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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Sir… Verzeihung, ich habe lange gezweifelt, aber im letzten Jahr stand mein Entschluß fest.«
    »Nach der Operation Big Red?« Joar Lundwall zögerte.
    »Können wir hier darüber sprechen, Sir?«
    »Ja. Du mußt wissen, daß meine clearance genau wie deine ist. Du hast dich also nach der Operation Big Red entschlossen?«
    »Ja.«
    »Warum?«
    »Ich weiß nicht. Es ist einfach so. Aber ich glaube, daß…« Joar Lundwall zögerte erneut.
    »Ja? Du glaubst was?«
    »Ich glaube, daß jemand, der so etwas mitgemacht hat und, wie heißt das noch? Pulled the thing? Ja, dem es also gelungen ist, daß der also für immer dabei ist.«
    Der Alte blieb eine Weile schweigend sitzen und betrachtete nachdenklich eine der geheimsten und vermutlich eine der effektivsten Waffen im Arsenal der schwedischen Streitkräfte. Zumindest war dies seine Theorie gewesen, als er diesen Versuch gegen harten Widerstand einiger Teile des Generalstabs vor vielen Jahren durchgesetzt hatte.
    Ein junger und sichtlich durchtrainierter Mann, der wie ein Leichtathlet aussah; man hätte beispielsweise auf Stabhochsprung tippen können; ein junger Mann mit einem Aussehen, das ihn jederzeit als Mitteleuropäer, Russe, Schwede, Amerikaner oder sonst etwas durchgehen lassen würde, gekleidet in tarnfarbene Übungsuniform ohne andere Kennzeichen als ein paar goldfarbene Schwingen mit einem kleinen Symbol in der Mitte, die auf der rechten Uniformseite befestigt waren.
    »Sag mal, was ist das für ein Abzeichen da?« fragte der Alte und zeigte.
    »Das sind die goldenen Schwingen von SEAL, Sir. Verzeihung, ich meine Oberstleutnant.«
    »Aha. Und was ist es?«
    »Die Auszeichnung?«
    »Ja.«
    »Wenn man bestimmte Prüfungen im Rahmen der SEAL- Ausbildung besteht, bekommt man so ein Ding. Es ist aus achtzehnkarätigem Gold.«
    »Was für Prüfungen?«
    »Meist athletische Übungen. Tauchen, nächtliche Fallschirmübungen, Überlebenstraining, von allem etwas. Etwa zehn Prozent der Absolventen der normalen SEAL-Ausbildung erhalten die Schwingen.«
    »Aha. Hat dein Kollege sie auch?«
    »Stålhandske. Ja, der hatte keine größere Schwierigkeiten, und dann selbstverständlich Korvettenkapitän Hamilton. Aber …«
    »Ja?«
    »Die Schwingen sind kein Teil der Uniform, sondern eine Auszeichnung. Man hat also das Recht, sie etwa so wie andere Auszeichnungen und Orden an der Uniform zu tragen.«
    »Etwa wie die Tapferkeitsmedaille des Königs?«
    »Richtig.«
    Der Alte lächelte. Der Junge war sechsundzwanzig Jahre alt und noch nicht mal Fähnrich, und trotzdem hatte er mehr Gold an der Uniform, vor allen Dingen höherkarätiges Gold als jeder lebende schwedische General.
    »Lauft ihr immer mit diesen Dingern herum?« fragte er lächelnd.
    »Nein. Aber… Nun ja, man könnte sagen, daß ich mich für dieses Gespräch etwas herausgeputzt habe.«
    »Diese Schwingen werden also auch die Fähnrichsuniform zu Hause in Schweden schmücken?«
    »Ja, falls ich überhaupt Uniform tragen werde.«
    »Hm. So. Nein, jetzt müssen wir zu einem etwas unangenehmeren Thema übergehen. Herzlichen Glückwunsch übrigens zur Tapferkeitsmedaille. Ich halte sie für wohlverdient.«
    »Danke, Sir!«
    »Und hör auf, mich dauernd Sir zu nennen.«
    »Ja, Oberstleutnant!« Der Alte seufzte erneut.
    »Erzähl mir, wie ihr die Operation Big Red durchgeführt habt«, begann er.
    Zunächst war Joar Lundwall der Meinung, der Alte sei nur neugierig und wolle etwas abschweifen, und so gab er einen recht kurz gefaßten Bericht.
    Doch der Mann, der wie ein Uhu aussah, verlangte unermüdlich nach immer neuen Einzelheiten, sprach von Tauchtiefe, Kompressionsverhältnissen und anderen Dingen, von denen er offensichtlich nicht viel verstand, ferner von Zeitfaktoren, den Transporten von einem Punkt zum anderen, den Vorbereitungen, Übungen, dem Unterschied zwischen schwedischer und amerikanischer Ausrüstung, der Wirkung gezielter Sprengungen unter Wasser, er fragte nach Anzeichen dafür, ob die Ziele bemannt gewesen seien und was bei dem letzten Ziel passiert sei, bei dem Feldwebel Stålhandske irgendein Unterwasserfahrzeug angegriffen und zerstört habe.
    Das Verhör dauerte jetzt schon eineinhalb Stunden. Von Zeit zu Zeit legte der alte Uhu ruhig eine neue Kassette ein, und das, was sich bei Joar Lundwall zunächst als nagende Unruhe bemerkbar gemacht hatte, wurde schließlich zur Gewißheit.
    Die Befragung war ein Verhör und nichts sonst. Man bezweifelte offenbar, daß die Operation überhaupt

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