Feinde der Krone
Ausdruck ihres Gesichts, dass sie davon wusste.
»Wo ist der Hebel?«, sagte er finster. »Sie sind jetzt in einer sehr schwierigen Lage, Miss Forrest. Verderben Sie sich die Zukunft nicht dadurch, dass Sie die Polizei belügen.« Er hätte ihr lieber nicht gedroht, aber ihm blieb nicht nur keine Zeit, die Bodendielen herauszunehmen, um den Mechanismus zu finden, er musste auch unbedingt wissen, inwieweit sie an den Machenschaften beteiligt war. Das konnte später von entscheidender Bedeutung sein.
Sie erhob sich mit bleichem Gesicht und trat auf die andere Seite des Stuhls. Dann beugte sie sich vor und legte den Finger in die Mitte einer der geschnitzten Blumen an der Tischkante.
»Drücken Sie drauf«, gebot er.
Sie tat es, aber nichts geschah.
»Noch einmal!«, forderte er sie auf.
Sie rührte sich nicht.
Langsam stieg der Stuhl Zentimeter für Zentimeter empor. Als Pitt nach unten sah, merkte er, dass sich die Dielen darunter ebenfalls erhoben, und zwar genau jene, die die vier Beine des Stuhles trugen. Alle anderen blieben an Ort und Stelle. Man hörte nicht das leiseste Geräusch, offensichtlich war der Mechanismus glänzend geölt. Als sich der Stuhl knapp zwanzig Zentimeter über dem Boden befand, kam er zum Stillstand.
Pitt sah Lena Forrest an. »Sie wussten also, dass zumindest das Täuschung war.«
»Ich habe es erst vor kurzem gemerkt«, sagte sie mit einem Beben in der Stimme.
»Wann?«
»Nachdem sie tot war. Ich habe angefangen zu suchen. Ich habe es Ihnen nicht gesagt, weil ich dachte …« Sie senkte den Blick und sah Pitt dann rasch wieder an. »Nun, sie ist fort, und vermutlich kann sie nichts mehr kränken. Sie erfährt ja nichts.«
»Ich bin der Ansicht, Sie sollten es uns besser sagen, falls Sie noch mehr herausbekommen haben, Miss Forrest.«
»Sonst nichts, nur das mit dem Stuhl. Ich … habe von jemandem, der vorbeigekommen ist … gehört, was sie alles vollbracht hat … er hat Blumen gebracht und sein Beileid ausgesprochen. Deshalb habe ich nachgesehen. Ich war nie bei einer Sitzung. Wirklich nie!«
Mehr konnte ihr Pitt nicht entlocken. Bei einer gründlichen Untersuchung von Stuhl und Tisch sowie einer Erkundung des Kellers stießen sie auf einen einwandfrei funktionierenden ausgeklügelten Mechanismus sowie auf mehrere Glühbirnen. Das Haus verfügte über eine elektrische Anlage, die ein im Keller befindlicher Generator mit Strom speiste.
»Was wollte sie nur mit so vielen Glühbirnen?«, grübelte Pitt. »Die meisten Räume haben Gasbeleuchtung, geheizt wird mit Kohle – nur im Salon und Esszimmer ist elektrisches Licht.«
»Keine Ahnung«, gestand Tellman. »Insgesamt sind nur drei elektrische Lampen im Haus. Vielleicht wollte sie noch mehr beschaffen? Wahrscheinlich hat sie den Strom in erster Linie für ihre Kunstgriffe gebraucht.«
»Und da hat sie als Erstes die Birnen angeschafft?« Pitt hob zweifelnd die Brauen.
Tellman zuckte seine eckigen Schultern. »Wir müssen feststellen, was sie über ihre drei Besucher gewusst hat und was der Anlass dafür war, dass einer von den dreien sie umgebracht hat. Jeder von ihnen hatte Geheimnisse, und ich gehe jede Wette ein, dass sie diese Leute erpresst hat.«
»Nun, Kingsley wollte Näheres über den Tod seines Sohnes wissen«, sagte Pitt. »Mistress Serracold wollte Verbindung mit ihrer Mutter aufnehmen, also dürfte es bei ihr um eine Familiensache gehen, die in der Vergangenheit liegt. Bleibt die Frage, wer der Mann ist, der sich hinter der Kartusche verbirgt, und was er hier wollte.«
»Und was ihn veranlasst hat, nicht einmal seinen Namen zu nennen!«, ergänzte Tellman aufgebracht. »Mit Sicherheit steckt dahinter jemand mit einem so entsetzlichen Geheimnis, dass er auf keinen Fall Gefahr laufen möchte, erkannt zu werden.« Er knurrte. »Und wenn sie nun herausbekommen hat, wer er ist? Könnte das der Grund dafür sein, dass er sie umbringen musste?«
Pitt dachte kurz darüber nach. »Aber Mistress Serracold und General Kingsley haben übereinstimmend berichtet, dass er mit keiner bestimmten Person in Verbindung treten wollte …«
»Noch nicht! Vielleicht wäre er damit herausgerückt, sobald er wirklich überzeugt war, dass sie dazu imstande war!«, sagte Tellman mit zunehmender Gewissheit. »Es ist doch möglich, dass er sie erst einmal auf die Probe stellen wollte. Nach dem, was die beiden Zeugen sagen, sieht es doch ganz so aus, als ob er genau das getan hätte.«
Pitt gab zu, dass Tellman damit Recht
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