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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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aufrichtig, zum Teil nicht. Was seinen eigenen Ring und offensichtlich auch euren Mann betrifft, entspricht alles den Tatsachen. Was zwei Personen hier bei uns betrifft, ist unwahr. So sieht es im Augenblick aus.«
    »Und das soll ich glauben?«
    »Ja. Das glauben wir. Und die Regierung. Sollten sich plötzlich Gründe ergeben, die eine Meinungsänderung erzwingen, werden wir natürlich die Polizei hinzuziehen. Im Moment besteht dazu kein Anlaß.«
    »Das ist aber eure Schuldigkeit.«
    »Wie bitte?«
    »Euch mit einem solchen Verdacht an die Polizei zu wenden. Es ist unsere Sache zu entscheiden, ob die Angelegenheit zu den Akten gelegt werden kann oder nicht.«
    Näslund machte fast den Eindruck, als wäre er bereit, in dieser Frage Streit anzufangen. Samuel Ulfsson blieb nur noch die Möglichkeit, den Konflikt auf bürokratisch brutale Weise zu verhindern.
    »Wenn du meinst, dich beklagen zu müssen, geh zur Regierung. Sollte etwas auftauchen, was für die Polizei von Interesse sein könnte, melden wir uns.«
    Er ertappte sich dabei, selbst fast schon aggressiv zu klingen, und ermahnte sich im stillen, sich von der allgemeinen Widerwärtigkeit des Polizeimannes nicht provozieren zu lassen.
    Näslund antwortete nicht. Er sah aus, als hätte er genug, als er jetzt endlich seine Aktentasche öffnete und einen braunen Umschlag mit der Aufschrift »Reichspolizeiführung« auf Samuel Ulfssons aufgeräumten und tabakfreien Schreibtisch legte. Dann verabschiedete er sich mit einem kurzen Kopfnicken und ging.
    Samuel Ulfsson riß den Umschlag sofort auf und las schnell die Vernehmungsprotokolle durch. Alles stimmte. Er seufzte tief vor Erleichterung und sah sich nach seinen Zigaretten um, bis es ihm wieder einfiel.
    Er drückte auf den Knopf seiner Gegensprechanlage, um seine Sekretärin zu bitten, den Alten aus den hinteren Regionen herbeizuholen, wo der alte Uhu abgewartet hatte. Aber der war schon unterwegs.
    Samuel Ulfsson verließ seinen Chefsessel und setzte sich an den kleinen Seitentisch unter dem Gemälde mit dem Feldwebel und dem zwangsrekrutierten Knecht und werdenden Karoliner. Er nahm die Vernehmungsprotokolle der Säpo und legte die Papiere vor den Stuhl gegenüber. In diesem Moment betrat der Alte den Raum mit überraschend fröhlicher Miene. Die an einen Uhu erinnernden Augenbrauen waren hoch in die Stirn gezogen.
    »Seit wann bist du gegen grausame Tierversuche?« begrüßte ihn der Alte munter.
    »Wieso?« fragte Samuel unentschlossen, als sollte er über einen Scherz lächeln, den er nicht verstanden hatte.
    »Wie bitte? Hast du nicht gesehen?« fuhr der Alte unverändert munter fort, während er sich setzte und nach den Dokumenten aus dem Affenhaus griff, »du hast da draußen an der Wand einen Aufkleber mit einem politischen Slogan. Direkt über dem Knopf, den man drücken muß, um zu erfahren, ob man zu dir reindarf oder ob man warten soll. Gegen grausame Tierversuche. Auf deutsch. - Na ja, ich habe nichts anderes erwartet, und unten im Affenhaus kapieren die inzwischen wohl gar nichts mehr?«
    Der Alte begann zu lesen. Er hielt die Dokumente direkt vor die Augen, und die Brille hatte er in die Stirn geschoben. Normalerweise setzte er eine Lesebrille auf, wenn er aber etwas zu lesen vor sich hatte, schob er sie unweigerlich in die Stirn.
    »Nun ja, ich pflege ja nicht auf den Warteknopf zu drücken, wenn ich zu mir selbst ins Zimmer will. Habe nichts von grausamen Tierversuchen gesehen. Auf deutsch außerdem, sagtest du?«
    »Ja. Aber über dem Codeknopf zum Sklavenkorridor sitzt ein noch besserer Slogan. Hast du den auch nicht gesehen?«
    Der Alte las schnell quer, als ginge es vor allem darum festzustellen, daß die Protokolle alles enthielten, womit er gerechnet hatte.
    »Also«, fuhr der Alte fort, als er keine Antwort erhielt, »irgend jemand hat da einen englischen Spruch aufgehängt, ich glaube, ich habe ihn irgendwo schon mal gehört, aber dann wieder vergessen. Er ist jedenfalls gut. Über dem Codeschloß. Hast du ihn wirklich nicht gesehen?«
    »Nein, aber erzähl schon. Was steht denn da«, brummelte Samuel Ulfsson.
    »Nun, in einfacher Übersetzung etwa folgendes: Spionage ist einer der zwei ältesten Berufe der Welt. In dem zweiten Beruf gibt es jedoch weniger Amateure und weniger Unmoral. Ziemlich passend für die heutigen Übungen, nicht wahr?«
    »Nein, den hab ich nicht gesehen. Ja, das könnte man schon sagen.«
    Der Alte war mit seiner Lektüre schon fertig und steckte die Lesebrille

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