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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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so, als wärst du Landesverräter, weil du ein besonders geschickter Journalistenimitator bist.«
    »Glauben die das?«
    »Ja, ich habe mal einen solchen Bericht über dich und noch ein paar andere gelesen.«
    »Kannst du mir eine Kopie besorgen?«
    »Was würdest du damit anfangen?«
    »Sie veröffentlichen.«
    »Du bist nicht bei Trost. Aber wir reden zuviel, ohne Grenzen gezogen zu haben. Du bringst mich dazu, immerzu zuviel zu sagen. Es ist besser, wenn wir uns einigen. Was willst du außer einem Mord an Sandström von mir haben?«
    »Die Wahrheit über den Agentenkrieg.«
    »Gut. Einigen wir uns also. Dann werden wir sehen, was das Grundgesetz wert ist.«
    Carl skizzierte schnell und ein wenig überstürzt eine Vereinbarung. Sobald irgendwelche handfesten Fakten über den Agentenkrieg vorlagen, würde Ponti die Story mit Exklusivrecht bekommen, sowohl das Recht auf anonyme Hintergrundinformationen als auch das Recht auf direkte Interviews. Aber nur das und nichts sonst.
    Ponti überlegte eine Weile mit dem Weinglas vor den Augen. Dann kippte er entschlossen den Rest in sich hinein und blieb eine Zeitlang mit geschlossenen Augen sitzen, bis er etwas sagte, was er sorgfältig formulierte, ohne eine Antwort zu erwarten.
    »Es gibt noch eine andere Möglichkeit. Ich kann deine ganze Geschichte in einer fast fiktiven Form erzählen, bei der wir alle Details verändern und nur einige bei der Wahrheit belassen. Damit würde ich erzählen und zugleich auch nicht, aber es wird viele geben, die sich darauf einen Vers machen können. Und die Dinge, mit denen du dich beschäftigst, gehen tatsächlich mehr Mitbürger an als die paar Figuren, die in der Regierung und im Generalstab sitzen.«
    Carl nahm zu diesem Vorschlag nicht Stellung, sagte aber zu, Hintergrundinformationen über den Agentenkrieg zu liefern, sobald der Zeitpunkt für eine Veröffentlichung reif sei. Was schon in naher Zukunft der Fall sein könne.
    Hinterher bereute er seinen Entschluß, denn ein Versprechen ist ein Versprechen. Richtige Menschen halten ihre Versprechen. Nur Spione gehen mit Zusagen so um wie andere mit dem Grundgesetz.

6
    Jurij Tschiwartschew hatte fast eine Woche lang jedes Treffen mit Carl abgeblockt. Als das vereinbarte Telefonsignal ausblieb, ahnte Carl, daß es bald zur Entscheidung kommen würde. Schließlich kam es doch, und Carl mußte sich einreden, es einmal ruhig angehen zu lassen.
    Sowohl Joar wie Åke mußten ihm seine Anspannung angemerkt und gespürt haben, daß etwas Besonderes in der Luft lag. Schließlich ordnete er ein Treffen später am Abend an, unabhängig davon, ob sie privat schon irgendwelche Pläne hatten.
    Es war ein ziemlich überflüssiger Hinweis. Sie wußten ungefähr, worum es gehen konnte, obwohl Carl nur erklärt hatte, es gebe die Gefahr eines Zusammenstoßes mit einer anderen Behörde.
    Das allerdings traf zu. Sie wußten nicht, was Näslund im Augenblick trieb, aber schlimmstenfalls hätte es zu einem Gedränge um Glucher kommen können, und es wäre ziemlich übel gewesen, wenn Säpo und GRU zusammengestoßen wären; hätte sich auch noch das SSI eingemischt, könnte es zu einem heillosen Wirrwarr kommen.
    Jurij Tschiwartschew erschien wie bei früheren Gelegenheiten auf die Minute pünktlich. Sie fuhren eine Zeitlang schweigend durch stille Straßen, während Carl sich dem routinemäßigen Muster von Kontrollen und Ausweichmanövern widmete.
    »Nun«, sagte er nach fünf oder sechs Minuten kurz, als er die Geschwindigkeit verlangsamte, um zu zeigen, daß sie nicht verfolgt wurden.
    »Unsere Situation ist außerordentlich ernst«, begann Jurij Tschiwartschew schwer. Carl antwortete nicht.
    »Die gleichen faschistischen und extrem anti-sowjetischen Kräfte, die hinter dieser Desinformazia-Kampagne stehen, haben auch die Terrorakte begangen«, fuhr Jurij Tschiwartschew fort. »Sie sind im Moment ziemlich angeschlagen und werden daher mit neuen individuellen Terrorakten ihre geschwächten Positionen zu stärken versuchen. Expressen hat schon einen Tip bekommen und liegt in Bereitschaft.«
    »Haben sie diesem Journalisten per Telefon einen Tip gegeben?« unterbrach ihn Carl. Inzwischen war es schon möglich, daß Gluchers Telefon legal abgehört wurde.
    »Nein. Sie wagen es nicht mehr, ihre Telefone zu benutzen. Sie haben Anzeichen dafür bemerkt, daß man sie eventuell verfolgt.«
    »Sie, das GRU?«
    »Nein, diese Leute im Affenhaus. Diese Leute gehen nicht so behutsam vor, wie man es sich wünschen

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