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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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stattgefunden hatte. Man schien den Verdacht zu liegen, daß die Ziele noch an Ort und Stelle waren, daß sie nicht zerstört worden waren, oder etwas in der Richtung.
    Als Joar Lundwall endgültig Klarheit über den Zweck des Verhörs gewonnen zu haben glaubte und der Alte eine Pause einlegte, um wieder eine Kassette zu wechseln, konnte er nicht mehr an sich halten.
    »Permission to speak, Sir! Verzeihung, ich meine, darf ich eine Frage stellen?«
    »Aber ja.«
    Der Alte sah Joar Lundwall forschend ins Gesicht.
    »Natürlich, bitte, frag ruhig.«
    Joar Lundwall schwieg eine Weile, als mußte er sich sammeln.
    »Verzeihung, wenn ich es rundheraus sage, Oberstleutnant. Aber das, was Sie hier machen, ist nichts als bullshit. Wir haben sie gehört, wir haben sie getötet, und vor allem wären wir selbst um ein Haar gestorben. Und dieses Verhör läuft doch darauf hinaus, aber wenn Sie zweifeln, brauchen Sie doch nur die Überreste zu untersuchen?«
    »Wie wärt ihr beinahe umgekommen? Lag das an dieser zu sehr ausgedehnten Kompressionszeit?« fragte der Alte kalt weiter, ohne sich durch den entscheidenden Einwand beirren zu lassen.
    »Nein, nicht nur daran. Beim letzten Ziel hatten die Russen inzwischen gemerkt, daß da etwas faul war. Möglicherweise hat man sie von Kaliningrad aus über Langwelle informiert oder sonstwie, und außerdem besaßen sie automatische Notbojen, die mit einem Sender an die Oberfläche stiegen, als die Anlagen gesprengt wurden… sie hatten jedenfalls was gemerkt. Sie bereiteten jedenfalls einen Ausbruchsversuch vor, und Korvettenkapitän Hamilton stellte den Timer auf so kurze Zeit ein, daß es höchst unsicher war, ob er und ich uns noch rechtzeitig würden entfernen können, bevor es knallte. Und dann befahl er Stålhandske, sich dieses Mini-U-Boot vorzunehmen, das die Station gerade verließ. Und dann hat er Stålhandske losgeschnitten. Ja, und danach sind wir mit dem Hubschrauber über diesem Abschnitt gekreist und glaubten schon, wir wurden Stålhandske nie mehr wiedersehen…«
    »Befahl? Wie bewerkstelligt man das unter Wasser?«
    »Er durchschnitt die Signalleine zwischen uns, nahm Stålhandske bei der Hand, gab ihm eine Sprengladung und einen Timer und zeigte. Das ist der übliche Befehlsablauf unter Wasser. Wir sind darauf trainiert, einander zu verstehen, und hatten vorher ja auch einige Zeit gemeinsam geübt.«
    Der Alte stellte den Rekorder ab und erhob sich mühsam. Er fühlte sich alt und etwas müde, war aber der Meinung, genug gehört zu haben.
    Joar Lundwall war automatisch aufgesprungen und hatte Haltung angenommen, sobald der Alte sich erhoben hatte.
    Dieser lächelte ihn an, als er ihm die Hand hinstreckte.
    »Wenn der Leutnant Lundwall beim SSI eintritt, werde ich leider schon in Pension gegangen sein«, sagte er. Er zögerte, bevor er weitersprach. Was er jetzt sagen wollte, konnte er im Grunde nicht garantieren, ganz und gar nicht. »Vielleicht macht es dir aber Freude zu hören, daß dein nächsthöherer Vorgesetzter Korvettenkapitän Hamilton sein wird, wenn du deinen Dienst antrittst.«
    »Danke, Sir!« schrie Joar Lundwall. Er sah unendlich erleichtert aus.
    Der Alte gab ihm die Hand und ging, ohne noch etwas zu sagen.
    Fünf Minuten später traf er den Feldwebel Åke Stålhandske. Es fiel ihm sehr schwer, bei dieser Begegnung seine Bestürzung zu verbergen.
    Stålhandske war ein Riese, ein weißblonder Finnlandschwede, jedoch mit dem gleichen Tarnanzug und den gleichen goldenen Schwingen auf der Brust wie sein etwas menschlicher aussehender Kollege. Die Prozedur der Begrüßung folgte dem gleichen amerikanischen Drillmuster wie vor ein paar Stunden. Bei der Vernehmung Stålhandskes ging es in erster Linie darum, wie er sich an einer Art Mini-U-Boot festgehalten hatte, wie er die Sprengladung angebracht, scharf gemacht und wie er eine Weile »wie so ein verfluchter Wimpel« mit einer Hand an dem Gefährt gehangen und gleichzeitig mit der anderen die Zeit eingestellt hatte, während er überlegte, was passieren würde, wenn er losließ. Vermutlich wäre er von einem oder zwei Propellern angesaugt und am anderen Ende »als tschekistisches Bœef Stroganoff« herausgekommen. Stålhandske erklärte jedoch, daß er beschlossen habe, ein Risiko auf sich zu nehmen. So habe er die Ampulle für die Schwimmweste ausgelöst und sei dann wie ein Korken an die Oberfläche geflogen. Soweit der Alte folgen konnte, brachte das auch einige Gefahrenmomente mit sich. Aber immer noch

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