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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Sandström ist am Dienstag um 21.03 Uhr verstorben«, erwiderte Samuel Ulfsson, als wäre er nur nach der Uhrzeit gefragt worden. Dann ging er langsam zur Tür, als dächte er schon wieder an etwas anderes, wurde vom OB jedoch natürlich gestoppt.
    »Ist das eine sichere Information? Wissen wir das ganz genau?« hakte der OB nach und ging um Samuel Ulfsson herum, als wollte er ihn fast mit Gewalt daran hindern, den Raum zu verlassen.
    »Ja, wir haben absolut sichere Informationen. Es besteht kein Zweifel.«
    »Ja, aber wie zum Teufel ist das denn gekommen?«
    »Bist du dir völlig sicher, daß du das wissen willst?« sagte Samuel Ulfsson und sah dem obersten Chef der Streitkräfte starr in die Augen.
    Dieser dachte vollkommen reglos fünf Sekunden nach, die Samuel Ulfsson als dreimal so lang erlebte.
    »Ich glaube, das war alles für heute. Danke, Sam, wir sehen uns übermorgen«, sagte der Oberbefehlshaber und ging zu seinem Schreibtisch, als befaßte er sich in Gedanken schon mit etwas anderem.
    Samuel Ulfsson schloß die Tür leise hinter sich. Er spürte ein heftiges Verlangen nach einer Zigarette.

FEIND DES FEINDES

1
    Es ging nicht nur darum, daß es widerwärtige Morde waren, »die mit einem erheblichen und nur schwer zu erklärenden Maß von übermäßiger Gewalt verübt worden sein dürften«, wie die Gerichtsmediziner es formuliert hatten.
    Es waren bislang völlig unerklärliche und unbegreifliche Morde. Es schien zwischen den beiden Opfern keinen natürlichen Zusammenhang zu geben, jedenfalls deutete nichts von dem darauf hin, was man an den ersten zehn Tagen herausgefunden hatte.
    Den beiden war nur gemeinsam, daß sie Jagdflieger des gleichen Luftgeschwaders waren, daß beide gleichzeitig dienstfrei gehabt und sich zu Hause aufgehalten hatten sowie daß sie allem Anschein nach im Verlauf etwa einer Stunde dem gleichen Täter oder den gleichen Tätern zum Opfer gefallen waren.
    Man hatte sie buchstäblich zu Tode geprügelt. In dem Bericht der Gerichtsmediziner hieß es lakonisch, die Männer seien an etwa fünfzehn bis zwanzig Verletzungen gestorben, von denen jede allein tödlich gewesen wäre.
    Beide hatten sich um die Zeit des Verbrechens allein zu Hause aufgehalten, wenn auch aus völlig verschiedenen Gründen. Frau und Kinder des einen Hauptmanns waren bei der Großmutter zu Besuch gewesen.
    Frau und Kinder des zweiten Hauptmanns hatten sich auf einem Kinderfest befunden, und wie sehr man auch suchte und verhörte, ließ sich kein begreiflicher Zusammenhang herstellen. Die beiden Familien kannten sich nicht näher und pflegten jedenfalls keinen privaten Umgang miteinander.
    Beide Morde waren überdies im Wohnzimmer des jeweiligen Reihenhauses verübt worden. Die Luftwaffenoffiziere hatten den Feind folglich ohne Gegenwehr ins Haus gelassen, um dann in unglaublich brutaler Form, die an intensiven Haß und Raserei denken ließ, ermordet zu werden. Und dennoch hatten sie den Täter oder die Täter ohne weiteres eingelassen.
    Kriminalkommissar Rune Jansson war der vor kurzem ernannte Leiter des Dezernats für Gewaltverbrechen in Norrköping und war fast verzweifelt. Jede kleine Erkenntnis war jetzt von Wert, von sehr großem Wert.
    Die Abendzeitung Expressen hatte ihn irgendwie auf die Idee gebracht, obwohl er den Spekulationen dieser Journalisten kaum Glauben schenkte. Das Blatt hatte mit riesigen Schlagzeilen davon gesprochen, daß es sich um einen unverfälschten kriegerischen Akt einer fremden Macht handle, der Sowjetunion nämlich, wie behutsam angedeutet wurde, und daß es sich um eine militärische Racheaktion handeln könne, da anonymen Quellen der Sicherheitspolizei zufolge zwischen den schwedischen und sowjetischen Streitkräften fast so etwas wie ein Kriegszustand herrsche.
    Als Rune Jansson jedoch versucht hatte, bei Sektionschef Näslund von Säk in Stockholm eine Bestätigung der Angaben zu erhalten, hatte dieser nur heftig abgewehrt und erklärt, es handle sich nur um den Versuch des Blattes, die Auflage zu steigern, und nichts anderes. Vermutlich gebe es gar keine der genannten »hochgestellten«, aber anonymen Quellen bei Säk.
    Wie auch immer: Rune Jansson war durch die Lügen des Blatts jedenfalls auf die Idee gekommen. Immerhin gab es Militärs, die Spezialisten für extreme Gewaltanwendung waren, und mit einem von ihnen hatte er selbst einmal zu tun gehabt, nämlich in einem Mordfall, der nie hatte aufgeklärt werden können, der jedoch aufsehenerregend gewalttätig verübt worden

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