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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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ziemlich langweiliger Job. Ich sollte unser Berichtssystem modernisieren und paar ältere Typen im Umgang mit Computern trainieren. Ich kann mir wirklich was Schöneres vorstellen. Das Beste war dein Besuch.«
    »Ja, aber es war ja ein bißchen albern, fast operettenhaft. Obwohl ich es lustig fand, mal den Roten Platz gesehen zu haben.«
    »Ja, und den ausgestopften Lenin.«
    »Wir gehen nachher zu dir.«
    »Ich weiß nicht… ich muß morgen früh raus.«
    Sie beschloß, genau in diesem Moment das Thema zur Sprache zu bringen.
    Er war zunächst natürlich widerwillig und verlegen und sagte, in der Zeit, in der er verlobt gewesen sei, ja, während des Studiums in den USA, habe es nie Probleme gegeben, und später mit Zufallsbekanntschaften ebenfalls nicht. Wenn er aber echte Gefühle für eine Frau empfinde, wenn es weder Theater noch Spiel sei, sei manchmal diese Besorgnis gekommen, und dann sei es nur im Kreis herumgegangen: Ich darf jetzt nicht daran denken, denn sonst wird es wie beim letztenmal. Und dann habe er trotzdem zu denken begonnen, und dann sei es wie beim letztenmal gekommen.
    Sie sagte, er dürfe nicht mehr glauben, daß sie ihn verachte oder die Freundschaft mit ihm aufkündigen wolle, wenn er nicht mit ihr schlafe. So sei es nicht. Sie hätten alle Zeit der Welt. Sie wolle jedenfalls, daß sie sich diese Zeit nähmen.
    »Wir sind ja nicht mehr in Moskau, sondern wir wohnen wieder beide hier in der Stadt«, lachte sie. »Jetzt ist es Herbst, bald wird der Winter da sein, dann kommt der Frühling, worauf wieder Sommer und Herbst folgen. Und wir werden die ganze Zeit hier sein, schuften und zu teuren Wein trinken.«
    »Ich wollte in der Wohnung ein paar Möbel umstellen«, sagte er erleichtert. »Komm doch mit nach Hause, dann kannst du mir sagen, wie du es findest.«

2
    Es war ein Mord, der an amerikanische Gangsterfilme denken ließ, und die Durchführung deutete auf ein hohes Maß von Professionalität hin.
    An einem Donnerstagnachmittag saßen zwei Männer in der kleinen Konditorei im Näsby Park Centrum. Es war die Tageszeit, zu der das Personal wenig zu tun hatte, aber da die Konditorei große Glasfenster besaß, konnte draußen leicht jemand den richtigen Augenblick abgewartet haben.
    Die Leiterin der Konditorei und ihre Verkäuferinnen hatten nicht viel zu berichten. Zwei Männer seien hereingekommen und hätten Kaffee und Kopenhagener bestellt. Der Mann, der bestellt habe, habe schwedisch gesprochen. Dann hätten beide drinnen im Café gesessen, hinter dem Vorraum mit den Verkaufsvitrinen.
    Als dann keine weiteren Kunden dagewesen seien, hatten sie die Gäste im Café kurz allein gelassen, um sich in der Küche einen verstopften Abfluß anzusehen.
    In dem Moment hatten sie die beiden Schüsse gehört. Zunächst hatten sie nicht nachgesehen, da sie Angst bekommen hatten. Als sie dann durch die kleine Glasscheibe der Tür zum Café geblickt hatten, hatten sie die beiden Gaste auf dem Fußboden liegen sehen. Einer lag auf dem Fußboden, und der andere war kopfüber über den Cafétisch gefallen.
    Draußen auf der Straße hatten Zeugen zwei Männer in schwarzen Lederjacken herauskommen sehen, aber niemand hatte Waffen bei ihnen gesehen.
    Der Fluchtwagen hatte offenbar auf der anderen Seite des Bürohauses gestanden, in dem auch die Konditorei lag. Dort neben dem Bahnhof gab es reichlich Parkplätze. Vage Zeugenaussagen sprachen von einem Volvo, einem 740er oder 780er.
    Zwei Schüsse waren abgefeuert worden, Schrotladungen aus weniger als einem Meter Abstand, das heißt mit unmittelbar tödlicher Wirkung. Die Schrotladungen waren von dem normalen schwedischen Typ Nummer 5, mit dem aus fünfundzwanzig Metern Entfernung auf Hasen oder Rehe geschossen wird.
    Draußen war es regnerisch und matschig, und im Café fanden sich zahlreiche nasse Fußabdrücke. Mit anderen Worten: keinerlei Spuren.
    Schon die Umstände des Doppelmordes genügten, um Aufsehen zu erregen, und sorgten in den Abendzeitungen für große Schlagzeilen. Schon wenn die Opfer irgendwelche beliebigen Schweden gewesen wären.
    Das eine Opfer war Igor Terasimow, offiziell dritter Sekretär an der Botschaft der Sowjetunion, in Wahrheit Offizier, ein seit langem identifizierter Offizier von der Residentur des KGB in Stockholm.
    Das zweite Opfer war Außenhandelssekretär Erland Winblad, der unter der vorigen Regierung in relativer Nähe des Außenhandelsministers seinen Dienst getan hatte.
    Aber bevor die komplizierten diplomatischen

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