Feind des Feindes
das Außenministerium die Sache um jeden Preis geheimhalten, und da kann man sich schon die Frage stellen, warum wohl? Und dann scheinen einige Funktionsträger der Meinung zu sein, die schwedische Öffentlichkeit habe ein Recht zu erfahren, daß wir in der Firma nicht alle Idioten sind. Daher der Publizitätsdrang.«
»Mit deiner Billigung oder der des Abteilungsleiters.«
»Nun ja, Billigung kann man wohl nicht sagen. Wir fühlen uns aber nicht sonderlich verpflichtet, den Funktionsträger aufzuspüren und zu bestrafen, der etwas hat durchsickern lassen.«
»Eine solche Verpflichtung solltet ihr aber zumindest jetzt fühlen.«
»Erstens ist das gar nicht so einfach. Wie du weißt, haben wir Grundgesetze, die Zeitungsinformanten schützen.«
»Wenn sie geheimes Material ausliefern, kann es sich doch nur um eine Amtspflichtverletzung handeln, und damit dürfte der Informantenschutz doch aus dem Spiel sein?«
»Nein, so einfach ist es nicht. Es setzt ja voraus, daß jemand erstens tatsächlich geheimes Material aus der Hand gegeben hat, zweitens müssen wir den Rechtsausschuß des Reichstags hineinziehen, und drittens führen solche Untersuchungen nie zu einem Ergebnis. Aber das hier stimmt ja einfach nicht, das ist gerade das Problem. Die Angaben sind falsch, folglich hat niemand geheimes Material an die Öffentlichkeit durchsickern lassen.«
»Die Verbreitung von Desinformation muß doch wohl irgendwie illegal sein?«
»Na ja, man könnte sich einen Straftatbestand wie etwa Amtsmißbrauch oder so was vorstellen. Aber das setzt den Informantenschutz nicht außer Kraft.«
»Du meinst also, wenn du einen oder mehrere kleine Saboteure da unten in der Firma hast, die dabei sind, einen unübersehbar großen Schaden anzurichten, sowohl für uns als auch für euch, gibt es trotzdem keine gesetzliche Möglichkeit … das ist doch undenkbar.«
»Ja, aber die ganze Situation ist undenkbar.«
»Kennst du diesen Expressen -Reporter?«
»Ja, ich habe schon öfter mit ihm zu tun gehabt.«
»Dann ruf ihn an, und sag ihm, daß alles nicht stimmt.«
»Das werten die doch nur als Bestätigung, wenn ein anderer Funktionsträger die Quelle ist.«
Samuel Ulfsson zündete sich eine neue Zigarette an, während Näslund seinen Stahlkamm aus der Tasche zog und sich damit zweimal durchs Haar fuhr.
»Wie geht es der Polizei? Kommt sie von der Stelle?« fragte Samuel Ulfsson nach kurzem Schweigen. Seine Aggressionen hatten sich gelegt. Er glaubte Näslund.
»Die schuften da unten in Norrköping, finden aber keinen Zusammenhang zwischen den beiden Opfern, und dann ist es schwer, von der Stelle zu kommen. Es gibt ja kein begreifliches Motiv. Man versteht einfach nicht, wie es dazu kommen konnte.«
»Nein, diese Morde sind wirklich schwer zu begreifen. Aber vielleicht ist der Täter ja ein Irrer, jemand, der nicht Flieger werden durfte, weil er in Mathematik oder einem anderen Fach durchgefallen ist.«
»Ja, solche Motive schweben auch mir vor. Die Russen können es nicht sein.«
»Nein, das Verbrechen ist keine Sicherheitsangelegenheit, sondern ein Fall für die Polizei. Allerdings macht diese Propaganda den Fall zu einer Angelegenheit für uns. Wer will hier eigentlich was erreichen?«
»Das verstehe ich auch nicht. Na ja, Expressen will natürlich wie üblich seine Sensation, aber diesmal wollen sie ja wenigstens der Regierung nicht ans Leder.«
»Das wollt ihr doch wohl auch nicht. Diesmal nicht?«
Die Unterstellung dieser Frage Samuel Ulfssons traf Näslund wie eine Ohrfeige. Er schien sie jedoch mit Fassung zu tragen und überging sie mit Schweigen.
»Aber was ist mit dem Mann, der Expressen mit Nachrichten versorgt? Falls dieser Journalist nicht einfach nur dasitzt und fabuliert, was ich mir allerdings kaum vorstellen kann. Es findet sich meist ein Körnchen Wahrheit in dem, was sie schreiben. Also, der Mann, der die Zeitung mit Material füttert, muß die Absicht haben, Schweden oder den Streitkräften irgendwie zu schaden.«
»Und dann ist es ein Fall für die Sicherheitsbehörden?«
»Ja, das ist meine Meinung.«
»Dann ist es ein Fall für euch. Fangt diesen Scheißkerl und erdrosselt ihn. Oder versetzt ihm wenigstens einen Fußtritt, falls die Gewerkschaft sich nicht querlegt.«
»Ja, tatsächlich, ich glaube, du hast eine juristische Möglichkeit gefunden Wir können es als Sicherheitsfrage ansehen, als einen Fall von fremder Desinformationstätigkeit. Dann können wir wenigstens damit anfangen, die Sache
Weitere Kostenlose Bücher