Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
Mann es beinahe geschafft, ein Chaos anzurichten. Zweitens sei er während seiner Ausbildungszeit in den USA in Kalifornien angeworben worden, und es sei das einzige Mal überhaupt gewesen, daß man ausgerechnet in Kalifornien einen schwedischen Agenten angeheuert habe. Das hielten die Russen also für sehr lustig.
    Der Oberbefehlshaber rief an. Über die vor lauter Elektronik jaulende abhörsichere Leitung erzählte Samuel Ulfsson kurz, der Dienst stehe vor der größten Krise aller Zeiten. Er forderte die Genehmigung, am nächsten Morgen zwei Konferenzen einzuberufen, eine mit den beteiligten Militärs und eine mit Vertretern des Abschirmdienstes. Beides wurde sofort bewilligt. Die erste Konferenz wurde für 6.30 Uhr morgens festgesetzt.
    Unmittelbar darauf rief der Alte an. Er befand sich auf seiner Apfelplantage in Kivik.
    »Ich habe sehr traurige Neuigkeiten und werde versuchen, mich kurz zu fassen«, begann Samuel Ulfsson und tastete nach seiner Zigaretten-Schachtel, bevor ihm aufging, daß er das Rauchen soeben aufgegeben hatte.
    »Kannst du morgen früh um 6.30 Uhr hier sein?« fuhr er fort.
    »Ich werde später kommen müssen«, brummte der Alte am anderen Ende. »Die frühere Maschine von Sturup geht erst um 6.20 Uhr.«
    »Nimm noch heute abend einen Wagen von Skåne. Wenn es nicht anders geht, requirieren wir beim Militärstab Süd eine Transportgelegenheit. Wenn du dich zu einem Militärflugplatz begeben kannst, fliegen wir dich her.«
    »Ist es wirklich so ernst?«
    »Ja.«
    »Dieses Jaulen hier in der Leitung - gibt es noch einen weiteren Abhörschutz außer dem, daß wir selbst kaum ein Wort verstehen können?«
    »Ich hoffe es wenigstens.«
    »Kannst du sagen, worum es geht?«
    »Nein. Morgen früh hier im Stab zur festgesetzten Zeit. Willst du mit dem Wagen kommen oder fliegen?«
    »Mit dem Wagen.«
    »Gut. Ich erledige das. Du wirst heute abend gegen elf abgeholt. Wir sehen uns morgen. Hej.«
    Samuel Ulfsson ging in den leeren Korridor hinaus und streckte sich. Er ging zur Toilette am Ende des Korridors weiter, statt seine eigene zu benutzen. Warum, begriff er nicht. Er spülte sich das Gesicht mit kaltem Wasser ab und betrachtete sich eine Weile im Spiegel; er sah einen etwas dünnhaarigen, grauen ehemaligen Seeoffizier, der seit vielen Jahren Schreibtischplatten abnutzte und der jetzt vor der größten beruflichen Krise seiner Laufbahn stand.
    Er kehrte in sein Zimmer zurück, rief seine Frau an und erzählte, er werde sich verspäten. Er bekam fast einen hysterischen Lachanfall, als seine Frau unter Hinweis auf die baldige Ankunft der Gäste betonte, nichts könne so wichtig sein, daß es den heutigen Abend gefährden dürfe. Sie hatten ein paar gute und vermutlich auch erwartungsvolle Freunde zum Essen eingeladen.
    Samuel Ulfsson sagte, er werde sich nach Möglichkeit beeilen und warf den Hörer auf die Gabel, ohne weiter zu argumentieren. Soweit er sich erinnerte, war es das erste Mal überhaupt, daß er seine Frau so abgefertigt hatte.
    Dann entnahm er dem großen Panzerschrank der Abteilung sämtliche Akten über Korvettenkapitän Carl Gustaf Gilbert Hamilton.
    Falls Hamilton ein sowjetischer Agent war, waren die Konsequenzen vollkommen unübersehbar. Wenn die Russen ihn überdies in Kalifornien angeworben hatten, bedeutete dies, daß dieser Ausbildungsweg für schwedische Militärs künftig verschlossen sein würde, und außerdem würde es bei dem unausweichlichen Informationsaustausch mit den Amerikanern eine Menge Unannehmlichkeiten geben.
    Hamilton also.
    Der persönliche Rekrut des Alten. Der Alte hatte ihn aus einem ganzen Jahrgang von Wehrpflichtigen herausgepickt und war nach eigener Aussage bei der Auswahl der Person extrem sorgfältig vorgegangen. Immerhin ging es ja um die Einführung einer Funktion, an die der Alte zu dem fraglichen Zeitpunkt bei der Militärführung fast als einziger geglaubt hatte.
    Da sich bei der Unterbringung Hamiltons nach seiner Rückkehr Schwierigkeiten ergaben, landete er vorübergehend als Angestellter beim zivilen Sicherheitsdienst. Das hatte zu einem Massaker an israelischen Agenten in Stockholm geführt. Auf Initiative des ermordeten Ministerpräsidenten hin war Hamilton als erster schwedischer Offizier seit 1905 mit der Medaille für Tapferkeit im Feld ausgezeichnet worden.
    Sollte er schon damals sowjetischer Agent gewesen sein? Nun ja, die fragliche Operation stand wahrhaftig nicht im Widerspruch zu den Interessen der Sowjets.
    Im folgenden Jahr

Weitere Kostenlose Bücher