Feentod
gerührt. Manche ihrer Mitschülerinnen hielten sie für eine Streberin, das wusste sie. Und da sie auch fast nie zu abendlichen Treffen kommen konnte, beschränkte sich der Austausch mit ihren Mitschülern auf oberflächliche Gespräche. Doch sosehr sie die unerwarteten Gratulationen zu ihrem Auftritt auch freuten, konnten sie sie doch nicht aufheitern.
Nach all dem, was in der Zwischenzeit passiert war, fühlte sich das Konzert an, als läge es Jahre zurück.
»Endlich erreich ich dich«, stöhnte Noraya, als Alina sich am Telefon meldete.
»Hast du meine Nachrichten nicht gekriegt?«
»Welche Nachricht?«
»Hey, ich habe dir gestern drei SMS geschickt. GroÃer Notfall, brauche deine Hilfe! Und du hast dich nicht gerührt. Du hast doch dein Handy wieder, oder?«
»Warte mal«, sagte Alina und kramte. »Da is nix. Die letzte SMS von dir war die, wo du mich nach Faris gefragt hast.«
»Kann nicht sein«, wunderte sich Noraya und war zugleich erleichtert. Alina hatte sie also nicht absichtlich ignoriert.
»Was ist denn nun passiert?«, wollte Alina wissen und nieste laut. Atemlos berichtetet Noraya ihr, was geschehen war.
»Klingt gruselig«, flüsterte Alina in den Hörer und bat Noraya, ihr die Droh-SMS von dem ominösen »Schatten« bei Gelegenheit einmal zu zeigen.
»Und du hast das echt gemacht?«
»Was sollte ich denn anderes tun?«
»Na, das Foto in tausend Stücke zerreiÃen«, bot ihr Alina prompt eine Lösung an.
»Und dann fröhlich drauf warten, wie der meinem Vater alles steckt? Wirklich nicht. Dann wäre alles vorbei!«
»Ach was, dein Vater würde sich schon wieder einkriegen«, hielt Alina dagegen und brachte Noraya damit zum Schweigen. Sie hatte wirklich keinen Nerv, dieses Thema schon wieder durchzukauen. Manchmal kam es ihr vor, als ob ihre Freundin absichtlich die Augen vor der Wahrheit verschloss.
»Und Faris? Ist der echt runtergestoÃen worden?«, wechselte Alina das Thema.
»Anscheinend schon. Allein beim Gedanken daran bekomme ich Gänsehaut!«
»Das kann ich verstehen. Und dann auch noch die Erpressung.« Alina räusperte sich. »Pass mal auf, Nora. Gibt es unter deinen Fans vielleicht irgendeinen schrägen Typen, der dich schon lange anhimmelt?«
»Keine Ahnung. Vielleicht ⦠Spinner gibt es ja immer.« Noraya stockte. Ihr fiel der schwarze Herzluftballon ein, der während des Konzerts hochgestiegen war. Und die komische Nachricht, die an Gereons Ballon gehangen hatte.
»Mensch, da hat Gereon ja eine heiÃblütige Verehrerin! Und in dich ist offensichtlich auch einer total verschossen und traut sich nicht ran!«
»Haha«, erwiderte Noraya bitter. »So ganz stimmt das ja nicht. Immerhin ist er selbstbewusst genug, mir ein Foto in den Briefkasten zu werfen und eine Drohung zu schicken. Das finde ich gar nicht schüchtern.«
»Das stimmt. Klingt eher nach einem verklemmten Spanner. Ãberlegen wir doch mal, wer für so eine Aktion infrage kommt.«
Noraya schwieg. Sie dachte angestrengt nach. »Eigentlich trau ich niemandem, den ich kenne, so was zu.«
»Mhm«, Alina dachte laut nach. »Und wenn es jemand ist, den du gar nicht so gut kennst, aber er dich. Komische Typen gibt es ja überall genug.«
»Das stimmt«, pflichtete Noraya ihr bei. »Urgro hat mir zum Beispiel heute früh hinterhergeglotzt. Als ich zum Spielplatz bin!«
»Urgro?«
»Na, unser komischer Nachbar. Der von schräg gegenüber.«
»Ach der Typ, der nur vor der Glotze abhängt und aussieht wie ein Untoter?«
»Na ja. Der ist über den Tod seiner Mutter nicht hinweggekommen â¦Â«
»Aber könnte er es gewesen sein?«, Alina klang aufgeregt.
»Ehrlich gesagt trau ich dem so was nicht zu«, lenkte Noraya ein. Alina war da anderer Meinung.
»Als Nachbar könnte der so einiges über dich wissen. Auf alle Fälle den Vornamen deines Vaters und wie streng er ist.«
»Aber woher soll der Engelhauch kennen?«
»Schätzchen. Wenn der vielleicht schon länger auf dich steht, dann spioniert der dir sicher hinterher.«
»Aber der ist nicht so clever. AuÃerdem kann ich mir nicht vorstellen, dass er auf dem Festival war. Der kriegt ja schon Panik, wenn mehr als zwei Menschen gleichzeitig vor seinem Haus auftauchen.«
»Ach, Nora, wo ein Wille ist, da ist auch
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