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Feentod

Feentod

Titel: Feentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliane Breinl
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genommen! Sie spürte, wie sich all die feinen Härchen auf ihrem Arm aufstellten. Sie presste ihre verschränkten Arme fest an die Magengegend und starrte aus dem Fenster. In ihrer Handtasche vibrierte kurz das Handy, aber Noraya achtete gar nicht darauf. Ihre Gedanken kreisten um Faris. Ob vor seiner Tür jetzt ein Polizeibeamter stand, der auf ihn aufpasste? Sie hoffte es. Oder vielleicht war ja alles doch nur ein schrecklich dämlicher Unfall gewesen? Nein. Der Kommissar hatte von Spuren gesprochen, die beweisen sollten, dass Faris bei seinem Sturz nicht alleine war. Das war wohl eindeutig. Sie konnte sich das nur so erklären, dass man an Faris’ Körper Verletzungen gefunden haben musste, die nicht durch den Sturz entstanden waren. In den Krimis, die Noraya gelegentlich las, kamen solche Dinge häufig vor. Aber das war kein Krimi, das war die Realität! Sie hoffte, dass ihr Vater noch nicht von der Arbeit nach Hause gekommen war. Sie musste unbedingt mit ihrer Mutter reden!
    Â»Das werde ich unserer Tochter niemals erlauben!« Papas Stimme hallte Noraya bereits entgegen, als sie die Haustür öffnete. Um Himmels willen! Was hatte er mitbekommen? Aus dem Garderobenspiegel blickte ihr ein erschrecktes Gesicht entgegen. Ihre roten Haare waren zerzaust und die großen grünen Augen starrten aus tiefen Höhlen zurück. Sogar ihre Lippen schienen auf einmal blasser als sonst. Erschrocken fuhr sich Noraya über die Wangen und versuchte, wenigstens etwas Farbe hineinzureiben. Dann bemühte sie sich, einen möglichst unbefangenen Gesichtsausdruck aufzulegen, und schloss die Tür des Windfangs hinter sich. Papa und Mama diskutierten in der Küche. Leise schlich Noraya zur angelehnten Tür.
    Â»Du kannst deine Töchter nicht immer behandeln, als ob hinter jeder Ecke ein Vergewaltiger lauert. Damit bringst du sie am Ende noch selber in Gefahr!«
    Â»Wie soll ich das denn verstehen, Katja!«, donnerte die aufgeregte Stimme ihres Vaters zurück.
    Â»Ein Mädchen, das ständig eingeimpft bekommt, dass die Welt da draußen voll von Verbrechen ist, lebt auch in ständiger Angst, dass ihr was passiert«, redete ihre Mutter leise auf ihn ein.
    Â»Aber das ist ja auch gut so! Dann passen sie wenigsten auf«, posaunte Herr Al Ibi zurück.
    Â»Aber ein Mensch, der Angst hat, ist unsicher. Und unsichere Kinder werden viel schneller zu Opfern.«
    Â»Willst du jetzt etwa behaupten, meine kleine Helia läuft Gefahr, ein Opfer zu werden, wenn ich ihr nicht erlaube, dass sie heute einen Kinofilm anschaut, der nach 20 Uhr endet und der erst ab zwölf Jahren ist?«
    Norayas Mutter seufzte. »Natürlich nicht. Ich meine das ganz generell. Du kannst doch deinen Töchtern nicht immer alles verbieten, nur weil es nicht zu 100 Prozent deinen Vorstellungen entspricht!«
    Â»Ich kann euch Deutsche manchmal nicht verstehen«, flüsterte Noraya die folgende Standardantwort ihres Vaters mit und lief schnell die Treppen hinauf zu ihrer Schwester.
    Helia kauerte in ihrer Kuschelecke, die langen schweren Ebenholzhaare, um die sie Noraya früher so beneidet hatte, hingen verklebt vor ihrem Gesicht. Ihre Stirn hatte sie gegen die angewinkelten Knie gedrückt. Sie schluchzte herzerreißend.
    Â»Ach Helimaus!« Noraya setzte sich zu ihr und drückte sie an sich.
    Â»Es ist doch der Geburtstag von Jasmin. Und ich durfte schon letztes Jahr nicht mit«, schniefte Helia.
    Â»Hast du schon ein Geschenk für sie?«
    Helia nickte und deutete auf ihr Bett. Darauf lag ein wunderschön verpacktes Etwas. »Ich schenke ihr ein Bauchtanztuch. Sie hat sich das gewünscht.«
    Â»Wann geht denn der Film los?«
    Â»18 Uhr.«
    Â»Und die Feier?«
    Â»Jetzt gleich.«
    Â»Dann ab ins Bad und Gesicht mit kaltem Wasser waschen«, befahl Noraya energisch. »Ich komme gleich wieder.« Stinkwütend und mit schnellen Schritten eilte sie ins Erdgeschoss.
    Als sie in die Küche stürmte, hielt ihr Vater gerade einen Vortrag über Elternpflichten. Noraya holte tief Luft. »Ich begleite Helia ins Kino. Dann kann ich ihr die Augen und Ohren zuhalten, falls eine Szene kommt, die ein Mädchen, das in einem Monat zwölf Jahre alt wird, noch nicht sehen darf. Und außerdem werde ich sie dann gleich durch den noch taghellen, gefährlichen Abend nach Hause begleiten. Und natürlich pass ich auch auf, dass die Kleine von keinem

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