Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
zu untersuchen.«
    »Könnt ihr diesen Journalisten nicht verhören?«
    »Unmöglich. Dann wird alles nur noch schlimmer. Es gibt Geschrei um die Grundgesetze und einen Riesenlärm. Überdies keine Information. Wir können den Kerl ja nicht einfach foltern. Aber ich stimme dir darin zu, daß es ernst ist. Ich werde mir Mühe geben, eine Lösung zu finden.«
    Samuel Ulfsson nickte. Soweit er sich zurückerinnern konnte, war es das erste Mal, daß er und Näslund völlig einer Meinung zu sein schienen.
    CHÂTEAU DE MEURSAULT hieß es in schwarzen Versalien auf dem unauffälligen Etikett. Wer viel zu bieten hat, hat es nicht nötig, damit zu prahlen. Der Jahrgang war 1984, der gleiche Wein, den sie beim erstenmal getrunken hatten. Es war das erste Mal seit mehr als einem Monat, daß er überhaupt Alkohol trank. Es war, als würde die Zeit in Moskau schon beim bloßen Gedanken an Alkohol wieder gegenwärtig.
    Eva-Britt Jönsson war jetzt Polizeiinspektorin. Sie war ihm nach und nach nähergekommen und hatte jetzt ein Stadium erreicht, in dem sie sich fragte, wie verliebt sie eigentlich war. Sie hatte Enttäuschungen hinter sich, die sie davon abhielten, sich allzu impulsiv in eine Affäre zu stürzen. Sie wollte ihn aber neuerdings sooft wie möglich sehen und hatte das Gefühl, daß er sich veränderte, als würde er nach seiner Zeit in Moskau irgendwie auftauen. Er hatte jedoch immer noch Angst zu versagen und entzog sich ihr in letzter Minute. Er wagte auch nicht, darüber zu sprechen.
    Carl streichelte ihr behutsam mit dem Zeigefinger die Hand und sah in das trübe Regenwetter hinaus, das den Lichtschein der bunten Lampenschirme und der Spiegel und Messingbeschläge im Hotel Reisen wärmer erscheinen ließ und eine behagliche Atmosphäre schuf. Er genoß den Augenblick über alle Maßen. Es war, als hätte er ein neues Leben begonnen.
    Er kleidete sich jetzt einfacher und hatte damit begonnen, seine Wohnung mit einigen moderneren Möbeln einzurichten, als wäre er auf der Jagd nach sich selbst, auf der Jagd nach dem Menschen hinter den Masken, als versuchte er, ein richtiger Mensch zu werden. Das andere ist jetzt wohl vorbei, redete er sich ein. Er war Chef in einem Büro, in dem niemand Uniform trug und in dem wichtige Arbeit geleistet wurde. Es war intellektuelle Arbeit, und er hatte fast ausschließlich mit Computern zu tun.
    »Ist etwas dran an den Gerüchten, daß diese Morde in Norrköping etwas mit den Streitkräften zu tun haben?« fragte sie.
    »Sind Sie mit dieser Ermittlung befaßt, Frau Polizeiinspektorin?« fragte er, als wollte er das Thema mit einem Scherz abtun.
    »Nein, ich habe mich nur gefragt, was dahintersteckt. Man weiß ja nicht, was man glauben soll. An einem Tag heißt es so, am andern so. Es scheint eine schwierige Ermittlung zu sein. Kein Motiv, kein Zusammenhang zwischen den Opfern.«
    »Nur daß sie Jagdflieger im selben Geschwader waren.«
    »Ja, und dann diese seltsame, widerwärtige Form der Morde. Können Militärs sich so aufführen?«
    »Keine Ahnung. Ich arbeite mit Computern. Aber beim Generalstab scheint niemand an diese Russentheorie zu glauben.«
    »Aber es kann immerhin ein Militär gewesen sein.«
    »Wieso?«
    »Einfache Polizeilogik. Die Opfer scheinen beide den Mörder ins Haus gelassen zu haben, und das könnte ja darauf hindeuten, daß er ebenfalls Soldat war.«
    »Dann dürfte er jedenfalls kaum die Uniform der Sowjetarmee getragen haben. Außerdem kann das auch genausogut darauf zurückzuführen sein, daß er seinen Polizeiausweis zeigte.«
    Sie erstarrte.
    »Da hast du wirklich recht«, sagte sie plötzlich im Flüsterton.
    »Das wäre eine logische Erklärung. Eine unangenehme Erklärung zwar, aber zumindest eine logische. Möchte gern wissen, ob sie daran schon gedacht haben.«
    »Es muß doch trotzdem Grenzen für das geben, was eure schlimmsten Schläger anrichten können, die sonst nur Trunkenbolde zusammenschlagen. Wird bei der Polizei übrigens Karate und so was trainiert?«
    »Das Vorgehen des Täters oder der Täter scheint mir nicht gerade auf sportliche Ambitionen hinzudeuten.«
    »Nein, aber ich möchte trotzdem gern wissen, wie man so etwas fertigbringt.«
    »Ja, aber such nicht in meinen Kreisen.«
    »Wie darf ich das verstehen?«
    »Hier bin ich diejenige, die das Verhör führt. Du hast dich in Moskau nicht sonderlich wohl gefühlt?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Ich fühlte mich einsam, sehr einsam. Außerdem war es ein in technischer Hinsicht

Weitere Kostenlose Bücher