Feindberührung - Kriminalroman
Kräfte schon um sechs Uhr früh. Man passte sich den Dienstzeiten der Bundeswehr an.
Die erste halbe Stunde ging allerdings für die Auswertung von Meyfrieds Schlagzeile des Tages drauf.
Blutiger Drogenkrieg in unserer Stadt –
Polizei sieht einfach weg!
Statt ballernden Rockern und skrupellosen Rauschgifthändlern das Handwerk zu legen, starten die Ermittler heute eine Großaktion in der Körner-Kaserne. Während in friedlichen Vierteln ein mit aller Härte geführter Verbrecherkrieg tobt, werden Soldaten der Bundeswehr aufgrund von Indizien unter Generalverdacht gestellt.
myf – Ist es Wahnsinn oder hat es Methode? Diese Frage kann man sich stellen angesichts der jüngsten Aktionen der Kripo. Zur Erinnerung: Der Ex-Soldat Lars R. wurde in der Nacht vom 12 . auf den 13 . ermordet (wir berichteten); in seiner Wohnung hat die Polizei Hinweise auf Drogen und Drogenhandel gefunden. Am 17 . nehmen Ermittler den Rockerboss Michael » Mike« P. fest, der schon lange unter Verdacht des bandenmäßigen Rauschgifthandels steht und Lars R. von früher kennt. Die Polizei bestreitet jeden Zusammenhang und gibt an, P. wegen » klarer Indizien« in einem alten Fall festgenommen zu haben.
Wie unsere Zeitung erfahren hat, waren zwischenzeitlich Spezialfahnder vom Landeskriminalamt in der Stadt, die einen weiteren festgenommenen Rocker mit Beamten der hiesigen Abteilung gegen organisierte Kriminalität tagelang verhörten.
Es soll dabei um einen Drogen- und Waffenhändler türkischer Herkunft gehen, der Geschäfte mit den Rockern gemacht habe. Hat der Ex-Soldat und frühere Rocker Lars R. diese Geschäfte gestört? Musste er deswegen sterben?
Überraschendes Ergebnis der Ermittlungen: Mike P. wurde am vergangenen Freitag freigelassen. Sein Anwalt erzählte unserem Reporter, die Polizei hätte alle Vorwürfe fallen lassen müssen, sein Mandant hätte ein Alibi. Auf die Nachfrage, welche Vorwürfe denn genau bestanden haben, schweigt der Anwalt lächelnd.
Interessant: Der von den Spezialisten verhörte Rocker beging am Samstag in der Haft Selbstmord! Die LKA-Leute haben die Stadt verlassen, keine weiteren Ermittlungen gegen die Rocker oder den Drogengroßhändler.
Nur drei Tage nach seiner Freilassung, am Montagabend, wird P. nach einem Überfall auf seinen Nachtklub entführt; bisher fehlt jede Spur von ihm. Aufgrund von Schuhabdrücken auf der Treppe eines Bordells (wie viel » Verkehr« mag es hier geben?) verdächtigt die Polizei plötzlich Soldaten der Entführung.
Und dann das: Gestern Nachmittag versuchen fünf Mitglieder von P.s Rockergang, in das Haus von Odhan C. ( 48 ) im Neuwiesenviertel einzudringen, werfen eine Handgranate, liefern sich eine minutenlange Schießerei mit Odhan C.s Leibwächtern. Schrotflinten und großkalibrige Pistolen, die Nachbarn in Angst und Schrecken. Fazit: ein Rocker und ein Bodyguard tot, sechs Männer verletzt, fünf davon schwer.
Für jeden vernünftigen Beobachter lässt das alles nur den Schluss zu, dass ein Bandenkrieg in unserer Stadt tobt, aber was macht die Polizei? Sie bereitet Massenvernehmungen bei den Fallschirmjägern vor, setzt unsere Soldaten unter Generalverdacht.
Dazu Karl-Heinz Schubert ( 56 ), Bundestagsabgeordneter unseres Kreises und Mitglied im Verteidigungsausschuss: » Meiner Meinung nach gibt es bei der hiesigen Polizei Vorurteile gegen die Soldaten. Da haben ein paar übereifrige Ermittler schnelle Schlüsse gezogen, weil sie anderweitig nicht zum Erfolg kommen können. Natürlich sind die Strukturen von organisiertem Verbrechen schwer zu durchdringen. Wenn schon herbeigeholte Profis vom LKA da nicht weiterkommen, dann ist es verständlich, dass Frust aufkommt. Aber es kann nicht sein, dass das dann auf dem Rücken unserer Soldaten ausgetragen wird.«
Ist unsere Stadtpolizei überfordert? Sind wir den Launen der Gangster ausgeliefert? Fragen, auf die wir Bürger dringend eine Antwort wollen.
Sie hatten sich über die Jahre abgewöhnt, sich über die stets halbgaren Anschuldigungen und düsteren Andeutungen des Blattes aufzuregen.
Es war Stil und systematische Absicht dieser Art von Presse, Unsicherheit zu schüren, mit den Ängsten der Leser zu spielen. Aber diesmal ging es schon verdammt weit, darüber waren sie sich einig.
Grewe beschloss, seine Zeitung demonstrativ angeekelt in den Müll zu werfen und dann mit der Einsatzbesprechung zu beginnen. Mit lautem Lachen folgten alle, die ein Exemplar hatten, seinem Beispiel und feuerten das bluttriefende
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