FEED - Viruszone
entschieden. Er ist elf Punkte nach oben geschnellt, kaum, dass dein Beitrag online war.«
Ich schloss lächelnd die Augen. Einer der Nachrichtensprecher hatte soeben dieselben Informationen oder zumindest etwas in der Art verkündet: Johlen und Jubeln erfüllten den Raum. »Sag es, Buffy.«
»Wir fahren zur Nationalversammlung der Republikaner.«
Manchmal macht die Wahrheit einen tatsächlich frei.
Die Bedeutung des Falls Raskin-Watts mitsamt aller gescheiterten Urteilsanfechtungen wird im Zuge der jüngeren sensationellen Vorfälle oft übersehen. Wieso auch sollten zwei längst tote religiöse Spinner aus Nordindiana noch die heutige Politik beeinflussen?
Doch das tun sie, und nicht zu knapp. Zum einen stellt die gegenwärtige Tendenz dazu, Geoff Raskin und Reed Watts als »religiöse Spinner« abzutun, eine so extreme Vereinfachung dar, dass es fast schon kriminell ist. Geoff Raskin hat an der Universität von Santa Cruz einen Abschluss in Psychologie gemacht und sich auf die Frage spezialisiert, wie sich große Menschenmengen lenken lassen. Reed Watts war ein ordinierter Geistlicher, der mit problematischen Jugendlichen gearbeitet und eine entscheidende Rolle dabei gespielt hat, mehrere Gemeinden »zurück zu Gott« zu bringen. Kurz gesagt waren sie intelligente Männer, die erkannten, dass sie den gesellschaftlichen Wandel, den Kellis-Amberlee wie eine Sturmwelle mit sich brachte, zu ihrem eigenen Vorteil einsetzen konnten, um ihren Glauben voranzubringen.
Haben Geoff Raskin und Reed Watts fürs Gemeinwohl gearbeitet? Lest die Berichte darüber, was sie mit Warsaw, Indiana, angestellt haben, und überlegt es euch dann. Siebenhundertdreiundneunzig Menschen starben allein in der ersten Infektionswelle, und die Aufräumarbeiten nach der zweiten Welle dauerten sechs Jahre, während denen Raskin und Watts in Hochsicherheitszellen darauf warteten, dass man ihnen den Prozess machte. Laut eigener Aussagen hatten sie beabsichtigt, die lebenden Toten als Drohung einzusetzen, um die Bevölkerung von Warsaw und schließlich die der gesamten Vereinigten Staaten zu ihrem Standpunkt zu bekehren: dass Kellis-Amberlee nämlich die Strafe des Herrn sei und dass alles Gottlose schon bald vom Antlitz der Erde getilgt werden würde.
Das Gericht gelangte zu dem Urteil, dass der Einsatz des aktiven Kellis-Amberlee-Virus als Waffe, wie ihn die gefangenen Zombies darstellten, als Terrorhandlung einzustufen sei und dass jede derartige Tat gemäß der internationalen Antiterrorgesetze von 2012 zu ahnden sei. Geoff Raskin und Reed Watts wurden mit Giftspritzen hingerichtet, und ihre Leichen wurden der Regierung überstellt, zur weiteren Untersuchung des Virus, bei dessen Verbreitung sie geholfen hatten.
Die Moral von der Geschichte lautet abgesehen von dem offensichtlichen »Spiel nicht mit den Toten«, dass es Grenzen gibt, die niemals überschritten werden sollten, egal, welch gute Absichten man verfolgt.
Aus Unschöne Bilder , dem Blog von Georgia Mason,
11. März 2040
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»Georgia! Shaun! Ich freue mich so, euch zu sehen!« Emily Ryman kam mit weit ausgebreiteten Armen auf uns zu, mit einem Lächeln im Gesicht, das bis über beide Ohren reichte. Ich schaute zu Shaun, der vortrat und sich von ihr umarmen ließ, womit er ihr gleichzeitig den Weg zu mir versperrte. Ich mag keinen Körperkontakt mit entfernten Bekannten, und Shaun weiß das.
Falls Emily unsere taktische Positionierung auffiel, sagte sie nichts dazu. »Bei den Berichten, die du immer bringst, kann ich nie ganz glauben, dass du noch lebst, du dummer, dummer Junge.«
»Ich freue mich auch, dich zu sehen, Emily«, sagte Shaun und erwiderte ihre Umarmung. Ihm fällt so etwas viel leichter als mir. Ich schiebe es darauf, dass er zu den Leuten gehört, die die Hand eher in ein dunkles, gruseliges Loch stecken, als einen großen Bogen darum zu machen. »Wie lief’s bei dir?«
»Geschäftig wie immer. Das Abfohlen hat uns auf Trab gehalten, aber nun ist die Saison Gott sei Dank beinahe rum. Ich habe dieses Jahr zwei gute Stuten verloren, und keine von beiden ist hier auf dem Gelände wiederauferstanden, da glücklicherweise Hilfe zur Stelle war.« Emily löste sich nach wie vor lächelnd von Shaun und streckte mir ihre Hand entgegen. Keine Umarmung, nur ihre Hand. Ich nickte zufrieden und schüttelte sie. Ihr Lächeln wurde breiter. »Georgia. Ich kann dir gar nicht oft genug für deine Berichterstattung über den Wahlkampf meines Mannes danken.«
»Das war ich
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