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Feenzorn

Feenzorn

Titel: Feenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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– nicht gefährlich, aber störend, und jede war einzigartig und ganz anders als alle anderen.
    Nur eines hatten alle anderen Magier gemeinsam, nämlich die Tatsache, dass keiner so heruntergekommen war wie ich.
    Ganz rechts blieb ein mit Seilen abgesperrter Bereich des Saales den Gesandten verschiedener Organisationen von Verbündeten und übernatürlichen Interessensvertretern vorbehalten. Die meisten waren mir nicht einmal flüchtig bekannt. Hier und dort standen weitere Hüter an Stellen, von denen aus sie die Menge gut überblicken konnten. Ihre grauen Gewänder hoben sich zwischen all den schwarzen und braunen Roben deutlich ab, aber irgendwie stachen nicht einmal sie so sehr ins Auge wie ich mit meinem verschlissenen blauweißen Flanellbademantel. Fast jeder, an dem ich vorbeikam, bedachte mich mit einem beleidigten Blick – die meisten waren weißhaarige ältere Magier. Ein oder zwei Lehrlinge, die fast so alt waren wie ich, hielten sich die Hände vor die Münder, um ihr Grinsen zu verbergen. Ich sah mich nach einem freien Stuhl um, konnte jedoch keinen entdecken, bis ich Ebenezar bemerkte, der mir winkte. Er saß an einem Tisch ganz vorn in der ersten Reihe direkt vor der Bühne und nickte in Richtung des Stuhls neben ihm. Da es der einzige freie Platz war, folgte ich seiner Einladung.
    Auf der Bühne standen sieben Rednerpulte, an sechs davon hatten sich bereits die Mitglieder des Ältestenrats in dunklen Roben mit purpurnen Stolen eingerichtet. Indianerjoe Lauscht dem Wind und Martha Liberty waren unter ihnen. Am mittleren Pult stand der Merlin des Weißen Rates, ein großer, breitschultriger Mann mit blauen Augen, glänzendem weißem Haar, das bis über die Schultern wallte, und einem silbernen Rauschebart. Der Merlin sprach mit grollendem Bass in lateinischen Sätzen, die ihm so mühelos über die Lippen kamen, als wäre er ein römischer Senator.
    »… et, quae cum ita sint, censo iam nos dimittere rees cottidianas et de magna re gravi delibarere – id test, illud bellum contra comitatum rubrum. « Und angesichts der Umstände möchte ich auf die üblichen Formalitäten verzichten, um sogleich über die wichtigste Angelegenheit zu diskutieren – den Krieg mit dem Roten Hof. »Consensum habemus?« Sind alle einverstanden?
    Unter den anwesenden Magiern erhob sich zustimmendes Gemurmel. Ich hielt es nicht für notwendig, mich ebenfalls zu äußern, sondern versuchte, möglichst unauffällig den Platz neben Ebenezar einzunehmen. Doch die hellblauen Augen des Merlin richteten sich auf mich und wurden kalt und hart. Er redete weiter, und obwohl ich wusste, dass er völlig verständliches Englisch sprechen konnte, wandte er sich in fließendem, makellosem Latein an mich, doch seine perfekte Beherrschung der Sprache wirkte sich nun zu seinem Nachteil aus. Ich konnte ihn wider Erwarten gut verstehen. »Ah, Magus Dresdenus. Prudenter ades nobis dum de bello quod inceperis diceamus. Ex omniparte ratio tua pro hoc comitatu nobis placet.« Ah, Magier Dresden, wie klug es ist, dass Sie sich an der Diskussion über den Krieg beteiligen, den Sie begonnen haben. Gut zu wissen, dass Sie so viel Achtung für diesen Rat empfinden.
    Während der letzten Bemerkung betrachtete er vielsagend meinen verschlissenen alten Bademantel und achtete sehr genau darauf, dass all jene im Raum, die noch nichts bemerkt hatten, spätestens jetzt auf mich aufmerksam wurden. So ein Schweinehund. Er ließ das Schweigen nach seinen Worten wirken, und nun war ich an der Reihe, ihm zu antworten. Ebenfalls auf Latein. So ein Riesenschweinehund.
    Aber es war meine erste Ratssitzung als Vollmagier, und immerhin war er der Merlin. Ich sah wirklich ziemlich übel aus, außerdem warf Ebenezar mir einen warnenden Blick zu. Daher schluckte ich eine hitzige Antwort herunter und versuchte es mit Diplomatie.
    »Äh«, sagte ich. »Ego sum miser, Magnus Merlinus. Dolor diei longi me tenet. Opus es mihi altera, äh, vestiplicia.« Entschuldigung, Großer Merlin, ich hatte einen sehr langen Tag. Ich hätte gern mein anderes Gewand angezogen.
    Jedenfalls wollte ich dies sagen. Anscheinend hatte ich etwas falsch konjugiert, denn als ich geendet hatte, blinzelte der Merlin mich gar nicht so unfreundlich an. »Quod est?« Ebenezar zuckte zusammen und fragte mich flüsternd: »Grünschnabel, bist du sicher, dass ich nicht für dich übersetzen soll?«
    Ich winkte ab. »Das schaffe ich schon.« Dann konzentrierte ich mich, um die richtigen Worte für meine

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