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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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die ganze Gesellschaft mit unendlich vielen Seemannsknoten, die er an einem Stück Tau demonstrierte. Und als in der Ferne ein U-Bootsturm auftauchte, was großes Aufsehen erregte, warf er nur einen Blick durch seinen mit Gummi überzogenen Militärfeldstecher und stellte fest, es sei HMUB Västergötland, Schwedens modernstes U-Boot. Wer es bezweifle, solle gern die drei gelben Kronen auf blauem Grund sowie die schlaffe, nasse schwedische Flagge studieren, sobald der Turm näherkomme; im übrigen führen schwedische U-Boote in der Nähe bebauter Gegenden oft mit dem ganzen Turm über Wasser, damit nicht ständig wegen vermeintlich russischer U-Boote Alarm gegeben werde.
    Nein, natürlich war er ein richtiger Marineoffizier. Ob er die Verletzungen bei irgendeiner UNO-Mission erhalten hatte?
    Carl war entschieden guter Laune. Ihm gefielen die Polizisten, er fühlte sich entfernt mit ihnen verwandt, und sie erschienen ihm ausnahmslos als vollkommen ehrliche Menschen. Sie hatten zwar, einige sogar bedauernd, zugegeben, daß sie bei der Behandlung von Ganoven manchmal etwas zu hart zuschlugen. Doch so etwas passierte meist den unerfahrensten Leuten, und bei der Polizei war es wie überall in der Gesellschaft: gleich und gleich gesellt sich gern. Jeder suchte sich Kollegen aus, die ähnlich dachten und die gleichen Interessen hatten. Und diese Truppe war innerhalb der recht großen und kunterbunten Schar der Innenstadtwache 1 ein ungewöhnlich netter und umgänglicher Verein. Zumindest hieß es so. Carl bezweifelte es nicht. Er wollte den Umgang mit ihnen gern fortsetzen, da seine Einsamkeit ihn zu stören begann. Überdies durfte er bei Polizisten Verständnis erwarten, wenn er gezwungen war, auf bestimmte Fragen keine Antwort zu geben. Denn wenn er sich weiterhin mit diesen Leuten traf, würden zwangsläufig Fragen auftauchen.
    Seine Tauchvorführung hatte sich nicht vermeiden lassen, doch andererseits war nichts dabei, daß ein ehemaliger Marinetaucher etwas besser tauchen konnte als Polizisten. Und er hatte sich nicht einmal anstrengen müssen, um auf die Schießübung zu verzichten. Auch Fingerhakeln und Ringkämpfe hatte er lächelnd abgelehnt. Früher hätte er solche Gelegenheiten nie ausgelassen. Noch vor ein paar Jahren hätte er draußen in den Schären eine Pistole an sich gerissen und ein ganzes Magazin auf die Bierdose leergeschossen, und hinterher hätte er sich stolz gefühlt wie ein Kind. Und die beiden größten Burschen hätte er fast spielerisch auf die Matte gelegt. Und überflüssige Verwunderung erregt und sich damit lächerlich gemacht. Es war herrlich gewesen, wieder in der Ostsee zu tauchen. Er erinnerte sich an seine Kindheit und an den halbsüßen Geschmack im Mund. Und das Wasser dort draußen war erstaunlich klar gewesen. Selbst weit unter dem Zehn-Meter-Niveau war die Sicht noch einigermaßen gut gewesen. Er hatte sich fast glücklich gefühlt, als er sich unter dem braunen Seetang und dem hellgrünen Seegras da unten an der Grenze zwischen Sonnenlicht und Dunkelheit bewegt hatte. Er glaubte, noch genausogut wie vor ein paar Jahren zu tauchen. Seine Lungenkapazität war nicht geringer geworden, obwohl er sich sehr anstrengen mußte, um im Training zu bleiben. Er war vierunddreißig Jahre und hatte angefangen, sich ein wenig fett zu fühlen. Außerdem sorgte er sich um seinen Haarausfall, hatte aber versucht, seine Besorgnis durch das Tauchen zu kompensieren.
    Er verscheuchte den Gedanken, Eva-Britt sei am Morgen nur erschienen, um ihm nachzuspionieren. Es war ja nichts dabei, und als er sie entdeckt hatte und weggetaucht war, um außerhalb ihres Sehfelds an Land zu gehen und sie eine Zeitlang von hinten zu studieren, hatte sie nur besorgt ausgesehen.
    Sie war ein gutes Mädchen. Sie hatte ihren Beruf gewählt, weil sie daran glaubte, und sie war mit Sicherheit eine sehr gute Polizistin. Trotz eines etwas grobkörnigen Teints war sie recht süß, und ihre Sprache mit der Mischung aus hartem Polizeijargon und einem fast pastorenhaften, ländlichen Ton bezauberte ihn.
    Es war zwar merkwürdig, daß sie mit Dienstwaffe und Handschellen bewaffnet ein Restaurant besuchte. Doch das gehörte vielleicht zu ihrer berufsmäßigen Routine. Immerhin hatte sie viel mit Fahndung zu tun.
    Das einzige, was nagende Unruhe in ihm auslöste, war das, was nach dem Essen bei ihr zu Hause passieren würde, wenn sie beide auf dem Sofa saßen und Aquarelle studierten, oder was sonst in Frage kam. Er hatte ein wenig

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