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Feder im Sturm: Meine Kindheit in China (German Edition)

Feder im Sturm: Meine Kindheit in China (German Edition)

Titel: Feder im Sturm: Meine Kindheit in China (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Wu
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so schrecklich ist, dachte Mama verstört. Den Rest des Weges zum Krankenhaus 105 legte sie im Laufschritt zurück. Sie stürmte zur Tür hinein und rannte den Korridor entlang. Ein Soldat stellte sich ihr in den Weg und wollte wissen, wer sie war. »Meine Tochter ist hier«, sagte sie. »Sie ist sehr krank. Ich war auf dem Land und weiß nicht, wo sie ist.«
    »Geh zur Anmeldung«, sagte er. »Dort kann man dir sagen, wo sie liegt.«
    Die Frau an der Anmeldung sah die ganze Patientenliste durch. »Wir haben niemanden mit diesem Namen.«
    Daraufhin ging Mama zur Kinderstation und fragte die diensthabende Schwester nach mir. Doch diese schüttelte den Kopf: »Hier ist kein Mädchen, das so heißt.«
    Nun suchte mich Mama auf den anderen Stationen, und ihre Verzweiflung wuchs mit jedem Moment. Schließlich gelangte sie in die Abteilung für Infektionskrankheiten und ging von Raum zu Raum, bis sie mich im zweiten Stock in einem Einzelzimmer am Ende des Ganges entdeckte.
    »Maomao«, schluchzte sie, »bitte, stirb nicht.« Und sie setzte sich zu mir ans Bett.
     
    »Mama?«, flüsterte ich. »Bist du es wirklich?«
    »Ja«, schluchzte sie und schmiegte ihre Wange an meine.
    Ein Arzt kam herein. »Wer bist du? Besuche sind hier nicht gestattet. Geh bitte.«
    »Ich bin ihre Mutter«, erwiderte Mama. »Ich war die ganze Nacht unterwegs, um hierherzukommen.«
    »Wenn du die Mutter bist«, meinte der Arzt, »wer ist dann diese andere Frau, die angeblich auch ihre Mutter ist? Hat dieses Kind zwei Mütter?«
    »Das ist Genossin Pan. Sie hat sich um meine Tochter gekümmert, bis ich kommen konnte.«
    »Und was ist mit ihrem Vater? Dem General?«
    Mama schüttelte bloß den Kopf. Aber der Arzt schien nicht nur Verständnis, sondern auch Mitleid zu haben. Er trat an mein Bett, um mich zu untersuchen. Mama machte ihm Platz.
    »Was fehlt meiner Tochter?«, fragte sie.
    »Ich habe ihr das Rückenmark punktiert und Blutproben nehmen lassen. Die ursprüngliche Diagnose lautete Meningitis«, antwortete der Arzt in einfühlsamem Ton. »Aber jetzt bin ich mir nicht mehr sicher. Ich hatte auch noch Typhus vermutet. Sie hat auf die Behandlung dafür angesprochen. Da sie jedoch immer noch hohes Fieber hat, glaube ich inzwischen nicht mehr, dass es Typhus ist. Ich beobachte sie und mache Untersuchungen. Aber eine genaue Diagnose kann ich noch nicht stellen.«
    »Wie ernst ist ihr Zustand?«, erkundigte sich Mama.
    »Es war ihr Glück, dass man sie hierher gebracht hat. Die ersten zehn Tage hat sie hohes Fieber gehabt und auf gar keine Behandlung angesprochen. Um ehrlich zu sein, es steht immer noch auf Messers Schneide. Aber zumindest hat sie jetzt eine reelle Chance durchzukommen. Und ich verspreche dir, dass ich dafür alles Menschenmögliche tun werde.« Mit einem besorgten Blick verließ er das Zimmer.
    Mama schloss die Tür und setzte sich wieder zu mir. Nach ein paar Minuten sagte sie: »Maomao, es gibt da etwas, was ich für dich tun muss.«
    »Was?«
    »Du darfst keinem Menschen je davon erzählen«, schärfte sie mir ein. »Niemals! Ganz egal, was auch passiert, es muss ein Geheimnis bleiben. Denn wenn das je herauskommt«, sie musste schlucken, »würden sie es uns bitter büßen lassen. Verstehst du mich?«
    »Ja. Ich werde es niemandem verraten. Was hast du vor?«
    »Ich werde dich taufen.«
    »Taufen?«
    »Ja, Maomao. Deine Mama ist eine Christin. Wie auch deine Tanten und deine Onkel in Tianjin.«
    Das Wort »Christin« hatte ich noch nie gehört. Ich hatte keine Ahnung, wovon sie sprach.
    »Wenn ich das tue, dann passt von diesem Moment an immer jemand auf dich auf, ganz egal, was passiert. Du wirst nie mehr allein sein.«
    »Gehst du denn weg, Mama?«
    »Nein, aber ich habe Angst, dass du vielleicht gehen musst, Maomao. Und ich möchte, dass dann jemand für dich sorgt und dich liebt, bis ich wieder bei dir bin.«
    »Ich werde nicht weggehen, Mama.«
    »Natürlich«, sagte sie. »Ich weiß.«
    Sie tauchte ihre Fingerspitzen in das Wasser des Waschbeckens neben meinem Bett und berührte dann meine Stirn. Dabei murmelte sie etwas von Mutter und Vater und Segen und weinte immerzu. Ich beobachtete sie und hörte verblüfft zu, als sie leise sagte: »Gegrüßet seiest du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir. Du bist gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus …«
    »Mama?«, fragte ich. »Wer sind diese Leute?«
    »Heilige Maria, Mutter Gottes«, fuhr sie fort, »bitte für uns

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