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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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eine bessere Wahl als die Stroganoff-Alternative.
    Der Alte war der Meinung, die Verhöre an einem Tag geschafft zu haben, und verabschiedete sich eilig von Oberstleutnant Skip Harrier, den er für einen höchst eigenwilligen Charakter hielt.
    »Nun, Oberst? Sind die Jungs russische Agenten?« lachte Skip Harrier. Er schien die Angelegenheit nicht im mindesten ernst zu nehmen.
    »Wenn ja, sind wir alle beide Mickey Mouse.« Der Alte lächelte. Er war zufrieden, einem Amerikaner zum erstenmal amerikanisch geantwortet zu haben.
    »Und jetzt wollen Sie nach Hause und einigen Leuten in den Hintern treten?«
    »Nein, ich fliege nach London.«
    »Kann ich mir denken. Geben Sie diesen miesen Tunten auch von mir eine Abreibung. Quetschen Sie ihnen die Scheiße aus dem Leib.«
    »Nun ja«, lächelte der Alte vorsichtig, »ich werde jedenfalls ein sehr ernstes Gespräch mit ihnen führen.«
    In dem großen Militärkomplex am Lidingövägen in Stockholm brannte nur noch in wenigen Fenstern Licht.
    Das erste Licht der Morgendämmerung begann durch die Jalousien ins Vernehmungszimmer zu dringen, und die drei Männer hatten Bartstoppeln und leicht blutunterlaufene Augen. Carl hielt ihren Versuch, ihn zu erschöpfen, für aussichtslos. Die beabsichtigte Wirkung mußte ja zwangsläufig ausbleiben. Während der zwei Jahre seiner Vernehmungsausbildung auf der Sunset Farm hatte er Tricks kennengelernt, welche die schwedischen Vernehmer an ihrem Verstand zweifeln lassen würden.
    Carl war ziemlich sicher, den meisten Formen körperlicher Folter widerstehen zu können, wenn die Sache wichtig genug war. Und die Dinge, denen man sich nicht widersetzen konnte, etwa bestimmte chemische Präparate, die einige Teile der Gehirntätigkeit außer Gefecht setzen, ließen sich theoretisch durch ein sinnloses Geplapper neutralisieren.
    Diese letzte Theorie stand jedoch auf eher wackeligen Beinen und ließ sich unter realistischen Bedingungen auch nicht üben.
    Doch das altmodische Polizeiverhör, bei dem die Vernehmer ständig nach kleinen Lügen und Widersprüchen suchten, die Art von Verhör, das jetzt im Gang war, war fast so etwas wie eine intellektuelle Beleidigung.
    Seine Wut hatte Carl nun schon lange genug im Zaum gehalten. Was sich jedoch im Verlauf des amateurhaften Gefasels immer tiefer in seine Seele einbrannte, war die Erniedrigung.
    Der Vernehmungsleiter, Lennart Borgström, ging von einer leicht zu durchschauenden Hypothese aus. Sie lief auf folgendes hinaus: Da Carl während der Schulzeit Kommunist geworden war und Kommunisten Anhänger der Sowjetunion waren, waren pro-sowjetische junge Leute leichte Rekrutierungsobjekte. Folglich hatte sich Carl bewußt um eine Anstellung beim schwedischen Nachrichtendienst bemüht, gerade weil er schon als Oberschüler sowjetischer Agent gewesen war, das heißt FNL-Anhänger et cetera, was sich beweisen ließ. Ohne die Geduld zu verlieren und ohne aufzubrausen hatte Carl beharrlich zu erklären versucht, daß es da Unterschiede gebe: Die pro-sowjetischen linksgerichteten Organisationen, die unter den schwedischen Linksparteien schon immer eine unbedeutende Minderheit gewesen seien, seien etwas völlig anderes als jene antiimperialistisch ausgerichtete Linke.
    Jede dieser Erklärungen nutzten die Vernehmer, um Carl in Bedrängnis zu bringen. Er solle gestehen, daß er ein Gegner des »sogenannten US-Imperialismus« sei, denn das sei er immerhin gewesen. O ja, er sei es noch heute.
    Auf diese Weise hoffte man nachweisen zu können, daß Carl durch eine Art Automatik zum Anhänger des sowjetischen Imperialismus geworden sei.
    Carl verwies darauf, daß er vor einem Jahr der Afghanistan-Sammlung zwei Millionen Kronen geschenkt habe. Doch Borgström interpretierte dies als cleveres Manöver, sich eine reine Weste zu verschaffen.
    Carl erwähnte, er habe einen Überläufer nach Schweden gebracht, den auch seine Vorgesetzten als echten Überläufer beurteilt hätten, Vizeadmiral Koskow. Doch in Borgströms Augen war das nur ein Beweis, daß er dem sowjetischen Nachrichtendienst bei der Verbreitung von Desinformation geholfen habe. Borgström war vermutlich nicht autorisiert, sämtliche Koskow-Akten einzusehen.
    Carl wies darauf hin, daß er auf dem Heimflug mit Koskow einer Gruppe von Flugzeugentführern entgegengetreten sei und dabei zwei getötet und den dritten unschädlich gemacht habe. Diese Flugzeugentführung habe unmöglich ein Zufall sein können, und sämtliche Berichte und Zeugenaussagen

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