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Feenzorn

Feenzorn

Titel: Feenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Hand pochte schmerzhaft. Irgendwie tat die Bewegung auch gut, meine Gliedmaßen und Muskeln streckten sich und fühlten sich lebendig, nachdem ich mich mehrere Monate kaum geregt hatte. Lange konnte ich nicht in diesem Tempo laufen, aber glücklicherweise war es nicht weit.
    Die Lichter entpuppten sich als zwei beleuchtete Fenster in einem Häuschen, das einsam auf leicht erhöhtem Grund stand. Steinerne Obelisken in der Größe von Särgen, einige umgestürzt und rissig, andere noch aufrecht stehend, waren in mehreren Kreisen rings um den Hügel verteilt. Auf einem davon hockte der Rabe mit den glitzernden Knopfaugen. Er stieß ein Krächzen aus und flog durch ein offenes Fenster ins Haus.
    Eine kleine Weile stand ich keuchend da und wartete, dass mein Atem sich wieder beruhigte, ehe ich zur Tür ging. Auf einmal bekam ich eine Gänsehaut, wich einen Schritt zurück und sah mich misstrauisch um. Mauern aus Stein, das Dach mit Stroh gedeckt. Es roch nach Schimmel und frisch gebackenem Brot. Die Tür bestand aus schwerem, verwittertem Holz, in das die stilisierten Schneeflocken, die ich schon einmal bei Maeve gesehen hatte, geschnitzt waren. Also wohnte hier die Mutter des Winters. Wenn sie Mab ähnlich war, dann besaß sie genügend Macht, um jedem Magier die Hosen schlottern zu lassen. Ihre Macht umgab sie wie eine Aura, wie die Körperwärme. Nur, dass es ein gewaltiger Körper sein musste, wenn ich seine Ausstrahlung noch durch die Steinwände und die massive Tür spüren konnte. Ich schluckte schwer.
    Als ich die Hand hob und anklopfen wollte, ging die Tür von selbst auf, und sogar die Scharniere quietschten, wie es sich für einen richtigen Horrorfilm gehört.
    »Komm rein, mein Junge, wir haben dich erwartet«, krächzte eine leise Stimme.
    Jetzt musste ich sogar zweimal schlucken. Ich wischte mir die Hände an den Jeans ab und vergewisserte mich, dass ich Stab und Stock fest gepackt hatte, bevor ich über die Schwelle ins Zwielicht des Häuschens trat.
    Es gab nur einen einzigen Raum. Der Boden war mit Holz ausgelegt, die Bretter wirkten verwittert und morsch. An den Wänden standen Regale, in der hinteren Ecke am Kamin entdeckte ich einen Webstuhl, daneben ein Spinnrad. Vor dem Kamin wiegte sich jemand in einem quietschenden Schaukelstuhl. Verloren hockte dort eine mit Umhängen und Kapuze verhüllte Gestalt, so dass man meinen konnte, jemand hätte nur leere Decken und Tücher drapiert. Auf dem Kaminsims lagen mehrere Gebisse, mehr oder weniger von menschlicher Größe. Eines war ganz schlicht, weiß und ebenmäßig. Das zweite war verfault, die Schneidezähne angeschlagen, ein Backenzahn abgebrochen. Die Zähne des dritten Gebisses waren spitz und hatten rostrote Flecken, dazwischen steckten anscheinend verweste Fleischbrocken. Das letzte bestand aus silbrigem Metall, das glänzte wie ein Schwert.
    »Interessant«, krächzte die Person im Schaukelstuhl. »Höchst interessant. Spürst du es auch?«
    »Äh«, machte ich.
    Auf der anderen Seite der Hütte machte jemand energisch »Ts-ts«, und ich drehte mich sofort herum. Eine vom Alter gebeugte Frau blies den Staub von den Regalen und wischte mit einem Tuch darüber, ehe sie die Flaschen und Krüge zurückstellte. Sie drehte sich um und beäugte mich mit funkelnden grünen Augen in einem alten, aber rosigen Gesicht. »Natürlich spüre ich es. Das arme Kind. Er ist auf einem dornigen Weg geschritten.« Die alte Dame kam zu mir und nahm mein Gesicht in beide Hände, um mich ausgiebig zu betrachten. »Er hat auch ein paar Narben. Streck mal die Zunge raus, mein Junge.«
    Ich blinzelte. »Äh?«
    »Streck die Zunge raus«, wiederholte sie energisch. Ich gehorchte. Sie inspizierte meine Zunge und den Hals. »Aber er ist kräftig, und er kann manchmal sogar klug sein. Es scheint, als hätte deine Tochter eine gute Wahl getroffen.«
    Ich schloss den Mund, und sie gab meinen Kopf wieder frei. »Dann bist du also die Mutter des Sommers?«
    Sie strahlte mich an. »Ja, mein Lieber. Und das dort ist die Mutter des Winters.« Sie deutete zum Stuhl am Kamin. »Nimm es nicht persönlich, wenn sie nicht aufsteht. Es ist nicht die richtige Jahreszeit für sie. Reich mir mal den Besen da.«
    Ich blinzelte verdutzt, dann gab ich ihr den klapprigen alten Besen mit dem knorrigen Stiel. Die alte Dame nahm ihn und begann sofort, den staubigen Boden zu fegen.
    »Pah«, flüsterte die Wintermutter. »Der Staub wird immer wieder zurückkommen.«
    »Aber es geht ums Prinzip«,

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