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Feenring (German Edition)

Feenring (German Edition)

Titel: Feenring (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Robertson
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dazu gezwungen hatte, einer befreundeten Wær in Not zu helfen, treffen wolle oder nicht, und löcherte ihn wegen seines offensichtlichen Mangels an Liebeslust. Johnny beharrte darauf, dass mit seiner Libido alles in Ordnung sei, und spielte noch mal darauf an, dass mich »Fangzahn« ja bereits ausgesaugt hätte. Allerdings versprach er mir, nach der Zeremonie tüchtig mit mir zu feiern.
    Es war fast drei, als Johnny die Maschine vor einer Bar namens Dirty Dog abstellte.
    Ich stieg ungeschickt ab und schlenderte zu dem Etablissement, das anscheinend dem Begriff »Kaschemme« Ehre machen wollte. Schon von außen bot sich der Laden eindeutig nicht als pittoreske Taverne oder exklusive Cocktailbar dar. Die Corona-Neonreklame im Fenster konnte ich nur mit Mühe erkennen, so verdreckt waren die Scheiben.
    Drinnen sah es nicht besser aus. Die Nichtrauchergesetze mochten noch frisch sein, doch der Zigarettenqualm hatte zahllose Jahre Zeit gehabt, das Holz und die Einrichtung so richtig zu durchdringen und die Decke in einem Farbton zu vergilben, den Leute, die Farben Namen gaben, möglicherweise pissig genannt hätten, und zu dem Geruch in dem Lokal hätte dieser Name ebenso gut gepasst.
    In dem engen, kombüsenartigen Schankraum gab es rechts einige Nischen, die älter sein mussten als ich selbst. In jeder hing ein Werbeplakat für eine der Biersorten der Great-Lakes-Brauerei. Links sah ich eine lange Theke und eine stumme Wurlitzer-Jukebox. Ganz hinten saß, über ein Glas gebeugt, ein alter Mann. Sein Haar war dicht, schneeweiß und kurz geschoren, und er trug ein überwiegend rotes, kariertes Flanellhemd mit abgetrennten Ärmeln, unter denen seine Thermounterwäsche hervorlugte. Der Mann war der einzige Gast. Als wir eintraten, drehte er den Kopf in unsere Richtung und wölbte eine Braue.
    »Johnny?« Das lange, stoppelige Gesicht verriet ehrliches Entzücken. Sein Lächeln offenbarte jede Menge langer, schmutziger Zähne. »Johnny! Du hast dich ja seit Jahren nicht blicken lassen.« Er rutschte vom Hocker, in der Hand einen Gehstock.
    »Hey, Beau.«
    Zum Gruß umfassten sie gegenseitig ihre Unterarme. »Wer ist das Püppchen?«
    »Beauregard, das ist Persephone. Aber das sind viele Silben, deshalb nenne ich sie Red.«
    »Ahhh, Red kommt einem leichter über die Lippen. Genauso leicht, wie sie einem ins Auge fällt.« Damit streckte er mir die Hand hin.
    Ich packte zu, um ihm die Hand zu schütteln, doch er zuckte zurück.
    »Jesus!«, brummelte er und schüttelte seine Hand, als täte es ihm weh. »Sie ist eine Hexe!«
    »Ja.« Johnny dehnte das Wort, als sei er verlegen.
    Ich hatte ihm keinen Schock versetzt.
    Beau hob seinen Stock und stieß Johnny die Spitze in den Oberschenkel. »Hättest einen alten Burschen wenigstens warnen können!« Dann hinkte er um die Theke herum. Eines seiner Beine war steif, und ich fragte mich, ob Beau wie Nana marode Knie hatte. »Was wollen Sie trinken, Püppchen?«
    »Wie sind nicht hier, um etwas zu trinken, Beau«, sagte Johnny.
    Beau blieb stehen. »Du willst ihn sehen?«
    Johnny nickte.
    »Haben sie dich gerufen?«
    »Nein.«
    Als Beau mich daraufhin anschaute, bewegte er nur die Augen, dann senkte er den Blick auf seine sich öffnende und schließende Hand. Zu Johnny sagte er: »Oben. Du kennst den Weg noch? Klopf lieber an.«
    Johnny ging, während ich Beau im Auge behielt. »Woher wussten Sie, dass ich eine Hexe bin?«
    Er ballte und öffnete weiter seine Faust. Dann schnaubte er und wies mit einem Rucken des Kinns auf Johnny. »Gehen Sie ihm besser nach.«
    Ich ging und kämpfte gegen den Drang an, ihm nachzurennen. Doch Johnny wartete auf mich und hielt mir eine hohe, schmale Tür auf. »Bleib in meiner Nähe«, zischte er und ging vor mir nach oben. Der Treppenschacht war eng. Das ganze Gebäude war der Inbegriff schlechter Zeiten. Jede Treppenstufe knarrte. Es roch nach morschem Holz – wie eine in Auflösung begriffene Kiste aus Zedernholz – Zedernholz!
    Wære. Dirty Dog . Der dreckige Hund. Klar .
    Oben an der Treppe befand sich ein kurzer Flur mit nur einer Tür.
    Johnny klopfte, übte sich in Geduld, klopfte nochmals, diesmal kräftiger.
    Ich spürte den Boden beben; hinter der Tür bewegte sich jemand. Jemand Großes.
    Die Tür ging auf. Der Mann, der da in Sicht kam, überragte den Türrahmen um einen Kopf und war dreimal so breit wie Johnny. Er hatte dunkles, lockiges Haar, dicht und kurz wie eine Drahtbürste, und trug ein Hawaiihemd, das lose um seinen

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