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Feenzorn

Feenzorn

Titel: Feenzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Schneeflocke in der Größe eines Esstisches. Der Thron war leer.
    Der Schlagzeuger spielte gerade ein kurzes Solo, und dann hörten alle Musiker bis auf einen zu spielen auf und sanken erschöpft auf ihre Stühle. Zwei brachen sogar auf dem Boden zusammen. Nur der erste Trompeter blieb stehen und spielte ebenfalls ein Solo, zu dem die Winterlords tanzten. Er war um die vierzig, hatte ein wenig Übergewicht und ein stark gerötetes Gesicht, das purpurn anlief, während er sein Stück schmetterte.
    Auf einmal unterbrachen die Sidhe schlagartig ihren Tanz. Dutzende schöne Gesichter drehten sich um und sahen dem Solisten zu, ihre Augen schimmerten im gedämpften Licht. Der Mann spielte weiter, aber irgendetwas stimmte nicht. Sein Gesicht färbte sich immer dunkler, auf seiner Stirn und am Hals pochten Adern. Schließlich riss er die Augen weit auf, die Augäpfel traten hervor, und er begann zu zittern. Die Musik brach ab. Er riss sich von der Trompete los und schnappte keuchend nach Luft, konnte jedoch nicht genug Atem schöpfen. Schließlich zuckte er, verkrampfte sich am ganzen Körper und verdrehte die Augen. Die Trompete entglitt seinen Fingern, er sank auf die Knie und kippte seitlich um. Der Aufprall hatte etwas Endgültiges, seine Augen waren offen, der Blick leer. Noch einmal zuckte er, und es rasselte in seiner Kehle, dann war er still.
    Ein Murmeln lief durch die Reihen der Sidhe. Sie teilten sich und machten jemandem, der durch ihre Mitte schritt, mit tiefen Verneigungen und Knicksen Platz. Ein großes Mädchen ging langsam zu dem toten Musiker. Ihr Gesicht war bleich, strahlend, perfekt – eine jugendliche Kopie von Mab. An dieser Stelle endete die Ähnlichkeit auch schon.
    Sie wirkte jung. Jung genug, um in einem Mann Schuldgefühle zu erzeugen, wenn er auf gewisse Ideen kam, aber alt genug, um solche Ideen zu wecken. Ihre Haare hatte sie zu langen Dreadlocks geflochten, jede in einer anderen Farbe. Die Bandbreite reichte von Lavendel über Hellblau und Grün bis zu reinem Weiß. Fast konnte man meinen, ihr Haar sei aus Gletschereis geformt. Sie trug eine dunkelblaue lederne Hose, deren Beine an den Seiten von den Waden bis zur Hüfte mit Riemen zusammengehaltene Schlitze hatten, und dazu passende Stiefel. Unter dem engen weißen T-Shirt zeichneten sich ihre Brustwarzen ab, und darüber war der Schriftzug »SCHLAGT IHM DEN KOPF AB« aufgedruckt. Sie hatte das T-Shirt gekürzt, so dass ein großer Teil des Bauchs entblößt war. In ihrem Bauchnabel glitzerte etwas Silbernes.
    Mit fließenden, anmutigen Schritten näherte sie sich dem Musiker. Dabei strahlte sie eine beiläufige Sinnlichkeit aus, die mir einen Schauer nach dem anderen über den Rücken jagte. Sie setzte sich rittlings auf ihn und kratzte ihm mit langen, schimmernden Fingernägeln über die Brust. Er rührte sich nicht und atmete auch nicht mehr.
    Das Mädchen leckte sich die Lippen und lächelte leicht. Dann beugte sie sich vor und küsste seine toten Lippen. Sie schauderte genießerisch. »Da«, murmelte sie. »Siehst du? Niemand soll sagen können, Lady Maeve hielte nicht, was sie versprochen hat. Ich sagte doch, du würdest sterben, um so gut zu spielen, armes Geschöpf. Das hast du jetzt getan.«
    Die versammelten Sidhe seufzten wie aus einem Munde und applaudierten begeistert. Maeve sah sich über die Schulter zu ihnen um und hob stolz das Kinn. Dann richtete sie sich wieder auf und verneigte sich nach links und rechts vor dem applaudierenden Publikum. Als sie sich von der Leiche entfernte und zu den Tischen auf den Terrassen schritt, erstarb der Beifall. Leichtfüßig stieg sie hinauf, bis sie den großen silbernen Thron erreichte. Sie ließ sich darauf fallen, drehte sich zur Seite und ließ die Beine über die Armlehne baumeln. Dann bog sie den Rücken durch und streckte sich. »Meine Lords und Ladys, wir wollen unseren armen überanstrengten Musikern eine kleine Pause gönnen, damit sie wieder zu Kräften kommen. Außerdem haben wir Besuch.«
    Die Sidhe kehrten zu den Tischen auf den Terrassen zurück und nahmen nacheinander Platz. Ich blieb schweigend stehen, wo ich war. Während sie sich niederließen, richteten sie ihre unsterblichen, schimmernden Augen auf mich.
    Als alle saßen, trat ich vor und überquerte die Tanzfläche, bis ich vor den Terrassen stand. »Die Winterlady, nehme ich an«, sagte ich und nickte höflich.
    Maeve schenkte mir ein Lächeln, sie bekam dabei sogar ein Grübchen, und wippte mädchenhaft mit einem

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