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Fehlschuss

Fehlschuss

Titel: Fehlschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Geller
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unterwegs gewesen
sein. Die Aussage des Pförtners und die Reaktion von Tönnessen auf die Frage
nach dem Industriegebiet reichten ihr als Bestätigung.
    Es war stickig geworden in dem kleinen Raum, und Susanne öffnete jetzt
eines der Fenster weit. Klippstein sah sie dankbar an.
    „Okay, er spaziert also mit ihr im Industriegebiet rum, dann erkundigt
er sich im Krankenhaus nach ihr“, überlegte Hellwein laut. Ich denke mal, er
wollte sich tatsächlich vergewissern, ob er ganze Arbeit geleistet hat.“
    „Wenn sie ihm abgehauen ist, konnte ihm sicher nichts Besseres
passieren, als dass sie abkratzt. Nur weiß er nicht, ob sie vorher noch was
sagen konnte.“ Susanne blickte die drei Männer der Reihe nach an. „Frage: Ist
das auch der Liebhaber, von dem Tönnessen gesprochen hat?“
    Einhelliges Nicken.
    „Gut, sehe ich zunächst mal auch so. Also, wir konzentrieren uns auf
folgende Punkte: Wer ist dieser Mann? — Heinz, setz dich morgen mit der Sitte
zusammen. Ich will wissen, wer für Tönnessen arbeitet. Und dann will ich Namen
von Freiern. Es würde mich nicht wundern, wenn Lautmann ihre Liebhaber aus
diesem Kreis rekrutiert hat. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass sie von
mehreren gesprochen hat. Wer also sind der oder die anderen? Zweitens: Wo hat
Lautmann sich drei Wochen versteckt? Wir müssen uns die Hotels und Pensionen
vornehmen. Und wir werden die Presse bitten, uns zu helfen. Auch das übernimmst
du, Heinz, heute noch. Drittens müssen wir uns fragen, ob es wirklich möglich
ist, dass ein Mensch über Jahre hinweg nur aus zwei Koffern lebt. Hat sie
tatsächlich keinerlei anderen persönlich Besitz? Wir müssen das mit Verwandten
und Freunden von ihr durchgehen. Viertens: Wo ist sie so zugerichtet worden? —
Klippstein, Müller, ihr werdet im Industriegebiet jeden Stein umdrehen. Vor
allem der Wohnblock ist wichtig. Und dann wäre da noch zu klären, was unser
Freund von Lautmann erpressen wollte. Wir brauchen ein Motiv.“
    Die Kommissarin holte tief Luft, ehe sie ihre Rede zum Abschluss
brachte. „Und noch einen Aspekt sollten wir nicht vergessen: Wieso ruft sie
ausgerechnet nach dieser Berndorf?“

Dreizehn
     
    „Könnten Sie
… könnten Sie zu mir kommen?“
    Verschlafen blinzelte Chris auf den Wecker neben seinem Bett. Halb
vier in der Früh — von welchem Tag, verdammt? Er versuchte irgendwie, sein
Gehirn in Gang zu bringen.
    „Sind Sie noch da?“ Die Stimme von Karin am anderen Ende der Leitung
zitterte kaum merklich.
    „Hmh“, knurrte Chris.
    Ah ja! Montag! Montag früh. Und er hatte wunderbar geträumt.
    „Was ist los, zum Teufel?“
    „Ich … ich glaube, ich brauche Sie hier … bitte!“
    Mit einem Schlag wer er hellwach. Das klang nicht gut, gar nicht gut.
    „Ich bin in zwanzig Minuten da!“, rief er und sprang aus dem Bett.
    Jeans, Lederjacke über das abgeliebte T-Shirt, das er zum Schlafen
trug, Schuhe, das musste reichen. Er war schon an der Tür, als ihm die alte
38er einfiel. Wenn er sie auch noch nie benutzt hatte — sie vermittelte ein
beruhigendes Gefühl. Er ließ die Pistole im Hosenbund verschwinden und spurtete
die Treppen hinunter.
    Und schon wieder hatte er vergessen, das Auto abzuschließen.
Mindestens zwei Mal die Woche passierte ihm das. So sehr er im Büro Ordnung
hielt, auf peinlich genau geführten und vollständigen Akten bestand, so chaotisch
gestaltete sich oft sein Privatleben. Das Problem waren nicht nur die ständigen
Abfallberge. Er suchte sich auch halb tot nach Büchern oder CDs, weil er sie
ohne jedes System einfach da ins Regal stellte, wo Platz war. Er kaufte Brot
und Belag, aber keine Butter, weil er zwar einen Einkaufszettel schrieb, ihn
dann aber auf dem Küchentisch liegenließ. Er wunderte sich über himmelblaue
Unterwäsche, bis er auf die blaue Socke stieß, die irgendwie mit in die
Maschine geraten war. Und vor wenigen Wochen erst hatte er den verlegten
Autoschlüssel im Brotkasten gefunden. Dass der Wagen manchmal nicht
abgeschlossen war, rundete das Bild nur ab. Aber, na ja, wer würde schon einen
Nissan Baujahr ´96 mit jeder Menge Roststellen klauen? In letzter Zeit hatten sie
sich so explosionsartig ausgebreitet wie Windpocken. Natürlich war auch dieser
Wagen Anne ein Dorn im Auge gewesen. Genauso wie sein Umgang und seine
Kleidung.
    Die Stadt schien wie ausgestorben. Sogar hier auf der Kanalstraße, der
wichtigsten Ost-West-Verbindung der Stadt, bewegten sich nur wenige
Scheinwerfer geisterhaft durch die Nacht. Es

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