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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Abteilung noch nicht erreicht. Ja, es ist wichtig genug. Carl kommt in die Stadt.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja, ich rufe ihn heute zurück, so daß er übermorgen mit der SAS-Maschine ankommen dürfte.«
    »Warum?«
    »Die Sache ist erledigt, und das kann man doch Timing nennen. Dann können wir ihn selbst ernennen, bevor die Bourgeois, wie du dich ausdrückst, ihre Nase auch in unsere Personalpolitik stecken.«
    Der Alte antwortete nicht.
    »Hallo, bist du noch da?« fragte Samuel Ulfsson schließlich.
    »Ja, ich bin noch da. Ja.«
    »Es gibt eine Menge zu besprechen. Wie ich höre, interessiert sich Borgström für den Job. Ja, verstehst du die Konsequenzen?«
    »Der ist doch kaum qualifiziert.«
    »Nein, aber für unseren neuen Verteidigungsminister dürfte er bestimmt konservativ genug sein.«
    »Gott steh uns bei.«
    »Hör mal, verzeih einem alten Heiden, aber ich finde es besser, wenn wir die Angelegenheit selbst erledigen. Du kommst also?«
    »Ja, ich komme. Wie du schon gesagt hast, es dürfte wohl eine Menge zu besprechen geben.«
    Samuel Ulfsson schrieb per Hand den Abberufungsbefehl und bat seine Sekretärin, dafür zu sorgen, daß er am folgenden Tag mit der Diplomatenpost hinausging.
    Dann stürzte er sich in seine Vorbereitungen für einen Vortrag beim Oberbefehlshaber, der ihm sehr leicht von der Hand gehen würde. Die Chefposition für die operative Einheit des SSI fiel in die Zuständigkeit des Oberbefehlshabers, und jetzt würde man die Ernennung eines Nachfolgers erledigen können, bevor der konservative Parteiführer angestiefelt kam, um seine Vorstellungen durchzusetzen.
    Obwohl es keineswegs sicher war, daß er gegen die Ernennung Carls irgendwelche Einwände erheben würde. Immerhin gab es keinerlei Anlaß, Carls politischen Hintergrund zu betonen, und aus reinen Personalgründen war Carl unleugbar besonders gut geeignet, die beiden neuen Operateure zu führen. Doch wenn man mit Politikern zu tun hat, kann man nie vorsichtig genug sein, dachte Samuel Ulfsson Wir müssen das Eisen schmieden, solange es noch heiß ist.
    Schlimmstenfalls würde Borgström sich um die neue Position als Chef des gesamten SSI bemühen, aber dann würde man dagegen argumentieren können, der Chef der Operationsabteilung beim SSI sei ungeeignet, weil die persönliche Chemie mit dem neuen Leiter der OP-Einheit nicht stimme, und da dieser seinen Dienst schon angetreten habe… ja, etwa so.
    Hamilton hätte sein Sandström-As zu keinem günstigeren Zeitpunkt aus dem Ärmel ziehen können.
    Der Regimewechsel hatte unter Umständen größeres Unheil angerichtet, als man hatte akzeptieren können, aber jetzt würde sich die Angelegenheit ohne allzuviel Sand im Getriebe regeln lassen.
    Und ich kann dem Pensionärsdasein mit etwas größerer Ruhe entgegensehen, dachte Samuel Ulfsson.
    Nach drei Tagen unruhigen Wartens, die Carl sich hauptsächlich damit vertrieb, seine beiden älteren Kollegen in dem neuen EDV-System zu trimmen, ereignete sich alles Schlag auf Schlag.
    Kaum hatte die Botschaft den Sowjets routinemäßig mitgeteilt, Carl werde zu Beratungen nach Hause reisen, wurde er zum UWS zitiert. Dort wünschte man eine unverzügliche neue Begegnung mit Carl; das entsprach den diplomatischen Gepflogenheiten, denn nach etwa drei Monaten wurde jeder neue Militärattaché zu einem Gespräch beim UWS gerufen, und bei der zweiten Begegnung, die sozusagen die endgültige Akkreditierung darstellte, pflegte der Oberbefehlshaber persönlich anwesend zu sein.
    Da man davon ausgehen konnte, daß der Oberbefehlshaber ein vielbeschäftigter Mann war, war es um so merkwürdiger, daß er sofort Zeit für ein Zusammentreffen fand, kaum daß die Sowjets von Carls routinemäßiger Heimreise erfahren hatten.
    Carl hatte versucht, das Treffen mit der Begründung abzusagen, er sei dienstlich verhindert, doch das hatte ihm der Botschafter schnell ausgeredet. Dieser hätte nämlich selbst absagen müssen, und für eine derart aufsehenerregende Unhöflichkeit bedurfte es schon sehr guter Gründe.
    Carl ging schnell auf, daß er in der Falle saß. Er durfte dem Botschafter nicht erklären, weshalb er zögerte. Er kam zu dem Schluß, daß es keine Rolle spielte. Die Russen konnten ihn unmöglich unter den Augen eines schwedischen Kollegen liquidieren. Doch, das konnten sie. Sie konnten ihm etwa einen kaum merklichen Nadelstich verpassen, wenn er den Raum betrat oder verließ, und die Krankheit würde vielleicht erst nach drei oder vier Tagen oder

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