Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fehlfunktion

Fehlfunktion

Titel: Fehlfunktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
Vom Netzwerk:
ihm aufsteigen.
    Als es am Ende des zweiten Tages dunkel wurde, saß Murphy am Heck, hielt das Ruder, das sie provisorisch instand gesetzt hatten, und tat sein Bestes, um das Boot in der Mitte des Flusses zu halten. Wenigstens mußte er bei dieser Aufgabe nicht sein schmerzendes, steifes Knie belasten, obwohl seine linke Hand nicht in der Lage war, den Ruderbaum zu halten. Die feuchte Luft vom Fluß ließ seine Kleidung unbehaglich klamm werden.
    Er sah, wie Louis Beith nach hinten kam. Er trug eine Flasche bei sich. Ein nanonisches Medipack lag wie ein breites Band um seinen Arm, wo Jacqueline Couteur ihm den Knochen gebrochen hatte. Es leuchtete schwach im infraroten Spektrum.
    »Ich hab’ Ihnen ein wenig Saft gebracht«, sagte Louis. »Direkt aus dem Kühler.«
    »Danke.« Murphy nahm den Becher, den Beith ihm hinhielt. Mit den auf Infrarot geschalteten Retinaimplantaten schimmerte die Flüssigkeit, die er aus der Flasche goß, so tief dunkelblau, daß sie beinahe schwarz aussah.
    »Niels unterhält sich wieder einmal mit seinen Dämonen«, sagte Louis leise.
    »Wir können nicht viel dagegen tun, außer ein Schlafprogramm in seine neurale Nanonik zu laden.«
    »Ja, aber Lieutenant, was er sagt – es klingt so, als wären diese Dämonen real, wissen Sie? Ich dachte immer, wenn Menschen Halluzinationen haben, dann geben sie wirres Zeug von sich. Aber Niels ist mir so unheimlich, daß ich dauernd über die Schulter nach hinten sehe.«
    Murphy nahm einen Schluck Saft. Er war eiskalt und betäubte seine Kehle. Einfach perfekt. »Tatsächlich so schlimm? Ich könnte ihn vielleicht betäuben, was meinen Sie?«
    »Nein, nicht schlimm. Es ist nur verdammt unheimlich, Sir, nach allem, was wir gesehen und erlebt haben, wissen Sie?«
    »Ich denke, diese elektronische Kriegführung des Feindes beeinflußt unsere neuralen Nanoniken stärker, als wir selbst uns eingestehen wollen.«
    »Ja?« Louis’ Miene hellte sich auf. »Vielleicht haben Sie recht, Sir.« Er stand da, hatte die Hände in die Hüften gestemmt und blickte nach Westen. »Mann, das ist vielleicht ein Meteoritenschauer! Ich habe noch nie einen so deutlichen gesehen!«
    Murphy blickte in den wolkenlosen Nachthimmel hinauf. Hoch über dem Bug der Isakore fielen die Sterne aus ihren festen Konstellationen herab. Ein langer, breiter Streifen von Sternen schillerte und blinkte. Es sah so malerisch aus, daß Murphy unwillkürlich lächeln mußte. Und der Streifen wurde noch breiter, als weitere Sterne auf die Atmosphäre prallten und nach Osten rasten. Offensichtlich handelte es sich um einen gewaltigen Schwarm, der aus dem interplanetaren Raum hereinkam, die Überreste von irgendeinem ausgebrannten Kometen, der Millennien zuvor zerfallen war. Die am weitesten entfernten Meteoriten entwickelten gewaltige Kondensstreifen auf dem Weg nach unten. Sie rasten einen weiten Weg durch die Atmosphäre, wenigstens Dutzende von Kilometern. Murphys Grinsen verblaßte. »O mein Gott!« würgte er fast unhörbar leise hervor.
    »Was denn?« fragte Louis fröhlich. »Ist das nicht ein wunderbarer Anblick? Wow! Ich könnte die ganze Nacht hinsehen!«
    »Das sind keine Meteoriten.«
    »Was?«
    »Das sind keine Meteoriten! Scheiße!«
    Louis blickte ihn alarmiert an.
    »Das sind gottverdammte kinetische Harpunen!« Murphy rannte zum Bug, so schnell es sein verletztes Knie zuließ. »Sichert euch!« rief er. »Haltet euch irgendwo fest, so gut ihr könnt! Sie kommen direkt über uns herunter!«
    Der Himmel über ihren Köpfen wurde taghell, die Schwärze der Nacht verdrängt von einem sich ausbreitenden Fleck aus Azurblau. Die Kometenschweife im Westen waren mit einemmal zu grell, um direkt hinzusehen. Sie wurden mit erschreckender Geschwindigkeit länger, wie Risse aus Sonnenlicht, die eine schwarze Wand durchzogen.
    Kinetische Harpunen waren die Standardwaffe der Konföderierten Navy für taktische nicht-atomare Oberflächenbombardements. Ein widerstandsfähiger Splitter aus gehärtetem, hitzebeständigem Komposit, einen halben Meter lang, nadelspitz, manövriert von einem Kreuzkranz aus Leitwerken am Ende, gesteuert von einem Prozessorblock mit einem vorprogrammierten Flugvektor. Sie trugen keine Sprengkörper, keine Energieladungen, nichts. Sie zerstörten ihre Ziele allein durch ihre Geschwindigkeit.
     
    Die Ilex beschleunigte mit acht g in Richtung Lalonde und folgte einer präzisen hyperbolischen Flugbahn. Zwölfhundert Kilometer über Amarisk erreichte sie den Apex,

Weitere Kostenlose Bücher