Feind des Feindes
Mißgeschicken gewesen.
Er war noch vor dem Abitur vom Gymnasium abgegangen. Anschließend hatte er sich, was damals noch möglich war, bei der Küstenartillerie anwerben lassen, hatte allerdings auch dort nach nur zehn Monaten aufgegeben, der kürzesten möglichen Vertragszeit.
Dann bewarb er sich bei der Polizeischule und wurde natürlich angenommen. Nachdem er Polizist geworden war, heiratete er. Die Ehe wurde ebenfalls ein Mißerfolg. Er landete mit rückständigen Unterhaltszahlungen in einer kleinen möblierten Bude.
Danach bewarb er sich bei der Seekriegsschule, wurde natürlich angenommen, und als er sie als wehrpflichtiger Fähnrich verließ, wurde er wieder Polizist, fuhr einen Streifenwagen und kümmerte sich um Selbstmorde und häusliche Schlägereien.
Anschließend bewarb er sich bei der UNO und wurde selbstverständlich wieder angenommen. Er bummelte auf Zypern im Rang eines Leutnants herum, und zu diesem Zeitpunkt hatte schon irgendein heller Kopf von Talentsucher bei der Sicherheitspolizei die Augen auf ihn geworfen, aber aus völlig andersartigen Gründen, und ihn als honorarfreien Denunzianten angeworben, mit der Zusage, ein gutes Wort für ihn einzulegen, falls er sich später bei der Firma bewerben wolle.
Nach der Rückkehr aus Zypern Bewerbung beim Ausländerdezernat der Polizei, selbstverständlich wieder angenommen.
Dort verhörte er amerikanische Deserteure aus Vietnam, und für diesen Job mußte er wohl genauso ungeeignet gewesen sein wie für die Arbeit bei der Sicherheitspolizei, bei der er wider alle Vernunft ein Jahr später angenommen wurde. Sogar direkt beim Russenbüro.
Es hatte zwar einige warnende Memoranden über den unbeherrschten UNO-Offizier gegeben, doch die waren irgendwo bei der Säpo verschwunden.
Bei der Säpo begann er seine Karriere damit, daß er ständig zu spät zum Dienst erschien und Fahndungsberichte fälschte, wenn er seine Ablösungstermine verpaßte. Man erwischte ihn dabei, beließ ihn aber im Amt.
Die diesbezüglichen Aktennotizen waren auf unbekannte Weise verschwunden.
Er flüchtete sich in eine neue Dienstzeit bei der UNO und wurde dort wieder gegen alle Vernunft Sicherheitsoffizier. Wahrscheinlich wurde er in der Zeit von den Russen angeworben oder verkaufte sich selbst an sie. Doch darauf kam es gar nicht an: Er war ein klassisches Sicherheitsrisiko.
Nach der Rückkehr von dem neuen Dienst bei der UNO suchte er eine Anstellung bei der Sicherheitsabteilung des Generalstabs, was sämtliche Alarmglocken auf einmal hätte läuten lassen müssen.
Der Chef dieser Abteilung jedoch, ein Kapitän, der später gefeuert wurde, weil er selbst Alkoholiker und ein Sicherheitsrisiko war, stellte ihn ein.
Allerdings hatte der Kapitän sich tatsächlich bei der Firma rückversichert, bevor er seinen sowjetischen Spion einstellte. Er hatte nämlich mit dem Chef der Sicherheitspolizei höchstpersönlich telefoniert, der um diese Zeit schon ein allseits bekannter Irrer war, und der hatte dem Spion ein hervorragendes Zeugnis ausgestellt.
Da der Chef der Sicherheitsabteilung so gut wie ständig betrunken war, mußte sich der Spion wie im Schlaraffenland gefühlt haben. Er hatte ein Kopiergerät direkt vor seinem Dienstzimmer und besaß jetzt überdies als Offizier des Sicherheitsdienstes der Streitkräfte das Recht, so gut wie alle geheimen Akten der Abteilung einzusehen.
Überdies vergaß der betrunkene Kapitän, seinen Panzerschrank abzuschließen, als er in Urlaub fuhr, so daß der Spion keine Mühe hatte, sämtliche dann befindlichen Akten zu fotokopieren. Carl wußte nicht, ob er weinen oder lachen sollte. Bei der Sicherheitsabteilung gefeuert. Weil er den Dienst zu oft schwänzte. Und als es soweit war, dürften sie auch beim GRU nicht gewußt haben, ob sie lachen oder weinen sollten. Selbstverständlich bekam er jedoch seinen alten Job bei der Firma zurück. Woraufhin er sofort dienstfrei nahm, um sich erneut bei der UNO zu verdingen. Er flog in den Nahen Osten, soff und prügelte sich herum - soweit bekannt, ausschließlich mit Frauen. Würgte mal die eine, mal die andere.
Sein Führungsoffizier bei der GRU-Station in Beirut hieß Sergej Alexandrowitsch Jermolajew; Genosse Jermolajew dürfte an seinem Untergebenen nicht allzuviel Vergnügen gehabt haben.
Anschließend versuchte Sandström, einen schwedischen General zu erpressen, der darauf selbstverständlich ein paar gepfefferte Aktennotizen schrieb - die wiederum bei der Säpo verschwanden.
Dann
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