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Feenring (German Edition)

Feenring (German Edition)

Titel: Feenring (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Robertson
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jeder teilt ein Stück seiner Seele mit den anderen. Um uns zu schützen. Zum Ausgleich.«
    Mit seinen Worten schien er die Aufmerksamkeit Hekates auf sich zu lenken. Ich seufzte erleichtert. So war es gut.
    Ich nahm Johnnys Hand in meine rechte, während die linke nach der Menessos’ griff. Dann wartete ich. Jetzt waren die beiden an der Reihe. Beide mussten den richtigen Augenblick finden, um die Hand des jeweils anderen zu nehmen. Aber sie waren Männer. Obwohl ich vermutete, dass Menessos und Ninurta einander sehr nahegestanden hatten, war das sehr, sehr lange her, und Johnny war nicht der Typ Mann, der mit anderen Männern Händchen hielt.
    Also hatten beide ihr Problem damit, allerdings auf unterschiedliche Weise.
    Plötzlich nahmen sie Anlauf, hielten inne, verharrten mit ausgestreckten Händen, als rechne jeder damit, dass der andere zuerst nachgab.
    Dann ging mir auf, dass es um mehr ging, als ich befürchtet hatte. Es ging nicht nur darum, dass sie ihre Hände ineinanderlegen sollten, sondern buchstäblich darum, wer von beiden die Oberhand behielt.
    Menessos stellte fest: »Ich bin der Ältere.«
    »Ja, aber meine Leute retten dir den Arsch.«
    »Aber sie sind nur deshalb so scharf darauf, weil mein Kodex ihnen ermöglicht, ihren Menschenverstand zu behalten.«
    Johnny blieb ungerührt und kalt. »Dennoch steht dein Leben auf dem Spiel.« Er krümmte die Finger. »Zeig mir, wie dankbar du für die Gelegenheit bist, es zu behalten.«
    Dazu fiel Menessos anscheinend nichts mehr ein. Langsam drehte er die Hand.
    Worauf sich Johnnys Mundwinkel leicht hoben.
    Ich hielt in Erwartung einer spitzen Bemerkung, die sie auseinanderfahren und wieder aufeinander losgehen lassen würde, den Atem an. Doch Johnny schwieg, und Menessos erlaubte sich seinerseits die Andeutung eines Lächelns.
    Es war ein Wunder. Dann wurde mir klar, dass sie sich wieder typisch männlich verhielten. Obwohl Menessos klein beigegeben und anerkannt hatte, dass Johnny die Oberhand behielt, warteten sie nun darauf, wer von beiden zuerst zugreifen würde.
    Ich seufzte genervt.
    Dann nahm Johnny Menessos’ Hand.
    »Drei. Zwei. Eins. Wir drei. Zwei Männer. Eine Frau. Drei. Zwei. Eins. Drei Leben. Zwei Sigillen. Ein Ziel. Drei. Zwei. Eins.« Ich sprach leise, melodiös. Die Worte waren nicht Teil einer Zauberformel, sondern eine Ermahnung.
    » Tres. Duo. Unus. Tres fieri unus. Sorsanismus «, sagte Menessos. »Ich gebe jedem von euch einen Teil meiner Seele. Im Gegenzug nehme ich einen Teil eurer Seelen.«
    Zuerst wiederholte ich seine Worte, dann Johnny.
    » Vieo nexilis trini .«
    Es war der Chant, der uns ans Ziel führen würde. Falls wir eine höhere Macht für unsere Fürbitte einnehmen konnten.
    Bei jedem Ritual kam es vor allem darauf an, sich zu konzentrieren. In diesem Moment musste ich mich genauso auf meinen Plan konzentrieren, wie ich bei Tempo hundert die Straße vor mir im Blick behalten musste. Menessos wusste das. Als ich das Ritual mit Johnny durchgesprochen hatte, hatte ich ihm eingebläut, dass es darauf ankam, dass er in Gedanken weder von dem abwich, was wir gerade taten, noch von seinem Entschluss, daran teilzunehmen, und dass er sich von nichts und niemandem ablenken ließ.
    Meinem eigenen Rat folgend legte ich meinen inneren »Meditationshebel« halb in Richtung Alpha-Zustand um und stellte mir vor, dass ich alle Hoffnungen, die ich an diesen Zauber knüpfte, während der Deklamation in meine Stimme einfließen ließ. Ich legte meine Angst hinein, der Hexenältestenrat könnte mich nicht mit dem Bindefluch belegen und mein Schicksal besiegeln, den Wunsch, Johnny bei der Freisetzung seiner Macht zu helfen – die er als Domn Lup so dringend benötigte, und schließlich das Bedürfnis, Menessos … in ungefähr dreizehn Stunden … vor den Feen zu retten.
    Um uns herum heulte der Wind wie ein Wolf. Das den Kreis begrenzende Meersalz stieg in die Luft wie Staubpartikel, die wirbelnd und tanzend ins Gefecht eingriffen. Ich war von uns dreien die Einzige, die dem Tisch zugekehrt stand, daher sah ich die Kerzenflammen flackern, doch die stürmische Luft setzte ihnen längst nicht so zu, wie ich es erwartet hätte. Die Flammen sanken tief auf die Dochte hinab und schossen plötzlich wieder empor. In der salzhaltigen Luft am Rande des Kreises zuckten im selben Augenblick helle Blitze auf. Aus der Muschel hob sich Wasser und dehnte sich zu mehr als nur ein paar Tropfen aus. Über unseren Köpfen bildete sich ein Schirm aus mehr

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