Feind des Feindes
Erlaubnis zu töten hätten. Sie seien »licensed to kill«.
Als Beispiel wurde die bekannte Flugzeugentführung vor anderthalb Jahren erwähnt, als die Weltpresse vergeblich den rätselhaften Amerikaner gejagt habe, der die Entführung einer Air-France-Maschine auf dem Flug von Kairo nach Marseille verhindert habe. Schließlich habe Peter Sorman vom Außenministerium sogar persönlich bestätigt, daß der Mann, der die Entführung verhindert und unter spektakulären Umständen drei der Entführer getötet habe, ein »schwedischer Offizier des Geheimdienstes sei, dessen Identität mit Rücksicht auf die Sicherheit des Militärpersonals natürlich nicht enthüllt werden könne«.
Peter Sorman, inzwischen frisch ernannter Botschafter in Kuba, weigerte sich, weitere Kommentare abzugeben.
Der Artikel endete mit der Frage, ob es möglicherweise derselbe Geheimdienstmann sei, den man jetzt erneut in Aktion erlebt habe.
So war es nicht verwunderlich, daß kurz darauf beim Generalstab eine Krisensitzung stattfand, und zwar im Vertrags und Konferenzraum des Oberbefehlshabers.
Dieser war selbst nicht anwesend, da jeder Beschluß, der eventuell gefaßt wurde, sonst als Entscheidung des OB und damit der gesamten schwedischen Streitkräfte hätte angesehen werden können. Falls die Zukunft erweisen sollte, daß fehlerhafte Entscheidungen getroffen worden waren, wäre der OB und damit auch der Generalstab insgesamt dafür nicht verantwortlich. Überdies bestand das naheliegende Risiko, daß der Oberbefehlshaber bei einer so illustren und unkonventionell zusammengesetzten und aufgeregten Gesellschaft zuviel erfuhr und damit Gefahr lief, nachher nichts mehr dementieren zu können. Was der Chef des Nachrichtendienstes ihm später unter vier Augen vortrug, würde diese Möglichkeit des Dementis nicht unbedingt einschränken, oder, ehrlicher gesagt, die Möglichkeit, sich dumm zu stellen.
Anstelle des Oberbefehlshabers war der Generalstabschef anwesend. Die zivile Seite wurde von Näslund und dem Chef der Sicherheitspolizei vertreten, den niemand je anders als den Briefträger nannte, was eine Anspielung auf seinen früheren Beruf oder möglicherweise sein Verhältnis zur schwedischen Regierung war.
Außer den selbstverständlichen Teilnehmern auf der militärischen Seite, dem Chef des gesamten OP 5, Samuel Ulfsson, dem scheidenden Chef des SSI, dem Alten, dem Chef der Sicherheitsabteilung des Generalstabs, Oberstleutnant Lennart Borgström, und dem vor kurzem ernannten Leiter der Operationsabteilung des SSI, Hamilton, war noch eine Person anwesend, die alle Anwesenden als einen fremden Vogel ansahen: der vor kurzem ernannte SSI-Chef, der eine Art Zivilist war und den Job bekommen hatte, weil er sich Gerüchten zufolge immer sehr für Spionageromane interessiert hatte, und sicherlich auch, weil er ein enger Freund des neuen konservativen Verteidigungsministers war. Der Neuling hatte sich ein paar Tage lang damit beschäftigt, an der Seite des Alten Mäuschen zu spielen, um sich in erster Linie mit den normalen Routinevorgängen vertraut zu machen.
Als Routinesitzung konnte diese unstrukturierte Konferenz aber kaum bezeichnet werden.
Samuel Ulfsson versuchte sich als Vorsitzender, aber es war nicht leicht, Ordnung zu halten, da immer wieder kleinere Streitigkeiten aufflammten.
Am schlimmsten wurde es, als der Leiter der Sicherheitsabteilung des Generalstabs, Borgström, Carl plötzlich fragte, ob er für den Zeitpunkt des Mordes ein »Alibi« habe.
Carl versuchte die Frage mit der Gegenfrage »Welcher Mord?« abzutun, was in diesem Zusammenhang ein vielleicht etwas unpassender Scherz war. Borgström wiederholte daraufhin die Frage und erläuterte, er meine den jüngsten Mord.
Da explodierte der Alte. In protokollgerechter Sprache würde man sagen können, daß er mit kräftigen Worten die Urteilsfähigkeit und Intelligenz Borgströms anzweifelte und eine kürzere Vorlesung über den höchst seltenen Gebrauch abgesägter Schrotflinten bei den Streitkräften hielt, da man für den Fall, daß es sich als notwendig erweisen sollte, zur Gewalt zu greifen, Zugang zu wesentlich eleganteren Methoden und Waffen habe.
Als es Samuel Ulfsson gelungen war, die Konferenzteilnehmer wieder zur Ordnung zu rufen - Carl hatte zunächst, »der guten Form halber, da die Frage nun einmal gestellt worden ist«, bekanntgegeben, daß er sich zum Zeitpunkt des Mordes an seinem Arbeitsplatz befunden habe, und zwar zusammen mit sechs oder sieben
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