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Feind in Sicht

Feind in Sicht

Titel: Feind in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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in einem Sturm Schiffbruch erlitt. Einem Teil der Besatzung gelang es, sich in die Boote zu retten und schließlich Las Mercedes zu erreichen, wo sie ins Gefängnis geworfen wurden.« Sein Gesicht wurde wütend. »Diese verdammten Spanier haben anscheinend kein Mitleid mit Schiffbrüchigen.«
    Bolitho stützte die Hände auf den Schreibtisch und starrte gedankenverloren auf die oberste Seekarte. »Ich nehme an, daß keiner der Offiziere gerettet wurde?«
    »Keiner, Sir.« Inch schlug sich mit der Hand klatschend gegen den Oberschenkel. »Aber ein unerwarteter Glückstreffer ist doch dabei. Unter den Leuten befindet sich ein Steuermannsmaat.« Auf Bolithos unausgesprochene Frage nickte er vergnügt. »Aye, Sir. Ein Angehöriger der Marine.«
    »Nun machen Sie es nicht so spannend, Mr. Inch.«
    »Anscheinend ist er vor einigen Monaten mit einem anderen Mann zusammen aufgefischt worden. Sie wurden von der
Cornelia,
einem Vierundsiebzig-Kanonen-Schiff, über Bord gewaschen und konnten sich an einem gekenterten Beiboot festklammern. Jedenfalls schaffte das der Steuermannsmaat. Der andere war bereits tot, Sir.«
    Bolitho nickte gedankenvoll. »Gerettet fürs Gefängnis. Nun, er soll uns an Bord willkommen sein, Mr. Inch, und wird uns hoffentlich nützen. Ich nehme an, Sie haben dafür gesorgt, daß alle diese Leute mit der
Indomitable
Nachricht nach Hause schicken konnten?«
    »Leutnant Quince hat es mir versprochen, Sir. Außer diesem Steuermannsmaaten, der weder einen Brief noch eine Nachricht mitgegeben hat. Er scheint keine lebende Seele an Land zu kennen.«
    Bolitho lauschte auf das Schrillen der Pfeifen und das Stampfen von Füßen an Deck, als die Wache ihren Dienst antrat.
    »Wie heißt der Mann!«
    »Selby, Sir.«
    »Also gut. Schicken Sie Mr. Selby zu mir. Vielleicht hat er in Las Mercedes etwas gehört oder erfahren. Es beunruhigt mich, daß wir nicht einmal die Hälfte von dem wissen, was hier vor sich geht.« Er runzelte nachdenklich die Stirn, ohne auf Inchs überraschtes Gesicht zu achten. »All diese spanischen Soldaten in französischen Uniformen, die Kampfbereitschaft der Schiffe und diese sorgfältig postierte Batterie an Land.« Er schüttelte nachdrücklich den Kopf.
    »Nein, Mr. Inch, unsere lückenhaften Informationen stimmen mich sehr unzufrieden.«
    Nachdem Inch ihn verlassen hatte, wandte er sich wieder dem Studium der Karte zu. Wo steckte Lequiller?
    Plötzlich mußte er an Leutnant Lang denken, der sich jetzt mit den anderen Verletzten und Verwundeten an Bord der
Indomitable
auf dem Weg nach Antigua und von dort nach England befand.
    Was würde aus ihm werden? Der Arzt hatte sich knapp und ohne jede Hoffnung geäußert: Lang war erblindet. Da er weder Vermögen noch Einfluß besaß , wurde er nach Hause und damit unausweichlich in die Vergessenheit geschickt. Er würde zu dem elenden Strandgut gehören, das man in jedem Hafen fand, wo es ständig an die Nutzlosigkeit und das Ausgestoßensein der Veteranen mahnte.
    Doch dieser Steuermannsmaat kam jetzt sehr gelegen. Bolitho mußte Gascoigne zum diensttuenden Leutnant ernennen, ob er genügend Erfahrung besaß oder nicht, und ein zusätzlicher Fahrensmann war sein Gewicht in Gold wert.
    Es klopfte, und Inch trat in den Widerschein des Sonnenlichts.
    »Mr. Selby, Sir.« Er trat beiseite, um ihm den Vortritt zu lassen.
    »Die
Telamon
signalisiert, wir sollen Segel verringern und uns die Nacht über in der Nähe halten.«
    Bolitho lehnte sich gegen den Schreibtisch. Seine Finger umklammerten die Tischplatte in dem Bemühen, Haltung zu bewahren. »Danke, Mr. Inch.« Seine Stimme schien wie aus weiter Ferne zu kommen. »Gehen Sie bitte wieder an Ihren Dienst.«
    Inch öffnete den Mund und schloß ihn dann wieder. Nach einem kurzen Blick auf den Steuermannsmaaten verließ er die Kajüte und zog die Tür hinter sich zu.
    Bolitho konnte seinen eigenen Atem hören und spürte den harten Griff seiner Finger an der Schreibtischplatte.
    Die Gestalt auf der anderen Seite der Kajüte war stark gebeugt, und das im Nacken fest zusammengebundene Haar war fast völlig grau. Doch unverkennbar waren das feste Kinn und die ruhigen Augen, die ihn jetzt mit einer gewissen Resignation ansahen.
    In Bolithos rasenden Gedanken kämpften Unglauben mit Verzweiflung, doch es gelang ihm, sich mit den Umständen, dem Zufall und dem Geschick abzufinden, die sie nun doch wieder zusammengeführt hatten. Wie im Traum erinnerte er sich an das vom Gram gezeichnete Gesicht seines

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