Feenkind 2: Im Reich der Feen (German Edition)
Gesicht sehen zu müssen, wenn er endlich die Wahrheit über sie erfuhr. Niemals wieder ihren Eltern gegenübertreten zu müssen, oder den Dunkelfeen, oder gar dem Herrscher. So einfach, so verlockend, sich in der Weite des Sees zu verlieren, mit ihm zu verschmelzen und auf ewig ein Teil von ihm zu werden.
Sie blickte sich um und sah die überwältigende Schönheit dieser Wasserwelt - bunte Pflanzen unter ihr, die einen leichten Lichtschimmer verbreiteten und das dunkle Wasser von unten erhellten. Wunderschöne Fische aller Größen und Formen, die in Schwärmen an ihr vorüber zogen. Und über ihr die unendliche Dunkelheit des Wassers, die von einem ersten Lichtschimmer von der weit entfernten Oberfläche durchbrochen wurde. Anscheinend dämmerte irgendwo weit oben, in einer anderen Welt, gerade der Tag. Die Menschen würden bald erwachen und einen neuen hektischen, sorgenbeladenen Tag beginnen. Sie ließ die Stille des Sees auf sich wirken. Hier war alles so ruhig. Warum nur sollte sie das für immer verlassen?
Dann fiel ihr Blick auf Fiona, die selbst in Gedanken versunken auf sie wartete. Sie waren in den letzten Wochen so etwas wie Freundinnen geworden. Und doch war Fionas Blick in die Ferne gerichtet, auf die Vergnügungen, die dort auf sie warten mochten, und nicht auf Dhalia, der ein sehr gefährlicher Weg bevorstand. Dhalias Schicksal hatte keine Bedeutung für die Wasserfee, außer dass sie sie vielleicht einige Tage lang vermissen würde. Doch schon bald würde sie sich vermutlich kaum noch an die fremdartige Frau erinnern, die ihr Leben kurz mit ihnen geteilt hatte.
Nein! Dhalia schüttelte entschieden den Kopf. So wollte sie nicht werden. Ihre Menschlichkeit war ihr ein zu hoher Preis für ein wenig Ruhe.
"Ich kann wieder weiter", wandte sie sich schließlich an Fiona.
"Was? Ach so, ja", schreckte diese aus ihren Gedanken hoch. "Ich glaube, es ist am besten, wenn du dich einfach an mir festhältst. Dann sind wir viel schneller da." Anscheinend hatte Fiona kein Problem damit, Dhalia so schnell wie möglich los zu werden. Als sie sich umwandte und Fionas Blick folgte, erkannte sie auch den Grund dafür. In einiger Entfernung hinter sich konnte sie noch die hellen Kuppeln und Gänge der Wassersiedlung erkennen. Mehrere bunt gekleidete Gestalten sprangen gerade fröhlich ins Wasser und tollten übermütig herum. Sie spürte Fionas Ungeduld, sich ihren Freunden anzuschließen, und klammerte sich gehorsam an ihre Schultern.
Augenblicklich setzte Fiona sich in Bewegung.
Dhalia konnte die Leichtigkeit und die Schnelligkeit, mit der Fiona sich im Wasser fortbewegte, nur bewundern. Selbst Dhalias zusätzliches Gewicht schien die junge Nixe überhaupt nicht zu behindern. Da sie nun nichts zu der Reise beitragen konnte, beschloss Dhalia, die einzigartige Gelegenheit zu nutzen und sich in Ruhe umzuschauen.
Während sie schwamm, entfernte Fiona sich immer weiter von dem Seegrund, immer näher der Oberfläche entgegen. Bald schwammen sie schon in den lichtdurchfluteten Wasserschichten und wenn sie den Kopf hob, konnte Dhalia vielleicht fünfzig Fuß über sich die spiegelnde Wasseroberfläche erkennen. Bevor sie Fiona nach dem Grund für diesen Aufstieg fragen konnte, blieb diese auch schon stehen. "Wir sind da", erklärte sie.
Verwirrt ließ Dhalia ihre Freundin wieder los. "Aber wir sind fast an der Oberfläche, ich dachte die Quelle wäre auf dem Grund."
"Das ist sie auch. Sieh doch." Fiona deutete mit ihrer Hand schräg nach unten. Weiter vorne, auf dem Grund des Sees, konnte Dhalia etwas erkennen, das sie auf der Erde wahrscheinlich eine Oase genannt hätte, in deren Mitte sich einige große Felsblöcke erhoben. Die Felsblöcke waren so übereinander gestapelt, dass es einem kleinen Bauwerk ähnelte. Und rundherum erhob sich ein ganzer Wald aus verschiedensten Wasserpflanzen, zwischen denen Schwärme von bunten Fischen hin und her flitzten.
"Dort unten gibt es die schönsten Dinge, die ich je gesehen habe - Blumen, Muscheln, Fische", sagte Fiona bedauernd. "Doch wir dürfen da nicht hin, es ist zu gefährlich." Sie schob schmollend ihre Unterlippe vor. "Dabei würden die Blumen dort", sie deutete mit der Hand auf einen leuchtend gelben Fleck unter ihnen, "so wunderbar zu meinem neuen Kleid passen." Sie seufzte schwer, um ihre Meinung über die Ungerechtigkeit des Lebens zum Ausdruck zu bringen. Doch plötzlich hellte sich ihr Gesicht auf. "Die Quelle ist irgendwo dort unten. Wenn du es also schaffst, bringst du
Weitere Kostenlose Bücher