Feentod
Mitten in der Nacht!«
Fängt die schon wieder damit an! Allmählich ärgerte sich Noraya wirklich über Alinas Sticheleien. In ihrem männerverrückten Hirn wird jedes Treffen mit einem Typen gleich zu einer Lovestory. »Dann musst du Staff aber auch noch erwähnen.« Noraya verdrehte die Augen. »Mit dem habe ich immerhin stundenlang am Lagerfeuer gehockt und Bier getrunken!«
»Hört, hört«, warf Alina mit gespielter Empörung ein und Hagen schaute Noraya interessiert an.
Dann räusperte er sich und kam wieder auf seine Theorie zurück. »Und? Könnte es auch eine Sie sein?«
Noraya überlegte. Sie konnte sich durchaus vorstellen, dass die fiese Drohung auch auf einem weiblichem Misthaufen gewachsen war. »Frauen können gnadenlos sein, wenn sie jemandem schaden wollen!«, sagte ihre Mutter immer. Und irgendwie gefiel Noraya die Vorstellung einer sich rächenden Furie besser, als dass ein gestörter Typ hinter den Drohungen steckte.
»Ich werde mir das durch den Kopf gehen lassen«, beendete sie das Thema und hatte schon eine Idee. Wer weiÃ, vielleicht hatte es vor ihrer Aufnahme in die Band noch eine andere Kandidatin gegeben, die gerne den Gesangspart übernommen hätte und die ihr jetzt den Erfolg missgönnte? Sie nahm sich fest vor, die Jungs am Sonntag danach zu fragen.
»Pass auf dich auf!« Alina nahm Noraya zum Abschied noch einmal in den Arm. Sofort stieg ihr wieder Hagens Aftershave in die Nase. Ein wirklich starker, aber nicht unangenehmer Geruch.
Der Rest der Woche verging rasend schnell. Als Noraya am Sonntagnachmittag auf dem Weg zur Bandprobe am Spielplatz vorbeikam, fiel ihr erleichtert auf, dass der »Schatten« sich seit der Fotoübergabe nicht mehr bei ihr gemeldet hatte. Vielleicht hatte sich am Ende nur jemand einen üblen Scherz erlaubt? Aber wer könnte so was tun? Und warum? Noraya schritt durch das kleine Törchen auf das Spielhaus zu. Wie sie vermutet hatte, war der Umschlag verschwunden. Dafür schauten sie zwei groÃe Kinderaugen skeptisch an.
»Du bist doch viel zu groà für mein Haus.« Noraya schenkte dem kleinen Mädchen ein schnelles Lächeln und verlieà dann eilig den Spielplatz. Insgeheim ärgerte sie sich, dass sie am Dienstag nicht gleich nach der Schule noch einmal zum Ablageort gegangen war. Am Ende hatte der »Schatten« den Brief gar nicht geholt und nun war das Foto samt ihrer peinlichen Unterschrift in den Händen irgendwelcher Leute aus der Nachbarschaft gelandet. Nicht auszudenken, wenn sie jemand erkannte.
Norayas Sorgen verflogen sofort, als sie den Proberaum betrat. Hier wartete bereits eine faustdicke Ãberraschung auf sie: Staff.
Vale war gerade dabei, ihn den anderen Bandmitgliedern vorzustellen. »Noraya, gut, dass du kommst. Wir haben heute Besuch.« Noraya nickte in die Runde, ohne sich anmerken zu lassen, dass sie den Gast bereits kannte.
»Staff macht gerade ein soziales Jahr im Jugendzentrum«, fuhr Vale fort. »Und er hat uns angeboten, im Rahmen eines Kultur-Förderprojekts eine Studio-CD mit uns zu produzieren.«
»Ist ja geil!«, rief Gereon.
»Also ich habe Engelhauch für dieses Projekt vorgeschlagen, weil ihr eine der wenigen Bands seid, die wirklich eigene Musik machen. Ihr ahmt niemanden nach. Das gefällt nicht nur mir«, grinste Staff in die Runde und sein Blick blieb an Noraya hängen. Sie lächelte zurück und spürte, wie ihre Wangen wärmer wurden. Schnell schaute sie wieder in die Runde. Erst als Staff sich Chris zuwandte, der wissen wollte, welches Equipment ihnen im JUZ zur Verfügung stehen würde, schaute sie wieder auf. Staff war genauso groà wie Vale, ungefähr 1,80 m, und sicher etwas älter als sie.
Noraya schätzte ihn auf 18 oder 19. Ihr Blick blieb auf seinem blauen Shirt hängen. Darauf war auf Brusthöhe eine CD gedruckt, neben der, wie bei einem Teller, Messer und Gabel lagen. Noraya ertappte sich selbst, wie sie länger als nötig auf seinen Oberkörper starrte. Staff hatte breitere Schultern als Vale. Ob er Sport machte? Vielleicht ist er Schwimmer, überlegte sie und bekam gerade noch mit, wie Staff fragte: »Welche Songs würdet ihr denn gerne auf der CD haben?«
»Na, am liebsten alle. So viele eigene Songs haben wir ja noch gar nicht«, meldete sich Gereon zu Wort.
»Auch den ganz neuen Song?«, fragte Anton.
»Na
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