Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feenzorn

Feenzorn

Titel: Feenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
Vom Netzwerk:
erwiderte die Mutter des Sommers. »Ist es nicht so, mein Junge?«
    Ich nieste und murmelte etwas Unverbindliches. »Verzeiht mir, meine Damen, aber ich wüsste gern, ob ihr mir ein paar Fragen beantworten könnt.«
    Die Mutter des Winters drehte unter der Kapuze den Kopf ein wenig in meine Richtung. Die Sommermutter hielt inne und beäugte mich mit grasgrünen, funkelnden Augen. »Du willst Antworten haben?«
    »Ja«, erwiderte ich.
    »Wie kannst du Antworten erwarten, wenn du nicht einmal die richtigen Fragen kennst?«, keuchte die Mutter des Winters.
    »Äh«, sagte ich wieder einmal. Ich war mal wieder die Brillanz in Person.
    Die Mutter des Sommers schüttelte den Kopf. »Wie wär’s mit einem Tauschgeschäft?«, schlug sie vor. »Wir stellen dir eine Frage, und als Ausgleich für deine Antwort werden wir dir die Antworten geben, die du suchst.«
    »Ich will euch nicht zu nahe treten, aber ich bin nicht hergekommen, damit ihr mir Fragen stellt.«
    »Wirklich nicht?«, widersprach die Mutter des Sommers. Sie fegte ein Häuflein Staub an mir vorbei und zur Tür hinaus. »Woher weißt du das?«
    Auch Mutter Winter schaltete sich mit rasselndem Flüstern und offenbar empört wieder ein. »Sie schnattert den ganzen Tag. Beantworte unsere Fragen oder verschwinde.«
    Ich holte tief Luft. »Na schön«, sagte ich. »Dann fragt.«
    Mutter Winter kehrte dem Feuer den Rücken. »Es ist ganz einfach. Sag uns, was wichtiger ist, der Körper…«
    »… oder die Seele«, vollendete die Sommermutter den Satz. Dann verstummten beide, und ich spürte ihre Aufmerksamkeit, als hätte mir jemand eine Messerspitze an den Hals gesetzt.
    »Das kommt wohl darauf an, wer diese Frage an wen richtet«, erwiderte ich schließlich.
    »Wir fragen«, flüsterte Mutter Winter.
    Die Mutter des Sommers nickte. »Und wir fragen dich.«
    Ich dachte einen Augenblick angestrengt nach, ehe ich ihnen antwortete.
    Was ich dann sagte, fand ich sogar selbst erschreckend.
    »Wäre ich alt und krank und läge im Sterben, dann würde ich wohl die Seele für wichtiger halten. Wäre ich dagegen ein Mann, der am Marterpfahl verbrannt werden soll, damit seine Seele gerettet werde, dann würde ich den Körper für wichtiger halten.«
    Auf meine Worte folgte ein langes Schweigen. Unruhig scharrte ich mit den Füßen.
    »Gut gesprochen«, keuchte Mutter Winter endlich.
    »Kluge Worte«, stimmte die Mutter des Sommers zu. »Warum hast du diese Antwort gegeben?«
    »Weil es eine dumme Frage ist. Die Antwort ist nicht einfach dieses oder jenes.«
    »Genau«, stimmte Mutter Sommer zu. Sie ging zum Feuer und zog mit einem langen Griff ein Backblech heraus, auf dem ein runder Brotlaib lag, den sie zum Abkühlen in ein Regal legte. »Das Kind sieht, was sie nicht sieht.«
    »Das liegt nicht in ihrer Natur«, murmelte Mutter Winter. »Sie ist, was sie ist.«
    Mutter Sommer seufzte nickend. »Es sind seltsame Zeiten.«
    »Wartet mal«, unterbrach ich sie. »Über welche ›sie‹ redet ihr? Doch nicht über Maeve?«
    Mutter Winter gab ein leises Keuchen von sich, das vielleicht ein Lachen war.
    »Ich habe eure Frage beantwortet«, sagte ich. »Jetzt seid ihr an der Reihe.«
    »Nur Geduld, mein Junge«, antwortete mir Mutter Sommer. Sie nahm neben dem Kamin einen Kessel vom Haken und schenkte Tee in zwei Tassen. Dann gab sie Honig und Sahne hinein und reichte eine der Tassen Mutter Winter.
    Ich wartete, bis sie einen Schluck getrunken hatten. »Also gut, allmählich ist meine Geduld erschöpft. Ich kann es mir nicht erlauben, länger zu warten. Heute ist Mittsommer. Ab heute Abend neigt sich das Gleichgewicht wieder zum Winter, und Maeve wird versuchen, den Steintisch zu benutzen, um den Umhang des Sommerritters zu stehlen und ihn für immer zu ihrem Eigentum zu machen.«
    »In der Tat. Das muss um jeden Preis verhindert werden.« Mutter Sommer zog die Augenbrauen hoch. »Aber wie lautet deine Frage?«
    »Wer hat den Ritter des Sommers getötet? Wer hat seinen Umhang gestohlen?«
    Mutter Sommer schenkte mir einen enttäuschten Blick und nippte an ihrem Tee.
    Mutter Winter hob den Tee zur Kapuze. Ihre Hand war welk, die Finger waren bläulich verfärbt. Sie ließ die Tasse sinken und sagte: »Du stellst eine dumme Frage, mein Junge. Dabei bist du doch sonst so klug.«
    Ich verschränkte die Arme vor der Brust. »Was soll das denn nun wieder bedeuten?«
    Mutter Sommer sah Mutter Winter mit gerunzelter Stirn an. »Es bedeutet, dass das Wer nicht so wichtig ist wie das

Weitere Kostenlose Bücher