Feind des Feindes
würde.
Aber das war vielleicht nur die Fortführung ihres ursprünglichen Vorhabens. Sie hatten tatsächlich versucht, zwischen der Säpo und dem Generalstab den gleichen Bürgerkrieg anzuzetteln, den sie in früheren Jahren mit beachtlichem Erfolg in England ausgelöst hatten, wo sie MI 5 und MI 6 im Lauf von zehn Jahren in Hund und Katze verwandelt hatten. Mit Hilfe falscher Informationen, die echt aussahen, oder echter Informationen, deren Weitergabe nur scheinbar etwas kostete.
Doch jede dieser Überlegungen scheiterte rettungslos an dem Problem, sich vorzustellen, wie sich die größten sowjetischen Bürokratien in lupenreine Kriegshandlungen stürzten und ihre eigenen Leute in einem Nachbarland auf offener Bühne ermordeten. Diplomatie und Nachrichtendienst der Sowjetunion wurden von langfristigem und strategischem Denken geprägt sowie von absoluter Kontrolle über jedes Detail der geplanten Vorhaben. Und diese Aktion barg die Gefahr, in eine vollkommen andere Richtung zu galoppieren, als der ursprüngliche Verschwörer sich gedacht hatte.
Die Hintermänner der Kampagne in Expressen waren möglicherweise in der Lage, den Reporter der Zeitung zu kontrollieren, die direkte Verbindung zur schwedischen Öffentlichkeit. Wie sollten sie aber auf die übrigen Massenmedien Einfluß ausüben können und vor allem auf das politische Geschehen, das sie losgetreten hatten?
Die Sowjetunion pflegte nicht so unkontrolliert zu arbeiten. Wenn folglich bei der Säpo eine Verschwörung in Gang war, worauf zumindest die Publizitätskampagne hindeutete, richtete sich diese also gegen schwedische Sicherheitsinteressen. An wen sollte man sich dann wenden? An die Säpo?
Teile des Problems würden vielleicht schon an diesem Nachmittag mit politischen Mitteln gelöst werden. Er selbst war von dem neuen Verteidigungsminister zu einem Vortrag unter vier Augen bestellt worden. Der Oberbefehlshaber ebenso.
Samuel Ulfsson und seine Frau gingen mit wiegenden Schritten nach Hause. Die Körbe waren mit schweren, nassen Trichterpfifferlingen gefüllt. Sie sprachen nicht viel. Sie wußte ohnehin, daß er zum Verteidigungsminister mußte. Sie hatte die Zeitungen gelesen, und er hatte gescherzt, schon bald möglicherweise mehr Zeit für das Pilzesammeln zu haben, als er habe ahnen können. Beim Abendessen würden sie allein sein, und dann wollte er seiner Frau alles erzählen.
Er duschte heiß und zog einen zivilen grauen Anzug an. Er bestieg den wartenden Mercedes, den das Verteidigungsministerium geschickt hatte.
Auf dem Weg in die Stadt entdeckte er an einem Kiosk den Aushang mit Carls Bild. Die Schlagzeile war schon von weitem zu erkennen:
SANDSTRÖMS MÖRDER?
Samuel Ulfsson befahl dem Fahrer, anzuhalten und eine Zeitung zu kaufen.
Er betrachtete das Foto Carls auf der ersten Seite. Es sah aus wie ein altes Paßbild und war nicht sehr ähnlich. Er beschloß, ruhig und systematisch zu lesen, und schlug Seite 5 auf, wo das Elend begann.
Der Hauptartikel mit Fotos von Carl und Sandström machte geltend, man habe Carl under cover als Diplomaten nach Moskau geschickt, um Sandström zu liquidieren, und dies sei bei der Säpo wohlbekannt, da der Generalstab gleichzeitig mit Carls unerwarteter und überstürzter Rückkehr aus Moskau mitgeteilt habe, das Problem Sandström existiere nicht mehr.
Der nächste Artikel erwähnte die israelische Terroraktion in Stockholm vor einigen Jahren, und Carl wurde nicht unerwartet als der Säpo-Mann bezeichnet, der die israelischen Kommandosoldaten draußen in Täby getötet habe.
Ein dritter Artikel stützte sich zu einem großen Teil auf Vermutungen und Mißverständnisse. So wurde dann behauptet, man habe Carl als Militärattaché nach Kairo geschickt, damit er zu einzelnen Gruppen der PLO Kontakt aufnehmen sollte. So sei er einer Flugzeugentführung auf die Spur gekommen und im Auftrag des schwedischen Außenministeriums gegen die Entführer vorgegangen, die PLO-Angehörige gewesen seien.
Es folgten etliche Zitate aus der Weltpresse von damals, unter anderem mit sehr ausführlichen Äußerungen von Passagieren des Fluges AF 119, die alle erklärten, der Mann, den sie für einen Amerikaner gehalten hätten, sei gegen die Entführer vorgegangen und habe alle bis auf einen getötet.
In einem letzten Artikel wurde behauptet, Carl sei vor einigen Jahren, als er noch der Säpo angehört habe, an den westdeutschen Verfassungsschutz ausgeliehen worden, wo er eine Operation geleitet habe, die mit einem
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