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Feind des Feindes

Feind des Feindes

Titel: Feind des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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schwer zu begreifen, worum es bei diesen Reisen gegangen war.
    Der Fehler war, daß man bei Zentral zuwenig darüber wußte, was Hamilton in Kalifornien eigentlich getrieben hatte. Nur eines wußte man sicher: daß er eine ganz besondere Auszeichnung erhalten hatte, diese Schwingen mit einer Kralle, die einen Dreizack hält.
    Jurij Tschiwartschew seufzte. Diese Information hatte er selbst beschafft, und damals hatte er sich zufrieden gefühlt. Ein Farbfoto von Hamilton in Uniform, als dieser von der französischen Botschaft nach Hause kam. Eine Detailvergrößerung von Hamiltons Brust mit allen Auszeichnungen im Original: Dann hatte irgendein unglücklicherweise tüchtiger Beamter der Informationseinheit in Moskau das Rätsel gelöst, und damit hatte man ein kleines, aber interessantes Stück Wissen über Hamilton, nämlich seine Ausbildung bei den SEAL- Spezialisten, die nur in Kalifornien gedrillt wurden.
    Wenn dieses Foto nur eine Sekunde später geschossen worden wäre, wäre die Lage jetzt erheblich besser. Jurij Tschiwartschew hatte dieses Foto eine Zeitlang oft angestarrt und sah fast den Wind vor sich, der den Umhang zur Seite wehte, so daß Hamiltons Brust entblößt wurde. Jetzt zeigte sich, daß es ein grundlegender Fehler gewesen war, ausgerechnet Hamilton zu diskreditieren, obwohl der Wunsch, gerade die Abteilung der schwedischen Streitkräfte zu zerschlagen, in der Hamilton arbeitete, durchaus verständlich war.
    Dieser Plan war einfach eine Nummer zu groß gewesen. Es war undenkbar, daß die Schweden einen so ungeheuerlichen Vorwurf gegen Hamilton ohne weiteres schlucken würden.
    Allerdings konnten die Gegensätze der schwedischen Organisationen untereinander für Unruhe sorgen. Bei der Sicherheitspolizei wußte man, daß TRISTAN auch zwei Militärs denunziert hatte. Würde sich die schwedische Regierung mit vagen Erklärungen der Streitkräfte begnügen, man habe den Bericht nur analysiert und für fehlerhaft befunden, was den schwedischen Nachrichtendienst betreffe? Das war wenig wahrscheinlich.
    Die Lage wurde dadurch noch weiter kompliziert, daß man bei der Sicherheitspolizei begonnen hatte, mit dem PFAU über eine eventuelle Immunität zu verhandeln. Da in Schweden eine Wahl bevorstand, würde das Ganze wahrscheinlich damit enden, daß das Geheimnis platzte - nachdem die schwedische Regierung ihre Zustimmung gegeben hatte, einem Agenten gegen die Zusage umfassender Zusammenarbeit Immunität zu gewähren.
    Und dann konnte es zu einem der gewohnten schwedischen Skandale kommen, bei dem mancherlei ans Licht zu kommen pflegte, und schlimmstenfalls würde sich dann auch herausstellen, daß der sowjetische Agent aufgrund von Informationen aus dem Ausland aufgeflogen war.
    Das allerdings wäre extrem unglücklich. Es war die ständige Politik des GRU, die Personen, die man anzuwerben suchte oder als Denunzianten und Informanten angeworben hatte, jederzeit eines nachträglichen Schutzes zu versichern und ihnen zu garantieren, daß man sie auswechseln werde, daß sie Jobs und Funktionen bekamen, die in Moskau auf sie warteten, ja daß man sie sogar aus dem Gefängnis in die Freiheit schmuggeln konnte - vermutlich gab es auf der Gehaltsliste des GRU in Schweden Leute, die dabei an Sandström dachten.
    Eine Publizität allerdings des Inhalts, daß sie selbst sofort als Schachbauern geopfert werden konnten, sobald irgendein General in der zentralen Führung es für richtig hielt, wäre die schlechteste denkbare Botschaft vor allem für künftige Agenten. Solche Publizitätsschäden waren nicht leicht zu reparieren.
    Vorerst konnte man nur darauf hoffen, daß das Militär ganz einfach darauf verzichtete, detaillierte Informationen über seine Schlußfolgerungen bezüglich des TRISTAN-Berichts herauszugeben.
    Und zu all diesen ohnehin schwierigen und schwer vorherzusehenden Problemen kam noch die Frage nach Hamilton selbst hinzu.
    Es war unbegreiflich. Moskau wollte eine Art Analyse und behauptete, es sei wegen irgendeiner Formalität von großer Dringlichkeit. Wahrscheinlich lag es daran, daß sie Hamilton als Diplomaten beglaubigen sollten.
    Warum? Erstens. Und gibt es irgendwelche Einwände? Zweitens.
    Warum - das konnte Juri Tschiwartschew unmöglich verstehen.
    Warum sollten die Schweden Hamilton aus dem Geheimdienst herausnehmen und zu einem Teil der offenen Nachrichtendiensttätigkeit machen? Und warum ausgerechnet in Moskau? Jurij Tschiwartschew konnte nur raten, und Vermutungen waren meist nicht das,

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