Feind des Feindes
Platz zwei neben dem Herzen untergebracht. Und jeder deutsche Träger des Bundesverdienstkreuzes, der seine Auszeichnung am äußersten Rand einer Reihe von Ordensspangen gesehen hätte, hätte sich zu Recht verletzt gefühlt.
Doch für einen schwedischen Fregattenkapitän war es eine Selbstverständlichkeit, die schwedischen Auszeichnungen dem Herzen am nächsten zu tragen.
Die Anordnung war in all ihrer Arroganz untadelig.
Was das Objekt selbst anging, den Verräter Sandström, schienen keine besonderen Studien erforderlich zu sein. Sein Aussehen und seine Adresse reichten, wie Samuel Ulfsson fand. Carl teilte diese Auffassung ganz und gar nicht.
Am wichtigsten waren jedoch die Russischkenntnisse und eine möglichst große Bewegungsfreiheit in Moskau. Wie sich herausstellte, ließ sich ein russischer Wagen über Finnland am schnellsten an die schwedische Botschaft in Moskau liefern. Ein kleiner gelber Lada, zwar mit Diplomatenkennzeichen, aber immerhin ein russischer Wagen, würde als Transportmittel in Moskau höchstwahrscheinlich bedeutend unauffälliger und praktischer sein als eine aufsehenerregende westliche Kiste à la Volvo.
Im großen und ganzen war es ein nicht unwillkommener Auftrag und so etwas wie ein Berufswechsel, vermutlich ein etwas realistischerer Wechsel, als wenn er versucht hätte, Polizist oder geldspuckender Mäzen zu werden.
Er war recht guter Laune und bemühte sich, der Entwicklung der Dinge möglichst gute Seiten abzugewinnen.
In dieser Stimmung nahm er ein paar Sommertage frei, ließ sich einen Dienstwagen geben und fuhr zum Alten, der ihn sehen wollte.
Die Äpfel waren schon zu sehen. Der Alte schien eine Million unreife Früchte zu besitzen, um die er sich Sorgen machen mußte, und sprach zunächst vorwiegend von Schädlingen und einer Art Rost, der unter Umständen etwas mit der Umweltzerstörung in Polen zu tun hatte.
Bei den Gesprächen des ersten Abends ging es vorwiegend um Umweltprobleme. An der Weichselmündung, ja, auf polnisch hieß der Fluß wohl anders, aber der Alte war noch in der deutschen Zeit erzogen und ausgebildet worden, hatte man die Badeorte geschlossen. Die großen Hotels standen leer, sogar das schöne alte Hotel in Zoppot, in dem der Alte in der Zeit, in der der Nachrichtendienst noch von Gentlemen betrieben und von sportlichem Geist geprägt worden war, war geschlossen.
Aus der Weichselmündung strömte der Tod in die Ostsee, und an den Badestränden in der Nähe befanden sich jetzt überall Schilder mit der Warnung - »Baden verboten. Lebensgefahr!«
Das war von Kivik aus gesehen auf der anderen Seite des Wassers.
Als das Gespräch über die Umwelt schließlich im Leerlauf endete, hatte der Alte einen Einfall und holte vor Lachen prustend und mit bis in die Stirn hochgezogenen Augenbrauen einige Tageszeitungen und las Carl vor. Dieser kümmerte sich unterdessen um das Kaminfeuer.
Peter Sorman hatte, als ihm auf einer Pressekonferenz provozierende Fragen zur Geiselaffäre gestellt wurden, zum ersten Mal seit Menschengedenken etwas von seiner Selbstbeherrschung verloren. In dieser Gemütsverfassung hatte er ein wenig geheimnisvoll gesagt, ein Schwede im diplomatischen Dienst habe unter Gefahr für sein eigenes Leben ein Gebiet im Libanon betreten, in dem auf Europäer ein Kopfgeld ausgesetzt sei, und die beiden entführten Schweden herausgeholt.
Das hatte zu einer Flut von Spekulationen geführt. Die Tageszeitungen nannten drei Kandidaten in der Hauptrolle des rätselhaften Dramas »Rote Nelke«, wobei Botschafter Rolf Gauffin, der sich ohne Zweifel in Damaskus und Beirut aufgehalten hatte, mit knappem Vorsprung vor Botschafter Ingemar Stjernberg und Botschaftssekretär Belius führte.
Alle drei lieferten passende, nicht allzu geheimnisvolle und bescheidene Kommentare zu den Spekulationen, wer der Schwede in »diplomatischen Diensten« sei.
»Ich glaube, es läßt sich gar nicht sagen, wen Peter Sorman gemeint hat«, erklärte Rolf Gauffin.
Botschaftssekretär Belius betonte, er sei um die fragliche Zeit in Damaskus gewesen und habe im übrigen nichts zu dem Fall zu sagen. Botschafter Stjernberg verwies ans Außenministerium oder Peter Sorman und hatte ebenfalls nichts zu kommentieren, und der im Urlaub aufgespürte Außenminister dementierte die Gerüchte.
»Lustig, was?« gluckste der Alte. »Wenn wir gerade ein Wahljahr haben, schlagen sie aus allem Kapital. Du bist ja dort gewesen. Was ist eigentlich passiert?«
»Willst du’s wirklich
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