Feind des Feindes
der Luft gegriffenen Behauptungen von Expressen bringen, als entsprächen sie den Tatsachen, und seine Dementis würden sie natürlich nur als indirekte Bestätigungen darstellen. Wie man sich auch anstellte, es war immer falsch; wenn man sagte, man wolle keinen Kommentar abgeben, wurde das als Bestätigung gedeutet, und wenn man sich zu einem Kommentar bereit erklärte, gab es plötzlich mit Kameras und Mikros angeblich technische Probleme, bis man zumindest so aussah, als bestätigte man die Angaben, obwohl man sie entschieden geleugnet hatte.
Näslund kauerte sich auf seinem Stuhl zusammen, als ahnte er schon, was kommen würde.
»Wenn sich der Nachrichtendienst einer fremden Macht vorgenommen hätte, uns Schwierigkeiten zu bereiten, und bei deiner besonderen Interessenrichtung weißt du sehr wohl, von welcher fremden Macht ich spreche, nämlich von den Leuten, die auf solche Manöver spezialisiert sind«, begann Samuel Ulfsson und betonte dabei jedes Wort so hart, als spräche er fast mit zusammengebissenen Zähnen, »hatten sie es kaum besser machen können, als du und deine Expressen -Leute es jetzt geschafft haben.«
»Ich stimme dir darin zu, daß die Situation uns Kopfzerbrechen bereitet, widerspreche aber energisch deiner Deutung der Dinge, die jetzt geschehen«, erwiderte Näslund leise. Er hatte sich entschlossen, einen Streit um jeden Preis zu vermeiden.
»Und warum zum Teufel publiziert ihr dann solche Geschichten?«
»Das tun nicht wir, sondern Expressen veröffentlicht diese Dinge.«
»Quatsch. Seit wann hat dieses Blatt irgendwelche Nachrichten ohne euer geneigtes Einverständnis ausgegraben? Was wollt ihr eigentlich damit erreichen?«
»Darauf habe ich genausowenig eine Antwort wie du. Das Ganze stimmt nicht. Ich vermag keine Absicht zu erkennen, und auch in der Firma scheint niemand mehr zu wissen als ich.«
»Aha, du meinst also, Expressen erfindet einfach etwas? Handelt es sich also um Journalistenphantasien? Ihr sollt also davon überzeugt sein, daß die Russen unsere Flieger ermorden, und ihr sollt also wissen, daß das unsere Überzeugung ist. So steht es da, sogar mit ziemlich großen Buchstaben, doch gleichzeitig weißt du, daß wir beim Generalstab keinen Augenblick an diese idiotische Russen-Theorie geglaubt haben.«
Näslund wühlte in seiner Aktentasche und zog einen dünnen Bericht von vier bis fünf DIN-A 4-Seiten hervor, den er zunächst schnell über die blanke Tischplatte schieben wollte, wie man es in manchen Westernfilmen manchmal mit Biergläsern geschehen sieht, doch dann besann er sich und stand auf, ging damit zu Samuel Ulfsson, legte ihm die Akte auf den Schreibtisch und kehrte wieder an seinen Platz zurück.
»Der Verteidigungsminister verlangte um die Mittagszeit einen Bericht von mir, als man dort erfahren hatte, was Expressen bringen würde. Das da ist, was ich ihm berichtet habe. Lies selbst«, sagte Näslund.
Samuel Ulfsson überflog die Akte. Ihr Inhalt ließ an Klarheit nichts zu wünschen übrig. Nach Auffassung der Sicherheitsabteilung der Reichspolizeiführung gab es keinerlei Beleg dafür, daß die Morde an den Jagdfliegern in Norrköping von einer fremden Macht begangen worden waren. Überdies stand zweifelsfrei fest, daß man in den betreffenden Abteilungen des Generalstabs diese Auffassung teilte und daß auch in der Sicherheitsabteilung der Reichspolizeiführung niemand daran zweifeln konnte.
Folglich gab es keinerlei Grundlage für die Meldungen in Expressen , und Näslund fiel es sehr schwer zu glauben, irgendein Funktionsträger in seiner Abteilung könne absichtliche Desinformation betrieben haben.
»Nun«, sagte Samuel Ulfsson trocken, als er zu Ende gelesen hatte, »ich habe natürlich keinen Anlaß zu glauben, daß du den konservativen Verteidigungsminister mit Fehlinformationen versorgen wolltest. Es bleibt aber die Tatsache, daß einer der Journalisten unserer größten Zeitung, einer von denen, die euch helfen, eure geheimen Erkenntnisse an die Öffentlichkeit zu bringen, auch diesmal wieder dahintersteckt. Weshalb sollte er plötzlich damit begonnen haben, Geschichten zu erfinden, wenn ihr ihn früher immer mit Material versorgt habt?«
»Das verstehe ich auch nicht. Aber du scheinst dabei an folgendes zu denken. Wir haben in der Abteilung lange dafür gearbeitet, genügend Material zusammenzubekommen, um zumindest den einen oder anderen russischen Nachrichtendienstoffizier ausweisen zu können. Am Ende gelingt uns das, und dann will
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