Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
ohnehin schon zu spät erstellt worden. Einander widerstreitende Interessen machen es jedoch schwierig, einen konsensfähigen Text für die Veröffentlichung zusammenzustellen.«
    »Würden die Politiker und bestimmte Teile der militärischen Führung«, fuhr Carl fort, »ihren Willen durchsetzen, dürfte überhaupt nichts über die Aktivitäten der Sowjetunion veröffentlicht werden. Hingegen würden andere Kreise der militärischen Hierarchie, vor allem bei der Marine, am liebsten alles veröffentlichen, was bekannt war, unter anderem die Namen und Nummern mehrerer sowjetischer und zweier polnischer U-Boote, die man mit Hilfe der EDV-Technik ebenso sicher identifizieren konnte wie Fingerabdrücke, sobald man nur Propellergeräusche von mehr als fünf Sekunden Dauer auf Band hat.«
    Solche Angaben wollte der militärische Nachrichtendienst am liebsten insgesamt für geheim erklären. Möglicherweise hatte Schweden den Russen in technologischer Hinsicht nicht vieles voraus, doch mit den wenigen technischen Vorsprüngen, die Schweden besaß, sollte man nicht auch noch prahlen.
    Und zu all diesen wohlbekannten Gegensätzen, die dazu führten, daß die Steuerzähler über das meiste in Unwissenheit gehalten wurden, kamen noch ein paar besondere Umstände, die Samuel Ulfsson schon gleich nach Carls Eintreffen angedeutet hatte.
    Vor gut einem Jahr hatte »Personal in den operativen Abteilungen des schwedischen Nachrichtendienstes an einer geheimen Operation unbekannten Ausmaßes« teilgenommen, wie es im Jahresbericht des Oberbefehlshabers an die Regierung hieß.
    Aus diesem Grund war es besonders interessant, Anzeichen von Unterwassertätigkeit in der Nähe der ehemaligen Stationen Bodisko, Tschitschagow und Apraksin zu studieren.
    So war beispielsweise unbekannt, ob sich die Russen bemühten, Material und Tote nach Hause zu bringen. Oder ob sie versuchten, die Taktik woanders anzuwenden.
    Carl hatte eine Liste mit Angaben, die im Hinblick auf diesen Aspekt für geheim erklärt werden sollten, sowie eine kürzere Liste von Ereignissen, beispielsweise der wie üblich mißlungenen Jagd im letzten Winter auf Unterwasserfahrzeuge in der Nähe von Vaxholm. Solche Informationen mußten veröffentlicht werden, weil sie schon einige Publizität erlangt hatten.
    Carl hatte eine recht klare und einfache Einteilung vorgenommen, die in säuberlichem Computerausdruck vorlag, und Samuel Ulfsson sah schon nach kurzem Nachdenken ein, daß er das Ganze nur zu unterschreiben und an den Oberbefehlshaber weiterzuleiten brauchte. Nach nur vier Ultima Blend waren die beiden mit allem durch.
    »Wie steht’s, Carl, gefällt es dir bei uns?« fragte Samuel Ulfsson, als die Besprechung beendet und Carl dabei war, seine Kopien einzustecken, die ins Archiv sollten.
    Carl machte ein überraschtes Gesicht, und da er seinem Chef schräg gegenübersaß, fiel sein Blick auf ein merkwürdiges Bild an der Längswand. Das Gemälde stellte die Zwangsrekrutierung eines Bauernknechts irgendwann im neunzehnten Jahrhundert dar. Der Junge hatte Holzschuhe an und sah ängstlich aus, wofür er vermutlich Grund hatte. Der Feldwebel hatte einen Säbel und einen Karolinerhut und sah sehr gebieterisch aus, wofür er wohl ebenfalls alle erdenklichen Gründe hatte.
    »Nun, nicht in jeder Beziehung«, erwiderte Carl mit einem Kopfnicken zu dem Bild hin, da er gesehen hatte, daß sein Chef seinem Blick gefolgt war.
    »Aber so gut wie in allen« beharrte Samuel Ulfsson.
    »Nein, darum geht es mir nicht. Aber was wir jetzt tun, kommt mir nicht richtig vor. Ich sollte doch aufrichtig antworten und nicht höflich?«
    »Aber ja, wir sind ja unter uns. Wieso?«
    »Wir sitzen in Stockholm, unserer Hauptstadt, und sind dazu da, unser Land zu schützen und herauszufinden, was die Russen vorhaben und tun, aber die Bürger dürfen es nicht erfahren. Da draußen glauben die meisten, daß wir uns nur um Etatsteigerungen bemühen, und wir müssen alles für geheim erklären, damit die Steuerzähler nicht merken, daß sie eigentlich mehr Geld für die Verteidigung opfern müssen. Ich habe dabei ein unangenehmes Gefühl.«
    »Kennst du irgendeinen zuverlässigen Journalisten?«
    »Ja, ich glaube schon, zumindest einen.«
    »Könntest du dir mal überlegen… na ja, du weißt schon.«
    »Zu einem bestimmten Zeitpunkt würden es sich wohl alle überlegen. Aber so weit bin ich noch nicht und Sie vermutlich auch nicht, Herr Kapitän.«
    »Sam. Nenn mich Sam, wenn wir allein sind. Nein, ich

Weitere Kostenlose Bücher