Feind des Feindes
war.
Jansson hatte einen komplizierten förmlichen Dienstweg eingehalten, der über den Sicherheitschef des Luftgeschwaders führte, der sich wiederum an irgendein hohes Tier in Stockholm wandte. Anschließend hatte das hohe Tier angerufen und erklärt, man schicke gern ein paar Mann hinunter, jedoch nur unter der Bedingung, daß dies unter gar keinen Umständen zu irgendeiner Form von Publizität oder offenen Berichten bei der Voruntersuchung führen dürfe.
Hamilton, der jetzt neben ihm auf dem Beifahrersitz saß, kannte er ja schon ein wenig. Der zweite, der auf dem Rücksitz saß, machte nicht gerade den Eindruck, ein Gewalttäter zu sein. Das tat Hamilton vielleicht auch nicht, wenn man nicht wußte, wer er war und daß er fähig war, Flugzeugentführern den Hals durchzuschneiden.
Rune Jansson hatte sie wie vereinbart allein am Bahnhof abgeholt, um sie direkt zur Gerichtsmedizin in Linköping zu fahren. Er erzählte während der Fahrt, was vorgefallen war, und die beiden anderen blieben vollkommen stumm und hörten zu.
Jansson hatte das Gefühl, daß Hamilton sich irgendwie verändert hatte, daß sein Blick viel härter und sogar unangenehm geworden war. Die breite Narbe auf Hamiltons einer Wange unterstrich möglicherweise den Eindruck von Gefühlskälte und Brutalität.
Der andere Mann machte einen völlig anderen Eindruck und wirkte eher wie eine Mischung aus Lehrer und Popmusiker. Es schien ein ziemlich weicher Typ zu sein, der sich nur mit dem Vornamen vorgestellt hatte. Er trug Jeans und einen dicken amerikanischen Baumwollpullover mit vier großen Blockbuchstaben auf der Brust: UCSD. Rune Jansson nahm an, daß es irgendeine amerikanische Universität war.
Zum erstenmal in diesem November gab es Schneeregen, und die Straßen waren unangenehm matschig. Als Rune Jansson seine Darlegung des Falls abgeschlossen hatte, befanden sie sich schon in Linköping. Doch das Gespräch erstarb. Es hatte den Anschein, als hätten die beiden Männer keine Fragen zu stellen.
Als sie das Gerichtsmedizinische Institut erreichten, sahen sie sich um, als ob sie das Gefühl hatten, verfolgt zu werden, bevor sie den Wagen verließen, aber das lag wohl daran, daß sie sich vor Journalisten fürchteten. Denn wenn es bei den Streitkräften überhaupt Offiziere gab, vor denen der Mörder Angst haben mußte, waren es wohl diese beiden, dachte Rune Jansson.
Als der Gerichtsmediziner mit der Erklärung der Farbfotos und seiner Aufzählung der verschiedenen Verletzungen fertig war, begannen Hamilton und sein Kollege, Fragen zu stellen. Beide interessierten sich sofort für eine der wenigen identischen Verletzungen, die beide Opfer aufwiesen, nämlich einen zertrümmerten Kehlkopf. Beide schienen genau zu wissen, welche Wirkung eine solche Verletzung haben mußte, und eine Zeitlang hatte es den Anschein, als ließen sie sich von dem Pathologen nur ihr Wissen bestätigen.
Anschließend baten sie darum, sich die Leichen ansehen zu können, und nach einigem Zögern führte der Pathologe die Gesellschaft in den Raum mit den Kühlboxen. Er zog zwei Kisten aus rostfreiem Stahl mit den sterblichen Überresten der beiden schwedischen Jagdflieger heraus.
Die Offiziere baten, in dem Raum alleingelassen zu werden, um freier diskutieren zu können - es war Hamilton, der sich so ausdrückte -, doch der Pathologe weigerte sich unter Hinweis auf irgendwelche ethischen Grundsätze.
Sie akzeptierten die Entscheidung sofort, ohne Einwände zu erheben, und begannen dann, die beiden blauvioletten Leichen genau zu untersuchen, von oben nach unten. Sie zeigten und murmelten und nickten und schüttelten die Köpfe. Nach einer Weile sagten sie, sie hätten genug gesehen und sich ein ungefähres Bild gemacht, und als die Leichen wieder in den Gefrierschrank zurückgeschoben wurden, begaben sich alle in einen angrenzenden Raum. Dort stand Kaffee in einer Glaskanne, und daneben fand sich ein Stapel mit den üblichen schwedischen weißen Plastikbechern. Der jüngere der beiden Militärs goß den anderen ein, und als alle sich hingesetzt hatten, sagte Hamilton, man könne mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Gewalt durch Militär ausschließen. Dann bat er seinen jüngeren Kollegen, ihre Schlußfolgerungen zu erläutern.
»Nun«, begann Joar Lundwall ohne eine Spur von Nervosität oder Unsicherheit, »man darf zunächst davon ausgehen, daß militärische Gewalt in fast immer gleicher Weise erfolgt, egal von welcher Seite oder Nation sie
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