Feenring (German Edition)
wieder zurück, als ich bemerkte, dass Goliath sich so aufgestellt hatte, dass sie einander in die Augen sehen und nun kommunizieren konnten. Goliath nickte, dann näherte er sich dem Bühnenrand. »Brüder dieser Zuflucht, eben wurde eine neue EV ernannt, ein Grund zum Feiern. Setzt die Feierlichkeiten fort, aber entschuldigt unsere Abwesenheit, während wir uns dieser Angelegenheit annehmen.« Er wies auf den DJ , und erneut dröhnte Musik aus den Lautsprechern.
Ich fühlte meine Aura beben – als hätten unsichtbare Finger dagegen geschnippt. Dann hallte Menessos’ Stimme aus den Boxen und sprach von »unbedeutenden Vorfällen, um die wir uns kümmern müssen« und sagte »… tanzen Sie, genießen Sie.« Außer mit warmen Worten bedachte er das Publikum auch mit einer sanften Anregung, von jeglicher Neugier Abstand zu nehmen.
Goliath führte Johnny hinter die Bühne. Menessos folgte ihnen, während ich blieb, wo ich war, weil ich nicht sicher war, was ich tun sollte. Dann kam Mountain – im Frack! – auf mich zu. »Miss Hexe? Der Boss wird sie brauchen.«
Ich nahm Mountains Arm, und er geleitete mich durch den Irrgarten hinter der Bühne zum Konversationszimmer. Wir kamen dazu, als Menessos gerade die Tür zu seinen Räumlichkeiten unter meinen eigenen öffnete. Einer nach dem anderen traten wir ein, während Mountain draußen Stellung bezog.
Im ersten Raum stand gegenüber der Tür ein runder Altar aus Stein und rechts davon Ledersessel, die anscheinend Privataudienzen mit anderen Mitgliedern von VEIN vorbehalten waren. Außerdem standen einander genau gegenüber zwei weinrote Plüschsessel sowie lehnenlose halbrunde Sofas für jeweils sechs Personen. Die Wände bestanden aus Sichtsteinen. An der Rückwand sah ich rechts und links einer Holztür mit Eisenbeschlägen zwei Marmorsäulen aufragen.
»Hier.« Menessos wischte Kram von dem runden Altar. Steine flogen durch die Luft. Sein Athame fiel geräuschvoll auf den Kachelboden. Eine Tonstatue der Göttin folgte und zerbrach. »Legt sie hierhin.« Damit riss er das Altartuch weg.
Johnny legte Aquula auf den Steintisch. Aus ihren Kiemen sickerte vergiftetes, purpurrotes Blut. Menessos bettete sie in eine friedliche Lage und faltete ihr liebevoll die Hände. Dann hob er ihren Kopf, um ihr die Perlen abzunehmen und ihr schwarzes Haar zu glätten, schließlich beugte er sich vor und küsste ihr zärtlich die Stirn. Nachdem er sich aufgerichtet hatte, bedeckte er ihren Leib respektvoll mit dem silbernen Altartuch und legte die Perlen neben sie.
»Ich muss los«, flüsterte Johnny erneut.
»Musst du dich wandeln?«
»Dazu habe ich keine Zeit.« Er schob mir das Haar aus dem Nacken; ich spürte, wie er an den Strähnen zog, die im gerinnenden Blut festklebten.
Er hatte Menessos von mir trinken sehen. Wusste er, was los war?
Oder vielleicht war das egal. Er litt, weil er jemanden verlor, der ihm etwas bedeutete. Dasselbe galt für Menessos. Ich wollte bei beiden sein, beide trösten. »Ich will mit dir kommen! Aber … «
»Kommst du klar?«
Er würde allein trauern. Daher wollte ich ihn umso mehr begleiten.
Ich nickte. Ungeachtet Siebens Einwänden gegen meine offen bekundete Zuneigung zu Johnny hatte ich es momentan nur mit Menessos und Goliath zu tun, die ohnehin beide Bescheid wussten, also schloss ich ihn in die Arme und drückte ihn. »Geh, Johnny, ich komme klar.«
»Dein Auto steht im Parkhaus. Ich nehme das Motorrad. Freitagabendverkehr … «
»Ich weiß. Geh. Es ist schon in Ordnung.«
Ein kurzer Kuss, nur ein Schmatz, und weg war er. Für einen Augenblick drang die Musik zu uns durch, dann schloss sich mit einem dumpfen Schlag die Tür, auf den leere, traurige Stille folgte.
»Was kann ich tun, Meister?«, wollte Goliath wissen.
Menessos blieb ihm mehrere Sekunden lang die Antwort schuldig. Wir warteten. »Kontaktiere Xerxadrea, Persephone. Berichte ihr, was geschehen ist, bitte sie, sich in den botanischen Gärten einzufinden und sag ihr, dass ich den Leichnam vorbereite.«
Ich zog den Protrepticus aus dem Etui an meiner Taille und klappte ihn auf.
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Goliaths Kopf herumfuhr.
Oh, verflucht. Ich klappte das Handy wieder zu. »Ich mach das besser in meinem Zimmer und lass euch ein wenig Privatsphäre.« Ich wollte zur Tür.
Doch Goliath packte meinen Arm und riss mich zurück. »Wie spricht mein Bruder mit Ihnen?«
»Loslassen!«
Stattdessen riss er mich an sich. Die Wut ließ seine
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