobald ich in der Lage war, auf der Station herumzugehen, freundete ich mich auch mit einigen erwachsenen Patienten an. Sie freuten sich, mich zu sehen, schenkten mir manchmal etwas und erzählten mir Geschichten. Bei meinen Streifzügen durchs Krankenhaus stellte ich fest, dass es unglaublich schmutzig war, genau wie mein Zimmer. Immer wenn ich ein Tablett oder ein Handtuch hochhob, huschten Kakerlaken darunter hervor. Doch die Kakerlaken machten mir weniger Angst als die Ratten, die in der Dunkelheit herauskamen. Einmal weckten mich spät in der Nacht entsetzte Schreie der anderen Mädchen. Ich schrak hoch und sah, wie sich die drei in einem Bett zusammenkauerten und dabei die Decken fast bis über den Kopf zogen. Sie deuteten zum anderen Ende des Zimmers, wo ich im Mondlicht etwa zwanzig fette Ratten wie in Reih und Glied an der Wand entlang und zur Tür hinausspazieren sah. Sie waren so frech, dass sie sich nicht einmal von dem Gekreische irritieren ließen. Mit militärischer Exaktheit paradierten sie vorbei, jede hielt ein paar Zentimeter Abstand zu ihrem Vordermann. Sie schienen sich hier wie zu Hause zu fühlen – so als wären nicht sie, sondern wir die Eindringlinge.
    »Habt keine Angst«, beruhigte ich die Mädchen. »Das

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