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Feenring (German Edition)

Feenring (German Edition)

Titel: Feenring (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Robertson
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Mal wandelte. Er war mir in einem Deli über den Weg gelaufen und hatte mich gewittert. Er kannte mich nicht, daher nahm er an, ich sei entweder ein neuer Wær im Revier, der sich nicht an das Gesetz hielt, sich erst mal beim Rudel zu melden, oder überhaupt ein neuer Wær. Also ließ er mich überwachen.« Johnny senkte sein dem Himmel zugewandtes Gesicht, und seine Züge verrieten äußerste emotionale Belastung. »Nach dem Park war ich völlig hinüber. Ich wusste nicht, wer ich war … nur, wer ich sein wollte. Ich nahm den Namen Newman an, denn ich war ein neuer Mann. Dann fand ich heraus, dass ich infiziert war. Ob ich vor dem Park schon ein Wær war, werde ich wohl nie erfahren. Aber ich musste mich darauf einstellen wie auf etwas Neues. Ig war immer für mich da. Er war wie ein Vater für mich.«
    Früher oder später würde er der Gemeinschaft der Wære offenbaren müssen, dass er der Domn Lup war. Aber nicht gleich. Er war neben der Spur, weil seine Vaterfigur starb. »Komm«, sagte ich und schwang mein Bein über das Motorrad, um hinter ihm aufzusitzen. Ich legte die Arme um seine Körpermitte und den Kopf an seine Schulter.
    Er packte den Lenker. »Wohin?«
    In der Nacht zuvor hatten wir nur gekuschelt, ich hatte Ruhe nötig gehabt, doch heute, so dachte ich, hatte ich womöglich, was er brauchte. »Fahr einfach.«
    * * *
    Beim Anblick des Theaters erfüllte mich erneut Ehrfurcht. Die großen Monitore waren inzwischen über der Bühne installiert, auf sämtlichen Bildschirmen drehte sich blinkend ein Logo, wie das auf der grau gestrichenen Tür zur Baustelle. Auch der Marmorboden war fertig.
    Mitten vor der Bühne stand eine große, runde, mit dickem, dunklem Teppich ausgelegte Plattform, darauf im Zentrum ein gewaltiger Sessel. Formvollendete Holzschnitzereien verliehen ihm die Anmutung eines Throns, der dank dick gepolsterter Sitzfläche, Rücken- und Armlehnen trotzdem bequem aussah. Der auf den Thron ausgerichtete schräge, bernsteinfarbene Lichtstrahl bewegte sich ein Stückchen. Ich warf einen Blick nach oben. Über uns richtete jemand die Bühnenbeleuchtung ein.
    Wir drangen tiefer in den Raum ein. Als die Arbeiter uns bemerkten, hielten sie inne und blickten uns an. Einer, ein Mann, dessen Körpergröße und -umfang sogar Hector auf die Plätze verwiesen hätten, schleppte gerade ganz allein einen Diwan über die Bühne. Er trug ein Trikot der Cleveland Browns und dunkle Bluejeans. Dann bemerkte er die Stille, sah uns, stellte das lange Möbel ab und blieb wie alle anderen stehen.
    Johnny nahm die Stufen, die beiderseits vom Proszenium zur Bühne hinaufführten. Als wir die Bühne überquerten, kamen wir in die Nähe des Giganten, der ganz allein den Diwan gestemmt hatte. Als ich mich umsah, folgte er uns von der Bühne.
    Würden wir in die kleine Nische weitergehen, wären wir verletzlich und säßen in der Falle. Ich tippte Johnny auf die Schulter. »Jemand verfolgt uns.«
    Johnny wandte sich um. »Brauchen Sie etwas?« Johnny straffte die Schultern.
    Der Große hatte kohlschwarze Augen, sein rundes Gesicht und die dicken Arme waren – mit Nanas Worten – »gebräunt wie Weihnachtsplätzchen«. Mit seiner Pranke hob er nun ein Stück sein Hemd, griff in seine Gesäßtasche und hielt mir einen etwas übergroßen cremefarbenen Umschlag hin. Vorne drauf stand in Schönschrift mein Name, während die Rückseite einen Goldrand aufwies. Die angestoßenen Kanten und ein paar Knitterfalten minderten die Eleganz ein wenig. »Der Chef sagte, ich soll Ihnen das geben.« Er sprach langsam, sein Tonfall verriet den Süden. Wodurch sich seine tiefe Stimme durchaus angenehm anhörte.
    Ich nahm den Umschlag. »Danke. Wie heißen Sie?«
    »Mountain.«
    »Danke, Mountain. Sie kommen wirklich schnell mit der Renovierung voran. Wirklich erstaunlich.«
    Er senkte den Kopf und zog sich zurück. »Danke, Miss Hexe.« Ehe er durch die Tür verschwand, um sich wieder an die Arbeit zu machen, sah ich noch einen lagen, struppigen Pferdeschwanz schwarzer Haare, die bis über das lange Hemd fielen.
    Miss Hexe?
    Ich riss den Umschlag auf und gab ihn Johnny. Auf einer golden umrandeten Grußkarte war oben, ebenfalls in Gold, der Buchstabe M eingraviert. Darunter stand in derselben Kalligrafenschrift:
    Der Zugangscode zu Deinen Räumlichkeiten hat sich geändert. 1109 – das Geburtsdatum Deiner Pflegetochter. Jetzt wissen nur Du und ich Bescheid – es sei denn, Du gibst diese Information weiter.
    – M
    Ich drückte Johnny

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