Feind des Feindes
miteinander zu tun hatten. Dennoch waren sie so etwas wie politische Zeitbomben. Falls es nicht gelang, sie zu entschärfen, würde das den bevorstehenden Wahlkampf derart erschüttern, daß es nur noch um »Skandale« und »Affären« ginge sowie um die Frage, welche Verantwortung die Regierung für das trage, was nicht geschehen war, welche Verantwortung sie dafür trage, was Genossen eventuell getan hatten und was die Regierung in diesem Fall gewußt oder nicht gewußt hatte.
Kampagnen dieser Art waren in den letzten Jahren fast zu einem Verhaltensmuster geworden. In mehreren Fällen hatte man ahnen können, daß es der Sicherheitsdienst des Landes gewesen war, der das politische Klima durch gezielte Indiskretionen der Presse gegenüber zu beeinflussen suchte. Die Partei hatte sich deshalb vorgenommen, den Sicherheitsdienst nach der Wahl so nachhaltig zu kastrieren, daß sich solche Operationen nie mehr wiederholen ließen.
Man konnte ahnen, daß wiederum der Sicherheitsdienst hinter dem jüngsten Skandal steckte. Eine Person, die im inneren Kreis der Partei als besonderer Vertrauter des Regierungschefs galt, wie Sorman den Mann selbst beschrieb, den er im stillen zudem von Herzen verabscheute, war von Polizeibeamten des Rauschgiftdezernats wegen Kokainbesitzes festgenommen worden. Man hatte den Mann in seiner eigenen Wohnung geschnappt. Bei einem Fest. Genossen, Journalisten und Politiker waren anwesend gewesen. Der bürgerlichen Presse zufolge waren jetzt mehrere »Spitzensozis« verdächtig, Rauschgiftvergehen begangen zu haben, und man wußte zu erzählen, derlei habe es schon seit Jahren gegeben. Jedoch hätten »Spitzensozis« immer außerhalb des Gesetzes gestanden oder selbst gemeint, außerhalb oder vielmehr über dem Gesetz zu stehen. Mehrere Personen seien vorläufig festgenommen worden, darunter ein Beamter der Einwanderungsbehörde, der mit Flüchtlingsfragen befaßt sei.
Zwei der bei dem Fest Anwesenden, der Beamte der Einwanderungsbehörde und die hochstehende Person im inneren Kreis der Partei, hätten überdies seit einem halben Jahr aus schwer nachvollziehbaren Gründen ausgesuchte Polizeibeamte als Leibwächter zur Verfügung gehabt. Was natürlich die vermeintlichen Delikte in einem noch seltsameren Licht erscheinen ließ.
Zwei Dinge waren der Öffentlichkeit noch nicht bekannt geworden. Der Tip ans Rauschgiftdezernat der Stockholmer Polizei war von der Sicherheitspolizei gekommen. Aus diesem Grund hatte man auch nicht gezögert, trotz der hohen gesellschaftlichen Stellung der Festteilnehmer zuzuschlagen.
Der zweite Sachverhalt war schlimmer, obwohl das Risiko einer Veröffentlichung in der Presse nicht allzu groß zu sein schien. Die ausgesuchten Polizeibeamten waren homosexuell, und gerade diese Veranlagung war bei der Auswahl die herausragende Qualifikation gewesen, da sie von den zwei zu schützenden »Spitzensozis« geteilt wurde. Die Polizisten waren folglich sozusagen Lustknaben von Amts wegen.
Eine solche Geschichte konnte im Wahlkampf verheerende Konsequenzen haben.
Die unwichtigste Angelegenheit auf Sormans Schreibtisch, jedenfalls der Papiermenge nach, galt einer möglicherweise drohenden Spionageaffäre. Der Oberbefehlshaber hatte Sorman schriftliche Informationen über Angaben des britischen Nachrichtendienstes zukommen lassen, die darauf hinausliefen, daß ein Beamter der Sicherheitspolizei und zwei Offiziere eventuell sowjetische Spione seien.
Es war schwer zu beurteilen, wie eine solche Affäre sich politisch auswirken würde. Peter Sorman hoffte für sich, die Angaben würden sich zumindest im Fall des Verdächtigen bei der Sicherheitspolizei als korrekt erweisen. Einmal hatten die Sicherheitsleute plötzlich mit einem anderen Fall alle Hände voll zu tun, zum andern konnte man den Spionageskandal gegen sie wenden, wenn es nach der Wahl an der Zeit war, das Schlachtmesser zu ziehen.
Was die beiden Offiziere anging, hatte das Verteidigungsministerium beschlossen, die Ermittlungen zunächst intern zu führen, bevor der zivile Sicherheitsdienst hinzugezogen würde. Was eine höchst verständliche Maßnahme war. Überdies hatte man auf die Verdächtigungen gegen einen bestimmten Offizier in der geheimsten Sektion des schwedischen Nachrichtendiensts äußerst skeptisch reagiert.
Peter Sorman hatte einige Dokumente über Carl Gustaf Gilbert Hamilton vor sich auf dem Schreibtisch. Er war dem Mann nie begegnet und wußte nicht einmal, wie er aussah, obwohl Hamilton das
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