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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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einen Liter Apfelsinensaft, kochte Tee und setzte sich eine Stunde mit Tee, flüssigem kalifornischem Honig und Bachs Goldberg-Variationen hin, die er zuletzt bei der unverhofften Bekanntschaft mit dieser bemerkenswerten Polizistin gehört hatte. Danach hatte der Nachschweiß aufgehört. Trotz der Wärme draußen verschloß er alle Fenster, ging ins Schlafzimmer, zog die Beretta unter dem Kopfkissen hervor und legte sie auf den Nachttisch. Zum ersten Mal seit langer Zeit schlief er fast sofort ein.
    Als er aufwachte, wußte er nicht, warum oder wie lange er geschlafen hatte. Er fühlte nur, daß er plötzlich gespannt und hellwach war. Automatisch streckte er die Hand nach seiner Pistole aus, zog sie unter die Bettdecke und entsicherte sie mit einer Bewegung.
    Dann richtete er sich vorsichtig auf und dachte nach.
    Er hatte keinen Alptraum gehabt. Er sah auf die Uhr. Es war kurz nach drei.
    Die Laken fühlten sich weich und kühl an. Er hatte nicht geschwitzt. Trotzdem saß er jetzt hellwach mit einer Pistole in der Hand da.
    In der Stille konnte er das Ticken der Wanduhr draußen im Flur hören. Er spürte jedoch die Anwesenheit von etwas Fremdem und war sicher, sich nichts einzubilden.
    Da hörte er die ersten deutlichen Laute.
    Jemand ging leise durch den Flur; Carl konnte nichts erkennen, weil die Schlafzimmertür halb geschlossen war.
    Er walzte sich leise aus dem Bett, zerknüllte Decke und Kopfkissen, so daß ein Eindringling glauben konnte, da läge jemand, und bewegte sich mit nackten Füßen zu der gegenüberliegenden Wand, um mit erhobener Waffe neben der Tür stehen zu können.
    Jetzt erst konzentrierte er sich wieder aufs Lauschen. Der Eindringling hatte die Bibliothek betreten.
    Carl warf einen vorsichtigen Blick in den Flur und sah den Lichtschein einer Taschenlampe in der Bibliothek. Da war jemand. Jemand hatte sich nachts mit einem Nachschlüssel Zutritt verschafft und suchte in der Bibliothek nach etwas, obwohl sich dort nichts anderes als Bücher, Platten mit klassischer Musik und etwas Schnaps befanden, und dieser selbe Jemand hatte sich nicht mal vergewissert, daß die Wohnung leer war, bevor er mit der Arbeit begann.
    Das erforderte einiges Nachdenken. Das Verhalten des Eindringlings war gegen alle Regeln.
    Carl zog sich behutsam ein paar Hosen an, vergewisserte sich, daß er nichts Spitzes in den Taschen hatte, spannte den Gürtel fest und schob die Schlafzimmertür vorsichtig mit der linken Hand auf. Sie öffnete sich lautlos; Carl verabscheute quietschende Türen und hielt sie immer gut geölt.
    Er schlich sich vorsichtig in den Flur, der zu diesem Zeitpunkt der dunkelste Platz der Wohnung war. Draußen sangen die Amseln. In der Bibliothek mußte es hell sein, was eine Taschenlampe überflüssig machte.
    Er ging an der geschlossenen Eßzimmertür vorbei und sah, daß der Schlüssel wie gewohnt im Schloß steckte. Die Tür war folglich verschlossen.
    Als er nur noch einen Meter von der Ecke zwischen Flur und Bibliothek entfernt war, spannte er den Hahn seiner Pistole, holte tief Luft und ging schnell und leise mit vorgehaltener Waffe um die Ecke.
    Vier Meter entfernt war eine männliche Person dabei, das Schloß seines antiken Schreibtischs mit einem Nachschlüssel zu öffnen. Daneben lag die Taschenlampe. Der Mann hatte langes helles Haar, ausgefranste Jeans und Turnschuhe mit Streifen; einer der Schuhe war nachlässig zugeschnürt, so daß die Schnürsenkel bis auf den Boden hingen.
    Ein Amateur, dachte Carl, ein gottverdammter Amateur ist dabei, mitten in der Nacht meine Schreibtischschublade zu knacken. Einen Amateur darf ich nicht weidwund schießen.
    Carl ging vorsichtig einen Schritt zurück um die Ecke und versuchte nachzudenken. Dann sicherte er die Pistole mit beiden Händen, ohne daß sie dabei klickte, und entschloß sich dann zu zwei Dingen. Erst ging er zur Wohnungstür, schloß das obere Schloß zu und steckte den Schlüssel ein. Dann ging er zurück und entdeckte dabei, daß die Fernbedienung des Fernsehgeräts aus irgendeinem Grund auf dem Zeitungstisch im Flur lag. Er nahm sie an sich und ging in den Teil des Flurs zurück, der sich zur Bibliothek hin erweiterte.
    Der Mann war immer noch dabei, sich an dem Schreibtischschloß zu schaffen zu machen, und drehte Carl den Rücken zu. Neben der Taschenlampe lag eine große Kamera.
    Carl grübelte kurz darüber nach, wie er die Szene deuten sollte. Doch dann zuckte er die Achseln und drückte auf die Fernbedienung, was den Fernseher

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