Feind des Feindes
in die Brusttasche seiner Jacke.
Anschließend faßten beide im Wechselgespräch die Lage zusammen.
Sandström arbeitete in Moskau. Der Bericht aus dem Affenhaus bestätigte das letzte Mosaiksteinchen, das noch gefehlt hatte. Der PFAU hatte von Sandström Besuch erhalten.
Die Russen hatten folglich einen ihrer eigenen Agenten ans Messer geliefert, aber der wäre ohnehin bald in Pension gegangen, womit er jede Bedeutung verloren hätte. Aus irgendeinem Grund waren sie der Meinung, TRISTAN als unbedingt glaubwürdig erscheinen lassen zu müssen, und aus diesem Grund hatten sie mehrere eigene Leute geopfert, darunter zumindest einen wichtigen Mann. Sie wollten den schwedischen Generalstab also um fast jeden Preis dazu bringen, sich Hamiltons zu entledigen, sich in ein selbstzerstörerisches Chaos zu stürzen und womöglich noch daran zu zweifeln, daß Big Red überhaupt stattgefunden hatte. Vielleicht wollten sie die Schweden auch dazu bringen, die Informationen des Überläufers Koskow für unglaubwürdig zu halten.
Wäre es ihnen gelungen, hätten sie unter anderem den militärischen Nachrichtendienst Schwedens für etliche Jahre lahmgelegt. Etwas in dieser Richtung mußte das Motiv für das Unternehmen TRISTAN gewesen sein.
Nächste Schlußfolgerung: Sandström würde für etliche Jahre eine Qual und eine finanzielle Belastung darstellen. Jetzt mußte nicht nur sein gesamtes Wissen rekonstruiert werden, was strategische Informationen betraf, man mußte auch seinen gesamten, teuflisch großen Bekanntschaftskreis bei den Streitkräften und der Polizei durchleuchten, um sich gegen neue Provokationen zu rüsten.
Ein düsterer Aspekt des Ganzen war natürlich, daß all dies nicht nur Geld kosten, sondern auch Kräfte binden würde. Das war jedoch unausweichlich.
Geld würde vom Oberbefehlshaber kommen, der wiederum die Politiker anzapfen würde.
Doch die Politiker würden den Preis nicht entrichten, wenn sie keinen Beweis erhielten, und einen Beweis konnte man ihnen kaum liefern.
»Sofern wir Sandström nicht fotografieren. Wir haben ja seine Adresse«, sagte der Alte plötzlich und begann, in den Taschen nach einer Zigarre zu wühlen, besann sich aber eines besseren, als er daran dachte, wie schwer es seinem Chef fiel, auf das Rauchen zu verzichten.
Der Alte entwickelte behutsam einen Plan.
Man werde mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen können. Erstens war es ja nicht gerade ein Auftrag für pensionsreife Obristen am Ende ihrer Laufbahn als Militärattachés, insgeheim einen am Rande Moskaus lebenden schwedischen Spion zu fotografieren.
Zweitens sollte man den Russen zeigen, daß ihre Provokation völlig danebengegangen war. Einen russischen Spion macht man nicht zum Militärattaché in Moskau.
Drittens: Vielleicht wäre es eine gute Idee, Carl einen absolut ruhigen und angenehmen Auftrag zu erteilen, fern von all den unangenehmen Erlebnissen, die der Junge in den letzten Jahren hatte mitmachen müssen.
Denn bei näherem Nachdenken, argumentierte der Alte weiter, sei es im Augenblick etwas unbequem, Hamilton in dem geheimen Teil des Nachrichtendiensts zu behalten. Aber es könne für ihn nur nützlich sein, als Marineattaché einzuspringen, und überdies sei es doch Sam persönlich, der Marineattachés ernenne?
Damit konnte man nicht nur den Russen, sondern vor allem Hamilton selbst zeigen, daß die Streitkräfte auch weiterhin ein unerschütterliches Vertrauen zu ihm hatten.
Samuel Ulfsson dachte nach, und der Alte machte keinerlei Anstalten, ihn zur Eile anzutreiben.
Das war natürlich ein unerwarteter Vorschlag. Es war wenig wahrscheinlich, daß die Russen sich an Hamilton herantrauen würden. Aber Hamilton vor dem Hintergrund all dessen, was geschehen war, einfach wieder im geheimen Dienst einzusetzen, war nicht ganz unkompliziert bei der jetzt so erregten Lage.
Wenn es möglich war, ein Bild von Sandström zu erhalten, würde das zahlreiche praktische und finanzielle Probleme lösen angesichts all der zusätzlichen Gelder für den Nachrichtendienst, um die man den OB noch bitten mußte. Und um die er die Politiker bitten mußte.
Ja, das war eine gute Idee. Mehr noch: Es war eine glänzende Idee.
»Du magst den Jungen, nicht wahr?« fragte Samuel Ulfsson, ohne zu verraten, welche Schlüsse er schon gezogen hatte.
»Ja«, erwiderte der Alte mit einem schweren Seufzer. »Ich mag diesen Jungen sehr. Nicht nur, weil das Ganze meine Idee gewesen ist, sondern auch, weil wir eine gewisse
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